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Revolutionärer
Zorn Nr. 6 - Januar 1981
Wir
stimmen mit der Bewegung 2. Juni darin überein, daß wir
eine "Populäre Guerilla" wollen! Eine Guerilla, deren
Aktionen verstanden werden, die die Sympathie des Volkes genießt
und die perspektivisch breit unterstützt wird, ohne deshalb
opportunistisch zu werden. Prinzip unserer Aktionen ist es deshalb,
daß sie ausgehen von gesellschaftlichen Auseinandersetzungen,
an denen wir beteiligt sind, daß sie an den dort geführten
politischen Auseinandersetzungen anknüpfen, daß sie unter
der Fragestellung "bringen sie die Bewegung weiter" bzw.
"verschärfen sie die Widersprüche" eindeutig
bestimmbar sein müssen.
Orientieren wir unsere Aktionen nicht an dieser Maxime, führen
sie in die Isolation und tragen zum Entsolidarisierungsprozeß
bei. Auch deshalb ist es für uns wichtig, entsprechend unseren
persönlichen Möglichkeiten in legalen Gruppen mitzuarbeiten.
Gerade dadurch erhalten wir die Rückkoppelung unserer Aktionen,
können wir Fehler in unserer Einschätzung korrigieren
und unsere Politik nach außen vertreten.
Darüberhinaus gibt es Aktionen, die primär aus unseren
eigenen Zusammenhängen bestimmt sind, z.B. Geldbeschaffung
oder auf einer anderen Ebene die Bestrafung von besonders schweinischen
Richtern und Zwangsverteidigern, um Gefangene zu schützen.
Angriffe gegen zentrale staatliche Institutionen halten wir zur
Zeit für politisch unmöglich: wir können die Machtfrage
nicht stellen! Wir führen keinen Krieg! Wir stehen vielmehr
immer noch am Anfang eines langwierigen, mühseligen Kampfes
um die Köpfe der Menschen - nicht in irgendeiner militärischen
Etappe um einen militärischen Sieg! Wir bezeichnen dies als
Defensivstrategie - wenngleich der Kampf für uns durchaus offensiv
sein kann. Angesichts der immer schneller voranschreitenden Zerstörung
unserer Lebensgrundlagen geht es erst einmal darum, den Wahnsinn
zu behindern, vielleicht zu stoppen (z.B. beim Atomprogramm). Es
gilt, Aktionsmöglichkeiten zu finden, die Teil der Lösung
des Problems sind (konkret z.B. den Bau eines AKWs zu behindern),
aber auch ein Schritt weiter um die Köpfe der Menschen. Auf
dem Weg dorthin wird jedoch nur eine kämpfende Linke Anziehungspunkt
für die deklassierten Teile des Volkes sein können, nicht
eine sozialarbeiterische, die objektiv nur neue Formen der Staatsloyalität
erschließt. Wir müssen in unseren Aktionen an der Unzufriedenheit,
der Wut, der vermeintlichen Ohnmacht der Menschen ansetzen. Viele
von ihnen haben schon längst im Herzen mit diesem Staat gebrochen,
trauen sich nur keine eigenen Schritte zu. Dies kann z.B. heissen,
die kleinen Feinde des Volkes (Werkschützer, Meister, Ärzte,
Wohnungsmakler, Hausbesitzer, Bullen, Ämterbürokraten
usw.) nicht nur propagandistisch, sondern ganz persönlich anzugreifen
und ihnen ihr Handwerk zu legen.
"Protest ist, wenn ich sage: das und das paßt mir nicht.
Widerstand ist, wenn ich dafür sorge, daß das, was mir
nicht paßt, nicht länger geschieht." (Ulrike 1968
[1])
Das heißt, nicht nur darüber zu informieren und zu lamentierten,
wieviele Betriebe am Atomgeschäft beteiligt sind, sondern auch
dafür zu sorgen, daß hin und wieder einer davon in Schutt
und Asche fällt. Dies muß auch heißen, daß
mal eine Baumaschine, ein Abrißkran, ein Konstruktionsbüro
oder ein Materiallager in Flammen aufgeht.
"Das Land gehört den Landbesitzern. Warum? Wegen der
Magie. Die Leute beten die Urkunden in den Regierungsbüros
an und sie würden niemals wagen, ein Stück Land zu beanspruchen,
solange die Urkunden sagen, daß es jemandem gehört. Das
ist ein Headtrip, Mann! eine Art Magie und du mußt die gegensätzliche
Magie anwenden, um den Bann zu lösen. Du mußt Schockbehandlung
anwenden, um die Kommandokette aufzubrechen und zu desorganisieren,
jene vom Verstand geschmiedeten Handschellen. Die Menschen müssen
außer sich geraten, bevor sie zu ihren Sinnen kommen können.
Sie können die Erde nicht mehr fühlen, nicht berühren,
nicht riechen, Mann, solange die Fesseln in ihrem eigenen Gehirn
sie davon abhalten zu erkennen, daß die Erde niemandem gehört.
Wenn dir der Begriff Magie nicht paßt, nenn es Gegenkonditionierung.
Den Trip, den die Gesellschaft uns angedreht hat, heißt es
durch unseren eigenen Trip abzulösen." (Illuminatus [2]).
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