Meldungen nach dem 14. Oktober
2002
14.10.2002: 100. Prozesstag
Schiebetermin mit Schwierigkeiten
Länger als zehn Tage darf die Kammer den Prozess nicht unterbrechen,
sonst muss wieder von vorne angefangen werden. Da dies niemand will,
musste sich das Gericht heute um 8.30 Uhr zu einem Kurztermin zusammenfinden.
Doch so richtig wollte die ganze Sache nicht in die Gänge kommen.
Zunächst war die Vorsitzende Richterin Henning kaum zu verstehen,
da ihr Mikro hartnäckig rauschte. Dann folgte eine fast einstündige
Unterbrechung, da der Öffentlichkeit zunächst der Weg gebahnt werden
musste. Für eine Frau im Rollstuhl hatte sich der übliche Weg zum
Saal 500 als unbefahrbar erwiesen. Mehrere Versuche, über andere
Wege einen Fahrstuhl zu erreichen, schlugen zunächst fehl und als
der Fahrstuhl schließlich doch noch erreicht werden konnte, stellte
sich heraus, dass er kaputt war. Schließlich musste die Frau über
etliche Stufen getragen werden. Als die Verhandlung dann um 9.15
Uhr begann, erklärte die Vorsitzende Richterin der "Dame im Rollstuhl",
dass sie doch bitte beim nächsten Mal "einen Tag vorher" Bescheid
geben solle, dann könne man das besser organisieren.
9.15 Uhr ging es dann also los. Richter Hanschke, dem an seinem
leicht gebräunten Teints der unterbrochene Urlaub in der Türkei
anzusehen war, verlas das dreiseitige Gutachten eines BKA-Beamten,
in dem einige Fragen der Rechtsanwältin Studzinski zur Dokumentation
von Abhörbändern beantwortet wurden. Nachdem dies erledigt war,
meldete sich noch der, heute allein anwesende, Bundesanwalt Walenta
mit zwei Stellungnahmen zu Wort, die sich auf Anträge von Rechtsanwalt
Euler vom 26.9.2002 bezogen. Nach Ansicht der BAW soll weder ein
Bunker in Frankreich besichtigt werden, in dem der Angeklagte Sch.
mit der Zeugin Barbara W. Schießübungen gemacht haben will, noch
ein amerikanischer Staatsbürger eingeflogen werden, der bezeugen
soll, dass Frau W. schon einmal geschossen habe. Aber auch die Öffentlichkeit
des Seegrabens soll - nach Ansicht der BAW - nicht in Augenschein
genommen werden. Einen ähnlichen Antrag habe das Gericht schließlich
schon einmal zurückgewiesen.
Mit einer Nettoverhandlungszeit von 13 Minuten endete der Verhandlungstag,
der übrigens der einhundertdreiundzwanstigtse gewesen wäre, wenn
alle Ausfalltermine mitzählen würden.
Nächster Verhandlungstag ist Donnerstag, der 24. Oktober, wie gewohnt
wieder um 9.15 Uhr.
ausführlicher Bericht entfällt
02.10.2002: 99. Miniverhandlungstag
Am Seegraben nichts Neues
Beschleunigt durch die Herbstferienwünsche der Richter gab es heute
nur einen prozessualen Schnelldurchgang. Als Zeuge war erneut einer
der "Grabenläufer" vom Seegraben benannt. Der ausgebildete Wassertechniker
Fuchs war vom Februar 1995 bis zum Oktober/November 1995 unter anderem
für die Kontrolle der Gräben im Berliner Norden zuständig, zu denen
auch der Seegraben gehört. Es sei eine seiner Aufgaben gewesen zu
kontrollieren, "ob irgendwelche Verunreinigungen im Wasserlauf sind".
Er habe dann die Firma informiert, die die regelmässigen "Rechentouren"
durchgeführt habe, und die habe dann die Reinigung ausgeführt.
Auf Fragen der Vorsitzenden sagte er ohne wenn und aber, er habe
in dieser Zeit kein in einen blauen Müllsack eingewickeltes Paket
dort gesehen. Und auch die Hoffnung des Beisitzers Alban, der Zeuge
könnte seine Kontrollen nur vom PKW aus durchgeführt, bestätigte
sich nicht. Er habe seinen PKW auf dem Parkplatz an der Schönerlinder
Chaussee geparkt und sei dann den Seegraben entlanggelaufen.
Auch über mögliche Überschwemmungen oder größere Chemieunfälle
sei ihm nichts bekannt geworden. Und wie Richter Lechner zurecht
nachfragte, sei im Rieselfeld auch zu DDR Zeiten keine chemische
Industrie angesiedelt gewesen.
Weiter geht es am 14.10. um 8.30. Erwartete Verhandlungsdauer dann
10 Minuten.
ausführlicher Bericht entfällt
26.09.2002: 98. Prozesstag
Kurze Einlassung und langer Antrag zum Seegraben
Der heutige Prozesstag begann mit einer kleinen Überraschung: Rechtsanwalt
Euler verlas eine kurze Erklärung seines Mandanten Rudolf Sch.,
in der dieser Angaben der Entlastungszeugin Barbara W. präzisierte.
Konkret betraf es den Ortes in Frankreich, an dem Frau W. und Herr
Sch. Mitte im Vorfeld des Knieschuss-Attentates auf Harald Hollenberg
Schießübungen durchgeführt haben wollen. In einer eigenen Erklärung
bestätigte Rechtsanwalt Euler die Angaben seines Mandanten und enthüllte,
dass er sich zu diesem Zweck in die Bretagne begeben habe. In einem
Antrag forderte er das Gericht auf das selbe zu tun und den Ort
der Schießübungen selbst in Augenschein zu nehmen.
In einem weiteren Antrag verlangte Euler vom Gericht, auch den
Seegraben zu besuchen. Um die Notwendigkeit eines Besuches zu verdeutlichen,
fügte er dem umfangreichen Antrag, der sich inhaltlich mit den widersprüchlichen
Aussagen des Kronzeugen zur angeblichen Entsorgung des Sprengstoffs
in dem Seegraben beschäftigte, eine 44 Bildern umfassende Lichtbildmappe
bei, die den Seegraben und dessen Umgebung zeigt.
Als einziger Zeuge war heute der LKA-Beamte Dirk Wegner geladen,
der Auskunft über die Vernichtung von bei dem Zeugen Daniel S. im
April 1995 gefundenen Sprengstoffs geben sollte. Nach wie vor stehen
hier mehrere Termine zur Auswahl. Auch der heutige Zeuge konnte
das offensichtliche Durcheinander beim Berliner LKA nicht klären.
Der Prozess wird am Mittwoch, 2. Oktober, um 14.00 Uhr mit einem
Kurztermin fortgesetzt.
ausführlicher
Bericht
19.09.2002: 97. Prozesstag
Diskrepanzen
Dass an der von Gericht und Bundesanwaltschaft (BAW) angeprangerten
"Verschwörungstheorie" der Verteidigung offensichtlich doch etwas
dran ist, dafür war das heutige Aussageverhalten des BKA-Manns Barbian
ein weiterer Beleg. Seit Anfang 1998 in die Ermittlungen in Sachen
Berliner RZ eingebunden, war Barbian bemüht, seinen eigene Ermittlungstätigkeit
klein zu halten und die Verantwortung für die selbst von ihm eingestandenen
zahlreichen "Irritationen" und "Diskrepanzen" seinen Kollegen Schulzke
und Trede zuzuschieben. So konnte sich zwar Barbian - oft detailliert
dank seiner Notizen - an Zeitabläufe erinnern, zu den Ermittlungsinhalten
aber wollte oder konnte er mit der Begründung, die Ermittlungsführung
oblag seinen beiden Kollegen, nichts sagen. Am Ende blieb der Eindruck
haften, dass an dem Sprengstofffund im August 1999 in einem Seegraben
im Norden Berlins - entgegen der Fließrichtung von der Einwurfstelle
und erst nach mehrfachen erfolglosen Suchen - etwas faul ist, wie
überhaupt an der Ermittlungsführung des Bundeskriminalamtes.
Licht in dieses Dickicht zu werfen, sieht sich das Gericht allem
Anschein nach nicht gemüßigt. So verwarf es einen Beweisantrag der
Verteidigung von Matthias B. als unbegründet, durch die Befragung
eines Systemadministrators die Umstände der angeblich erfolglosen
Treffersuche nach Sprengstoff der Marke Gelamon 40 1995 zu klären.
Die Erforschung sei nicht erforderlich, so der Senat. In die gleiche
Richtung hatte zuvor die BAW-Vertreter argumentiert: Für die Schuld-
und Rechtsfolgefrage sei das alles unerheblich. Und es darf vermutet
werden, dass sich das Gericht demnächst auch deren Urteil in anderer
Sache zu eigen machen wird. Denn ebenfalls heute beschieden die
Sitzungsvertreter des Generalbundesanwalts einem weiteren Antrag
derselben Verteidigung, dass es die "Aufklärungspflicht" nicht gebiete,
der Frage nachzugehen, welche Erkenntnisse das BKA 1995 über Daniel
S. in seinen Datenbeständen gespeichert hat.
ausführlicher
Bericht
13.09.2002: 96. Prozesstag
Unerheblich
Unerheblich, so kann man den heutigen Miniverhandlungstag zusammenfassen.
Nachdem das eigentliche Beweisthema von RA Euler zurückgezogen worden
war, wurden lediglich Stellungnahmen der Bundesanwälte, zwei Beschlüsse
des Gerichts und ein Beweisantrag von RA Kaleck verlesen. Im Letztgenannten
geht es darum, durch den EDV Verantwortlichen beim BKA Wiesbaden
feststellen zu lassen, dass die dortige Datenbank - im Gegensatz
zu den BKA Ermittlern - ein umfassendes, nicht selektives Erinnerungsvermögen
hat und auch 1995 schon hatte. Direkt gesagt: Dass man die Daten
von Sprengstofffunden dort auch findet, wenn man sie einfasst hat
und danach sucht. Die Bundesanwälte haben gewohnt langatmig erklärt,
warum ihrer Meinung nach die Aufklärung von Sachverhalten in Zusammenhang
mit Dienstreiseanträgen des BKA beim Seegrabentourismus, die Beobachtungen
des Zeugenschützers Torsten bei Mouslis Mehringhof Videoabsuche
und die verschiedenen Varianten des Auffindens und der Vernichtung
des angeblich bei Slawinski im Keller gefundenen Sprengstoffs nur
unerheblich oder "Scheinbeweisanträge" seien. Wobei sie wie üblich
verschwiegen, dass die von ihnen angeprangerten "Verschwörungstheorien"
nur deshalb so reichhaltig Nahrung finden, weil die Verfahrensakten
kaum ohne Grund dermaßen schlampig manipuliert worden sind. Das
Gericht gab zwei Beschlüsse bekannt: Zum einen erklärten sie die
Frage nach der Differenz zwischen abgerechneten und bei den Verteidigern
angekommenen Tonbandkassetten für aufgeklärt (ohne allerdings anzugeben,
worin diese Aufklärung bestanden haben könnte) und außerdem für
"zur Sachaufklärung nicht nötig". Das Gleiche gilt ihrer Meinung
nach für die Frage der Verteidigung Borgmann, wie ein am 25. Januar
2000 besorgtes Lichtbild in eine am 19. Januar 2000 gefertigte Lichtbildmappe
gekommen sein könnte. Unerheblich. In Moabit ist nur eines erheblich:
Wo ein Verurteilungswille ist, findet sich auch ein Weg.
heute kein Bericht: siehe Überschrift
06.09.2002: 95. Prozesstag
Irgendwas ist da nicht rund
Das musste heute der einzige Zeuge bei seiner Vernehmung
selber feststellen. Der BKA - Beamte Trede gab unverändert zögerlich,
offenkundig unwillig und bruchstückhaft Auskunft über seine polizeilichen
Taten im Vorfeld zu diesem Prozess.
Bei vielen Details über den Verlauf seiner Ermittlungsarbeit
gab er Erinnerungslücken an oder lediglich auf Anweisung seiner
jeweiligen Dienstvorgesetzten gehandelt zu haben. Bei der Behauptung
des Kronzeugen Mouslis, Geld für die RZ dem Angeklagten Harald G.
übergeben zu haben, will er die dafür 'passenden' Geldflüsse nicht
zu Ende rekonstruiert haben. Der Anlass für die Fertigung eines
gekürzten RZ-Sachstandsberichtes wäre ihm nicht bekannt gewesen,
ebensowenig wie die Gründe für seine eigenen damaligen Vermerke
dazu. Zu einem mehrtägigen Ermittlungseinsatz in Berlin zur Haftprüfung
des Kronzeugen im Juli 1999 könne er nur mit Hilfe des Gedächtnisses
eines Kollegen Angaben machen.
Die Verteidigung stellte abschließend mehrere Beweisanträge
rund um das Thema Sprengstoff: zur jahrelang verzögerten Sofortmeldung
bei den Polizeibehörden, der Vernichtung des angeblich aufgefundenen
Materials auf dem Sprengplatz Berlin-Grunewald, einem vermutlich
dritter Ausflug zum angeblichen Fundort 'Seegraben' zusammen mit
dem Kronzeugen und zum behaupteten Waffenlager im Projektezentrum
Mehringhof.
Nächster Verhandlungstag: Freitag, der 13.09.02, um
10:30 Uhr (!!)
ausführlicher
Bericht
05.09.2002: 94. Prozesstag
Kein blauer Müllsack im Seegraben gesichtet und kein
Treffer beim BKA
Zum Thema Seegraben wurden heute zwei im Fachjargon als Grabenläufer
bezeichnete Zeugen befragt, deren Aufgabe es war, zwischen 1995
und 1997, bzw. im Jahre 1999, den Seegraben regelmäßig abzulaufen
und auf Verunreinigungen zu kontrollieren. Obwohl der Seegraben
- wie vorliegende Aufzeichnungen aus den "Begehungsbüchern" der
fraglichen Jahre belegen - immer wieder von so manchem Unrat befreit
werden musste, konnten sich die Zeugen nicht daran erinnern, dass
jemals blaue Plastiksäcke oder ähnliches eine Rolle gespielt hätten.
Wäre dergleichen gefunden worden, hätte man diese entsorgt, so die
Zeugen heute.
Der dritte Zeuge, ein BKA Beamter, dem 1995 die Aufgabe zugefallen
war, die aus Berlin eingegangene "Sprengstoffsofortmeldung" zu bearbeiten,
konnte sich heute nicht erklären, warum er damals aufgrund der vorliegenden
Angaben keinen "Treffer" gelandet habe. Erst 1997 sei es gelungen
- so die offizielle Darstellung - den Sprengstoff- Fund mit Anschlägen
der Revolutionären Zellen in Verbindung zu bringen.
Schon vor der Mittagspause hatte die Vorsitzende Richterin verkündet,
dass das Gericht den Antrag der Verteidigung ablehnt, ein mikrobiologisches
Gutachten darüber, ob das Verpackungsband tatsächlich nahezu fünf
Jahre im Wasser gelegen haben kann, in Auftrag zu geben. Am Ende
des heutigen Prozesstages ebenfalls abgelehnt, wurde der Antrag
der Verteidigung den Seegraben direkt in Augenschein zu nehmen.
Auch über den Antrag die Haftbefehle für Sabine E. und Rudolf Sch.
aufzuheben, wurde negativ entschieden, da weiterhin Fluchtgefahr
bestünde.
Zudem wurde heute bekannt, dass am 12.9. gar nicht und am 13.9.
erst ab 10.30 Uhr verhandelt werden soll. Gründe für diese Änderungen
konnten auch nicht aus gewöhnlich gut informierten Kreisen in Erfahrung
gebracht werden.
ausführlicher
Bericht
30.08.2002: 93. Prozesstag
RZ - Ermittler verweigert Aussage
Der erneut als Zeuge geladene BKA-Beamte Trede konnte sich auch
heute angeblich nicht mehr an wesentliche Vorgänge seiner eigenen
Ermittlungsarbeit erinnern. Wer sein Gedächtnis über den zuvor verschwiegenen
zweiten gemeinsamen Besuch mit dem Kronzeugen am angeblichen Sprengstoff-Pfuhl
'Seegraben' erstmals aufgefrischt hat, wollte ihm nicht mehr einfallen.
Auch der Anlass für seine plötzlichen kollegialen Nachfragen nach
möglichen weiteren Ausflügen an das Gestade war ihm angeblich nicht
mehr erinnerlich. Zum Schluss wollte er heute nicht mal mehr den
Inhalt eines Telefonats zwei Tage zuvor ohne seine Aufzeichnungen
wiedergeben können.
Die Verteidigung ließ sich trotzdem nicht davon abbringen, den
Zeugen detailliert über seine Vorbereitungsarbeiten zum späteren
Sprengstoff zu vernehmen. Bei allen zentralen Punkten machte der
Beamte allerdings Erinnerungslücken geltend. Konnten ihm gestern
im Gerichtssaal Falschaussagen nachgewiesen werden, so reagierte
der Beamte heute bei seiner Vernehmung teilweise mit akutem Gedächtnisverlust.
Dieser konnte von den Prozessbeobachterinnen nur als gezielte Aussageverweigerung
gewertet werden. Das Kammergericht tolerierte nicht nur dieses Aussageverhalten,
sondern übernahm heute mehrmals vorsichtshalber selbst die Beantwortung
der an den Zeugen gestellten Fragen.
The show must'n go on, aber die Wahrheitsfindung kennt keine Gnade:
Do., den 05. 09. 02, geht es um 9:15 Uhr weiter.
ausführlicher
Bericht
29.08.2002: 92. Prozesstag
In Treue fest zur Anklage
Hätte es noch eines Beweises bedurft, die heutige Hauptverhandlung hat es
unübersehbar deutlich gemacht:
Der 1. Strafsenat des Kammergerichts Berlin unter der Vorsitzenden Richterin
Gisela Hennig ist nicht gewillt, sich gegen die Verfahrensmanipulationen von
Bundeskriminalamt (BKA) und Bundesanwaltschaft (BAW) zu stellen. Ganz im
Gegenteil, er ist bereit unter allen Umständen weiterhin die Augen zu verschließen.
So weigerte sich der Senat heute die offensichtliche Falschaussage
eines BKA-Zeugen zu sanktionieren. KOK Trede, zusammen mit seinem Kollegen
Schultzke Hauptermittler beim BKA in Sachen Berliner RZ, konnte heute
überführt werden, dass er alles dafür tut, die Verteidigung ins Leere
laufen zu lassen und sie mit Halbwahrheiten, Auslassungen und Lügen
abzuspeisen - und das mit Unterstützung und dem Segen des
Gerichts. Der Zeuge hatte behauptet, von niemanden über das heutige
Beweisthema unterrichtet worden zu sein. Wie sich nach Stunden
herausstellte, war dies eine dreiste Lüge, war es doch die
Vorsitzende Richterin selbst, die diesem stundenlangen Ringen bis dahin
kommentarlos beigewohnt hatte, die Trede bei einem
Telefonat darüber informierte.
Zuvor hatte ein TÜV-Sachverständiger über seine regelmäßigen Überprüfungen
des Aufzugsschachts im Mehringhof berichtet, in dem angeblich das nie
gefundene RZ-Sprengstoffdepot untergebracht gewesen sein soll.
Nicht überraschend also, dass auch dem Zeugen ein solches Depot nie
untergekommen war. Durch einen Mitarbeiter des Berliner LKA wurde
danach bekannt, dass den Verfahrensbeteiligten schon wieder wichtige
polizeiliche Unterlagen, die interessante Details zutage brachten,
vorenthalten wurden. Zur Sprengstoffsofortmeldung der Berliner Polizei
an das BKA im Jahr 1995 und dessen Bearbeitung wurde im
Anschluss die entsprechende Sachbearbeiterin befragt, die allerdings
nicht viel zur Aufklärung beitragen konnte.
Die Hauptverhandlung wird morgen, Freitag, 30. August, mit dem Versteckspiel
von KOK Trede um 9.15 Uhr fortgesetzt.
ausführlicher
Bericht
22.08.2002: 91. Prozesstag
Über Stauköpfe, Diatomeen und ein unpassendes Outfit
Die bestehenden Zweifel an der angeblichen Sprengstoffentsorgung
im Seegraben durch den Kronzeugen Mousli nahmen heute weiter zu.
Auffällig auch die gemeinsamen Bemühungen der Staatsanwaltschaft
und des Gerichtes die Feststellung der exakten Lagerdauer des brisanten
Paketes dort zu vermeiden
Ein Beamter der Senatsverwaltung bezeugte heute, dass sich die
örtlichen Gegebenheiten am und im Seegraben seit 1994 nicht verändert
hätten. Die Verlagerung eines eingeworfenen Paketes gegen die Fließrichtung
des Gewässers und über ein dazwischenliegendes Wehr auf natürlichem
Wege hielt er für unmöglich. Eine Hydrobiologin erklärte anschließend
ausführlich die Methoden der Zeitbestimmung in freien Gewässern
lagernder Gegenstände. Der Bewuchs besonders mit unterschiedlichen
Arten von Kieselalgen wäre dafür ein sehr verlässlicher Indikator.
So könne durchaus heute noch anhand der Asservate nachgewiesen werden,
ob diese zwei Monate oder wesentlich länger dem Wasser ausgesetzt
gewesen seien.
Sicher nicht nur weil heute der Angeklagte Harald G. nach Ansicht
der Vorsitzenden Richterin die kammergerichtliche Würde - durch
das Tragen eines sommerlichen Sporthemdes - nicht ausreichend gewahrt
hat, fällt die Verhandlung morgen, Fr., den 23.08., aus.
Am Do., den 29.08., wird ab 9:15 Uhr wiederholt der BKA-Beamten
Trede vernommen.
ausführlicher
Bericht
15.08.2002: 90. Prozesstag
Mikroorganismen mögen Mouslis Lügen lösen
Am heutigen Prozesstag standen die Ausführungen des Mikrobiologen
Dr. Jendrossek im Mittelpunkt. Der Stuttgarter wurde ab 11.00 Uhr
"informatorisch" gehört. Er sollte klären, welchen Beitrag mikrobiologische
Untersuchungen zur Wahrheitsfindung leisten können. Der Prozess
lief bis 16.15 Uhr.
Zuvor hatten drei BKA-Beamte - wie in den vergangenen Prozesstagen
zahlreiche KollegInnen - zum wiederholten Male bestätigt, dass am
19. Dezember 1999 der MehringHof zwar gründlich durchsucht wurde,
man jedoch weder Waffen noch Sprengstoff fand, obwohl man Schäden
von über 60.000 Euro angerichtet hatte.
Gegenstand der Anhörung des Experten war ein Sprengstoffpaket,
das
der Kronzeuge Tarek Mousli angeblich 1995 in einem Seegraben im
Norden Berlins versenkt haben will. Das Paket wurde mit Klebestreifen
zusammengehalten. Die Verteidigung bezweifelt, dass das Sprengstoffpaket
dort tatsächlich Jahre gelegen habe. Sollten sich diese Zweifel
bestätigen, wäre Mousli damit einer weiteren Lüge überführt.
Jendrossek wurde zu der Frage gehört, ob vergleichende Laborversuche
Aufschluss darüber geben könnten, wie lange sich das Paket im Wasser
befunden habe. Das bestätigte er. Baugleiche Streifen und vergleichende
Untersuchungen mit dem damals sichergestellten Klebeband können
klären helfen, wie lange das Paket tatsächlich in dem Seegraben
gelegen habe. Schon andere, allerdings vorläufige Gutachten hatten
in diesem Verfahren von "maximal einigen Monaten" Lagerzeit gesprochen.
Der Mikrobiologe klärt dies nun beweisfest in einem Laborversuch.
Bisher muss diese Analyse allerdings von der Verteidigung und nicht
vom zuständigen Gericht gezahlt werden, denn das Kammergericht unter
Richterin Gisela Hennig hat bisher über diesen Antrag nicht befunden.
Zu den Methoden befragt, äußerte der Experte, Original- und ein
gleichartiges Klebeband ließen sich vergleichen. So könne erstens
das Original untersucht werden, zum anderen könne man ein gleichartiges
Klebeband dem Wasser des Seegrabens aussetzen. Das lasse sich auch
unter gleichen Bedingungen im Labor umsetzen. Die Zersetzungen (u.a.
durch Mikroorganismen) an diesem Band könnten sodann mit dem Originalklebeband
aus der Asservatenkammer verglichen werden. Der Vergleich (sic!)
beider Klebebänder lasse dann klare Schlussfolgerungen über die
Lagerdauer des Originals im Seegraben zu. Gegen Ende der Veranstaltung
und nach mehrmaliger Wiederholung hatte das sogar Richter Alban
begriffen (Hut ab!).
ausführlicher
Bericht
09.08.2002: 89. Prozesstag
Deutsche Gründlichkeit
Weitere fünf KriminalbeamtInnen, die an der Durchsuchung des Mehringhofes
am 19. Dezember 1999 beteiligt waren, legten mit eben der Gründlichkeit
Zeugnis über ihre damaligen Durchsuchungsverrichtungen ab, mit welcher
sie seinerzeit auch zu Werke gingen. Da wurde zur Seite geschoben,
weggeräumt, abgelöst, gebohrt, abgeklopft, abgehört und durchgeguckt,
dass sich die Balken bogen im Wortsinne. Verbogen war zum Schluss
nicht nur die Stahltüre der Behindertentoilette in der Durchfahrt
beim EX, welche mit einem Rammbock aufgebrochen worden war.
Gesucht wurden, das gaben alle Zeugen übereinstimmend an: Sprengstoff,
(Schuss-)Waffen, Munition, Hohlräume und Depots in welchen erstere
Gegenstände verstaut werden könnten, worden sein könnten oder verstaut
waren sowie technische Geräte wie Funkpeilsender, Scanner und dergleichen.
Außerdem sollten RZ-relevante Schriftstücke gesucht, gefunden und
beschlagnahmt werden.
Gesucht wurde - wie gesagt, und darauf legten die Befragten großen
Wert - sehr gründlich, wie sie das eben gelernt und als Berufsehre
verinnerlicht haben.
Gefunden wurde indes - nichts. Und Herr Oberstaatsanwalt, Bundesanwalt
Homann, zeigte sich kaum einmal bei seinen rackernden BeamtInnen
geschweige denn, dass er Anweisungen gegeben hätte. Heute waren
BeamtInnen da, die den Buchladen, den Fahrradladen, das Puppentheater
Hanswurst Nachfahren, das Mehringhoftheater, diverse Werkstätten,
Lagerräume, Abstellkammern und Treppenaufgänge sowie die Büros von
den Angeklagten, Herrn Haug und Herrn Glöde (FFM), durchsucht haben.
Vereinzelt wurden Sprengstoffhunde oder Techniker des BKA durch
die Räume geführt, um an verdächtigen Stellen Wischproben (im Falle
der Hunde Riechproben) zu nehmen, Probebohrungen und endoskopische
Späharbeiten vor zu nehmen.
Am kommenden Donnerstag (11 Uhr) ist der Gutachter Jendrossek,
Mikrobiologe an der Uni Stuttgart, als Zeuge in Sachen Klebeband,
Algenbewuchs und weitere Mikroorganismen im Seegraben geladen und
hat sein Kommen zugesagt. Davor und danach wird die Zeit wohl mit
Zeugen aus dem üppigen Reservoir an KriminalbeamtInnen ausgefüllt,
die den Mehringhof auseinander genommen haben.
Das Gericht gab bekannt, dass es den Beschluss bestätige, die Zeugin
Elisabeth E. nach ihrer Aussage vor der Sommerpause nicht vereidigt
zu haben.
Die Anwältin Studzinsky stellte Antrag auf Ladung des Zeugen Teichert.
Teichert ist Mitarbeiter der Sachsen-Anhaltinischen Sprengstoffwerke
und kann Auskunft über den Sprengstoff Gelamon 40 geben, der zu
DDR-Zeiten im VEB in Schönebeck (hauptsächlich für den Export) hergestellt
worden ist. Das Archiv des VEB ist bei der Firma Herrn Teicherts
zu finden.
Herr Teicherts Aussage soll den Nachweis erbringen, dass Gelamon
40 immer eine hohen Anteil an Ammoniumnitrat enthielt und dass dieser
nicht verändert wurde. Damit läßt sich der Zweifel begründen, dass
es sich zumindest bei einem Teil der im gefundenen Dynamitstangen
(Probe 1) ohne Ammoniumnitrat tatsächlich um Gelamon 40 handelt.
Das jedoch würde bedeuten, dass auch die Vermutung, der Sprengstoff
stamme aus einem - mutmaßlich von den RZ verübten - Sprengstoff-Raub
in Salzhemmendorf 1987, und etliche weiter gehende Mutmaßungen höchst
zweifelhaft sind.
Ein ausführlicher Bericht entfällt heute ebenfalls
mangels Masse.
08.08.2002: 88. Prozesstag
Bildmappen geschreddert, Sprengstoff verbummelt und
immer noch Zweifel am "Terrortape"
Der erste Zeuge des Tages, ein 57-jähriger Kriminalbeamter,
war geladen worden, um Licht in das Verschwinden zweier Fotomappen
zu bringen. Er habe die beiden mit "Männer" und "Frauen"
beschrifteten DIN-A5-Ordner wohl Mitte 2001 im Zuge von Aufräumarbeiten
in seinem Büro durch den Papierschredder geschoben. Die Befragung
durch die VerteidigerInnen brachte jedoch zutage, dass es schon
ein ziemlicher Zufall sei, dass der Beamte die Mappen kurz vor einem
Anruf der Vorsitzenden Richterin zum laufenden RZ-Verfahren und
nach 5 Jahren in besagten Büro beseitigen zu müssen glaubte.
Auch die Geschichte des zweiten Zeugen des Tages war geeignet,
eine im Hintergrund der Verfahren laufende Verschleierungstaktik
übergeordneter Behörden vermuten zu lassen: Ein Jüngling
war 1995 von seinem Onkel wegen des Besitzes des Sprengstoffes angezeigt
worden, nachdem er in dessen Anwesenheit versucht hatte, eine der
24 Dynamit-Stangen zu zünden. Bei einer Hausdurchsuchung wurde
damals der Sprengstoff - der später Mousli und den RZ zugerechnet
wurde - gefunden und beschlagnahmt. Der junge Mann wollte ihn auf
einer Parkbank im Böcklerpark gefunden haben. Irritierend an
dem polizeilichen Verfahren ist, dass es keine richtige Analyse
des Sprengmittels gab, dass selbst das Gewicht des Fundes von der
PTU-Einwaage erheblich abwich und dass Spuren schlicht nicht verfolgt
wurden. So hätte sich auch nach der Beschlagnahme des Explosivstoffes
eine halbe Stange davon in dem Park befunden haben müssen;
keine bekannte Polizeieinheit soll den Blindgänger je gesucht
haben, zumindest keine, die das protokolliert hätte (nicht
Staatsschutz, nicht BKA, nicht sonst jemand hat sich interessiert....).
Enttäuscht hat der Gutachter der Firma Tesa (Beiersdorf) nur
durch seine Ergebnisse, weniger durch seine Scherze: So nannte er
das vom Gericht eingereichte Klebeband etwa das "Terrortape".
Seine ursprüngliche Aussage, es sei kein Band von Tesa musste
er insoweit revidieren, als es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit
um ein Band aus der Produktion der dänischen Firma Nopi gehandelt
hat.
Die Bundesanwaltschaft erklärte heute zur nicht erfolgten
Vereidigung einer Zeugin der Verteidigung, die vor der Sommerpause
ausgesagt hatte, es laufe seit dem 2.1.2001 ein Ermittlungsverfahren
nach § 129 a. Sie habe durch ihre Aussage diesen Verdacht noch erhärtet,
weshalb eine Vereidigung zu unterlassen war. Rechtsanwalt König
wies diese Einschätzungen zurück und stellte selbst einen
entfernten Verdacht in Abrede.
Anträge von den Rechtsanwälten König und Lunnebach
zu den "Terrortapes" sowie einen zu einem Ortstermin am
Seegraben lehnt die BAW ab. Auch einen TÜV-Sachverständigen
zum unverputzten Fahrstuhlschacht im Mehringhof will die BAW nicht
hören.
Doch in Sachen "Seegraben" bleibt es spannend: Die Rechtsanwätin
Lunnebach besteht auf ihrem Ortstermin in Berlin Buch an jenem Gewässer;
sie will auch den BKA-Experten noch einmal hören, der sagte,
das Sprengstoffpaket wäre zu einem Drittel über der Oberfläche
des Seegrabens geschwommen, wenn alles lief wie von Mousli beschrieben;
sie will auch das Bundesamt für Materialprüfung mit der
Untersuchung des gefundenen Sprengstoffs beauftragen, da sie davon
ausgeht, dass es sich nicht um das Gelamon handelt, als welches
es derzeit "gehandelt" wird; außerdem will sie die
Anhaftungen des Sprengstoffpakets paläolimnologisch untersuchen
lassen, da sie davon ausgeht, dass nur Sommeralgen dem Paket anhaften
können.
Rechtsanwalt Euler erkundigte sich noch nach dem Gesundheitszustand
des Kronzeugen und forderte Einsichtnahme in das ärztliche
Attest.
ausführlicher
Bericht
11.07.2002: 87. Prozesstag
Aussagen der Entlastungszeugin bestätigt
Eine weitere Zeugin der Verteidigung bestätigte heute die Aussagen
der Entlastungszeugin in der Vorwoche (04. Juli 2002). Beide hätten
gemeinsam mit drei der Angeklagten einem Literaturarbeitskreis angehört.
Der Angeklagte Axel H. habe ihr gegenüber bereits im Herbst 1988
festgestellt, dass in Berlin keine militanten Politgruppen mehr
existieren würden. Er selber habe seine eigene Mitgliedschaft in
der RZ nie bestätigt, wohl aber seien gewisse Kontakte zu diesen
Gruppierungen offenkundig gewesen. Weiterhin wisse sie durch freundschaftliche
Kontakte, dass die Aussagen der Zeugin Barbara W. in der letzten
Woche an gleicher Stelle nicht unter äußerem Druck zustande gekommen
sind, wie ihre eigenen im übrigen auch nicht. Deren Wahrheitsgehalt
würde sich u.a. aus ihrem unschlüssigen Verhalten im Vorfeld der
Zeugenvernehmung ableiten lassen können. Zu Beginn der Verhandlung
hatten Verteidigung und Bundesanwälte gerade diesen Punkt völlig
konträr kommentiert und bewertet.
Nach dem Ende der Gerichtsferien erwartet die ProzessbeobachterInnen
ein bunter Reigen von Zeugen, wenn es nach den heute bekannt gewordenen
und beantragten Ladungen geht. Ein kammergerichtlicher Badeausflug
an den Seegraben könnte das Herbstprogramm abrunden.
Bis Anfang August verabschiedete die Richterin Hennig Angeklagte
und Parteien in die Sommerpause, nicht aber ohne ihnen vorher die
Reiselektüre deutlich aufzustocken.
ausführlicher
Bericht
05.07.2002: 86. Prozesstag
Erneute Widersprüche in den Aussagen Mouslis
Nachdem der gestrige Prozesstag großes Interesse geweckt hatte,
verlief heute wieder alles im üblichen Trott. Nur vier ZuschauerInnen
lauschten den Ausführungen des Zeugen F., der als Elektromeister
die Aufzugsanlagen des MehringHofes seit 1990 wartet. Er bestätigte,
dass es aufgrund der regelmäßigen und unangekündigten Überprüfungen
der Fahrstuhlanlage, dort keine Möglichkeit gegeben habe, ein Sprengstoffdepot
anzulegen.
Weiterhin äußerten sich der Sachverständige des BKA, Dr. Ibisch,
seines Zeichens Diplomphysiker, zum Sprengstoffanschlag auf die
Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber (ZSA) im Februar 1987.
Er fand sowohl Spuren, die auf gewerblichen Sprengstoff deuteten
und auf ein etwaiges Selbstlaborat bzw. auch nur auf ein dort möglicherweise
verwendetes Unkrautvernichtungsmittel. Mousli hatte behauptet, Rudolf
Sch. habe für den Bau des Sprengsatzes ein Selbstlaborat verwendet.
Aus Sicht des Gutachters nicht nur eine unsinnige Behauptung, sondern
auch extrem gefährlich, denn eine solche Mischung aus TNT und Unkraut-Ex
sei selbstentzündlich. Sehr zum Unwillen der BAW blieb der Gutachter
bei dieser Auffassung.
Ein weiterer BKA- Beamter, der an der Durchsuchung der Kellerräume
des MehringHofes während des Großeinsatzes im Dezember 1999 beteiligt
war, schloss den Reigen, indem auch er - wie vor ihm eine Vielzahl
von Kollegen - bestätigte, er habe sehr aufmerksam und sorgfältig
gesucht, aber nichts gefunden.
Den ebenfalls aufmerksamen BeobachterInnen und ZuhörerInnen konnten
so die wiederholten Widersprüche zu den Aussagen des Kronzeugen
nicht entgehen...
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Bericht
04.07.2002: 85. Prozesstag
Zeugin bestätigt Einlassung
Rudolf Sch.s Einlassung vom 18. Januar wurde heute in weiten Teilen
bestätigt. Auf Antrag seiner und der Verteidigung von Sabine E.
war für die heutige Hauptverhandlung eine Zeugin geladen, die in
ihrer Aussage seine Angaben stützte. So bekannte sich die 63-jährige
Barbara W., gegen die ein Ermittlungsverfahren wegen Mitgliedschaft
in der Roten Zora eingeleitet ist, heute dazu, sie selbst habe im
Oktober 1986 auf die Beine des damaligen Chefs des Berliner Ausländeramts,
Harald Hollenberg, geschossen. Schon im Januar hatte Rudolf Sch.
erklärt, zwar habe eine Frau die Schüsse abgegeben, anders als dies
der Kronzeuge behauptet, sei die Schützin aber nicht Sabine E. gewesen.
Die Zeugin äußerte sich nur zu den Angeklagten Sabine E., Rudolf
Sch. und Axel H. und weigerte sich darüber hinaus unter Verweis
auf das laufende Ermittlungsverfahren, Angaben zu den beiden anderen
Angeklagten zu machen. Neben der eigenen Tatbeteiligung räumte die
Zeugin auch die Teilnahme an dem Diskussionskreis ein, von dem Rudolf
Sch. bereits in seiner Einlassung gesprochen hatte. Dieser Diskussionskreis
sei Ende der 80er Jahre entstanden, nachdem sie und andere sich
von der bewaffneten Politik zurückgezogen hatten. Barbara W. bekräftigte
zudem, sie habe Sabine E. erst nach dem Hollenberg-Anschlag in Berlin
getroffen. Nach ihrer Darstellung kann von einer Tatbeteiligung
von Sabine E., wie es der Kronzeuge behauptet, nicht die Rede sein.
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Bericht
28.06.2002: 84. Prozesstag
Kurz und bündig: Erneut ehemalige BKA Beamtin als Zeugin
und ein weiterer Antrag der Verteidigung zum Sprengstoffdepot im
MehringHof
Erneut als Zeugin geladen war heute die ehemalige Beamtin im Bundeskriminalamt
(BKA) Janin Pankock (32). Diese hatte im Jahre 1999 und 2000 eng
mit den Ermittlungsführern Schulzke und Trede zusammengearbeitet.
Auf die Frage der Verteidigung machte sie Angaben zur Auswertung
von aufgezeichneten Telefongesprächen von Takek Mousli. Außerdem
wurde sie zu einem über drei Stunden dauernden Gespräch zwischen
Schulzke und Mousli vom 26.5.1999 befragt, über welches nur ein
von ihr angefertigter Vermerk existiert.
Zum Abschluss des kurzen Prozesstages stellte die Verteidigung
von Axel H. einen Beweisantrag, in dem gefordert wird neun weitere
Zeugen des BKA zu laden. Es handelt sich dabei um die Leiter von
neun Durchsuchungsteams, die bezeugen sollen, dass bei der aufwendigen
Durchsuchung des MehringHofes am 19.12.1999 systematisch und genau
aber erfolglos nach dem von Mousli behaupteten Sprengstoffdepot
gesucht worden war.
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Bericht
27.06.2002: 83. Prozesstag
Der Justiz schwimmen die Kronaussagen weg
Gericht und Bundesanwaltschaft lehnten heute weitere Nachforschungen
zum angeblichen Sprengstofffund im 'Seegraben' ab. Die bisher vom
Kronzeugen behauptete Entsorgung des Gelamon 40 im Jahre 1995 war
im bisherigen Prozessverlauf durch Sachverständige fragwürdig geworden.
Anträge der Verteidigung, die Lagerzeit des Sprengstoffes im Wasser
durch weitere Gutachten exakt bestimmen zu lassen, versuchen die
Justizbehörden vereint immer deutlicher zu verhindern. Die Kammer
lehnte heute ein entsprechendes Vergleichsgutachten ab und die Bundesanwälte
wollen keine weiteren ExpertInnen zum Alterungsprozess des verwendeten
Klebebandes hören. Neben dem angeblichen vierjährigen Lagerzeitraum
bleibt auch der genaue Fundort in dem trüben Gewässer immer undurchsichtiger.
Bundesanwalt Monka konnte nicht erklären, warum das explosive Material
weit entfernt vom angeblichen Versteck gefunden wurde. Er bestätigte,
dass an der vom Kronzeuge vorher sehr genau bestimmten Einwurfstelle
mehrfach vergeblich gesucht worden wäre. Zwei Beamte des Bundeskriminalamtes
gaben heute zudem tiefe Einblicke in ihre Umfeldarbeit beschuldigter
Personen. Eintragungen in Terminplaner und Adressbücher lieferten
den Stoff für monatelange Recherchen aller nachweislichen Kontakte
des Angeklagten Harald G.. Die Ermittler nannten heute u.a. auch
sehr viele Namen, die der Kronzeuge in seiner Lebensbeichte bedacht
hat.
Er selber kränkelt, sagt die Richterin, und wird nächste Woche
vermutlich nicht zur Wahrheitsfindung zur Verfügung stehen. Trotzdem
soll das Programm weitergehen, morgen, am Fr., den 28. Juni 2002,
um 9:15 Uhr.
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Bericht
20.06.2002: 82. Prozesstag
An keiner Stelle Unterwanderung
Der Prozess konnte erst nachmittags um 13 Uhr beginnen, da einer
der Richter sich wohl beim Verzehr - was man hörte - von Gänseleber
den Magen verdorben hatte. Dennoch fand er sich sichtlich angeschlagen
bereit, den Ausführungen des Klebstoff-Gutachters zu folgen, ehe
er in den Krankenstand wechselte.
Für Freunde von Klebstoff hoch interessante drei Stunden lang versuchten
das Richterkollegium und die Bundesanwaltschaft die Stichhaltigkeit
der Untersuchungsergebnisse des Experten vom Fraunhofer Institut
für Fertigungstechnik und Materialforschung aus Bremen in Frage
zu stellen. Das Untersuchungsergebnis war nämlich nicht im Sinne
der Anklage, da es den Kronzeugen nach der Sprengstoff-im-Mehringhof-Pleite
einmal mehr der Unwahrheit zumindest verdächtig machte.
Der Bremer Diplom-Chemiker war bei der Untersuchung eines blauen,
mit Sprengstoff bepackten Plastikbeutels, der - verschlossen mit
Klebeband - nach Angaben des Kronzeugen 1995 im sogenannten Seegraben
versenkt und vier Jahre später geborgen worden sein soll, zu dem
Ergebnis, dass dieser aller Wahrscheinlichkeit nach nicht länger
als "Wochen bis Monate" in jenem Wasser gefüllten Graben gelegen
haben kann.
Rege Aktivität und eine überraschende Aufgewecktheit waren auf
Seiten der Bundesanwaltschaft zu beobachten, um das - bei aller
wissenschaftlichen Zurückhaltung - ziemlich eindeutige Gutachten
ins Wanken zu bringen. Einer der drei Herren musste sich sogar durch
einen in Englisch verfassten Fachartikel über bakterielle Degradationsprozesse
bei Naturkautschuk arbeiten, um unter Beweis zu stellen, was der
Gutachter nicht behauptet hatte, nämlich, dass er, der Sachverständige,
kein Experte für Mikrobiologie sei.
Die Fragen der Mikrobiologie sind es denn auch, die eine kürzere
Verweildauer der Sprenstofftüte im Seegraben nahe legen und deren
Beantwortung den Kronzeugen vollends der Lüge überführen könnten.
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Bericht
14.06.2002: 81. Prozesstag
Alles nur geklaut
Ein Zeitungsartikel brachte es heute ans Tageslicht: der Kronzeugen
Mousli bezog sein Wissen über den Anschlag auf die Siegessäule
1987 vermutlich aus der Tagespresse. Der heute verlesene Bericht
aus dem Januar 1987 enthält jedenfalls schon erstaunlich viele
Details seiner späteren Aussagen Ende 1999.
Wiederholt wurde heute bezeugt: trotz intensiver Durchsuchung des
Mehringhofs konnten keine Spuren eines Sprengstoff- und Waffenlagers
gefunden werden. Der Kronzeuge Mousli hatte dies u.a. behauptet.
Wie mehrfach berichtet durchsuchten daraufhin ca. 90 ErmittlerInnen
mit hohem technischen Aufwand das Projektezentrum in Berlin im Dezember
1999. Die drei erschienen PolizistInnen bestätigten damit heute
die Aussagen ihrer bereits zuvor vernommenen KollegInnen. Geeignete
Hohlräume für ein Depot seien zwar in dem großen
Fabrikgebäudekomplex vorhanden, doch weder Spürhunde,
noch Probebohrungen, Wischproben und chemische Sofortanalysen hätten
zu einem Nachweis geführt. Alle drei wollen nur leitend tätig
gewesen sein, sich selbst aber die Hände nicht schmutzig gemacht
haben.
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Bericht
13.06.2002: 80. Prozesstag
Auch aus "Karlsruher Reihenhausperspektive": Kein Sprengstoffdepot
im MehringHof
Gegenstand des heutigen Prozesstages war erneut die Durchsuchung
des MehringHofes am 19. Dezember 1999. Als Zeugen vernommen wurden
der inzwischen zum Bundesanwalt aufgestiegene, damals noch Oberstaatsanwalt
Volker Homann (53) aus Karlsruhe, der die Durchsuchung im MehringHof
seinerzeit leitete, und fünf an den Durchsuchungen beteiligte Beamte
des Bundeskriminalamtes (BKA).
Homann versuchte, den Eindruck zu vermitteln, man habe gar nicht
richtig nach Sprengstoff und Waffen gesucht, weil das "eh zu lang
gedauert hätte" und sagte, er selbst sei noch heute fest davon überzeugt,
im MehringHof habe sich ein Sprengstoff- und Waffendepot befunden.
Dies nicht zuletzt, weil der Kronzeuge Mousli mit dem Sprengstoff-"Fund"
im Seegraben in Sachen Sprengstoff seine Glaubwürdigkeit unter Beweis
gestellt hätte. Demgegenüber betonten alle befragten BKA-Beamten,
sie hätten so intensiv wie möglich gesucht, aber nichts finden können.
Weder hätten sie unter Zeitdruck gestanden, noch sei lediglich oberflächlich
durchsucht worden: Im MehringHof habe man ein Depot nicht gefunden,
weil es dort kein Depot gegeben habe.
Insgesamt sieben Anträge der Verteidigung lehnte die Bundesanwaltschaft
(BAW) am heutigen bis 16.15 Uhr dauernden Prozesstag in Stellungnahmen
ab. Die Vorsitzende Richterin, Gisela Hennig, machte vor nahezu
leeren Zuschauerbänken erstmalig deutlich, dass zwischen ihr und
der BAW ein Unterschied besteht und zudem, dass Vorsitzende Richterin
bedeutet, dass sie entscheidet: Sie ließ eine von Bundesanwalt Bruns
beanstandete Frage des Verteidigers von Schlieffen gegen dessen
Antrag und sogar gegen den erklärten Willen des Beisitzenden Richters
Alban zu.
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Bericht
07.06.2002: 79. Prozesstag
Staatsanwaltschaft bezeugt: Kein Sprengstoff im Mehringhof
Zwei VertreterInnen der Staatsanwaltschaft bestätigten heute, dass
im Mehringhof keine Spuren von Sprengstoff gefunden wurden seien.
Ein Großaufgebot an Polizei- und Ermittlungskräften hatte das Gebäude
im Dezember 1999 nach einem vermuteten Sprengstoff- und Waffenlager
durchsucht. Auch die Behauptung des Kronzeugen auf einen angeblich
dort tagenden RZ- UnterstützerInnenkreis (Koordinierungsausschuss)
hätte keinerlei Bestätigung gefunden. Die intensive Spurensuche
durch ca. 90 Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes (BKA), Bundesgrenzschutzes
(GSG 9), etlicher StaatsanwältInnen, Spürhunde, chemische Tests,
Probebohrungen und Wischproben, hätte ergebnislos abgebrochen werden
müssen.
Im gewohnten Gleichschritt lehnten Gericht und Bundesanwaltschaft
mehrere Anträge der Verteidigung ab. Der Inhalt weiterhin vom BKA
zurückgehaltener Ermittlungsakten wurde kurzerhand für nicht prozessrelevant
erklärt.
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Bericht
31.05.2002: 78. Prozesstag
ZSA definitiv ohne Harald G.
Dass Harald G. nicht am Sprengstoffanschlag
auf die Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber (ZSA) in Berlin
in der Nacht vom 5. auf den 6. Februar 1987 beteiligt gewesen sein
kann, muss seit heute auch dem/der voreingenommensten RichterIn
klar geworden sein. Zur Verlesung kamen heute nämlich diverse Gerichtsbeschlüsse,
Meldbescheinigungen, Aufnahme- und Entlassungsschreiben etc., die
allesamt belegen, dass Harald G. zu diesem Zeitpunkt in Polizeigewahrsam
saß und erst am 17. Februar 1987 aus der JVA Moabit entlassen wurde.
Mit zahlreichen Beweisanträgen versuchte heute zudem die Verteidigung
von Matthias B. den zahllosen Ungereimtheiten im Zusammenhang mit
dem angeblichen Sprengstoffdiebstahl aus Tarek Mouslis Keller beizukommen.
Zusätzlichen Auftrieb erhielt dies Unterfangen durch ein vorläufiges
Gutachten des Fraunhofer Instituts. Darin war der Frage nachgegangen
worden, wie lange das Klebeband, mit dem ein Sprengstoffpaket umwickelt
war, das Mousli 1995 in einen Seegraben im Norden Berlins versenkt
haben will, Wasser ausgesetzt gewesen ist. Die Gutachter kamen zu
einem eindeutigen, für den Kronzeugen allerdings unerfreulichen
Ergebnis: "Die Untersuchung des Zustands des Klebebands zeigt, dass
es bezüglich der Einwirkung von Wasser praktisch unverändert ist."
Höchstens "wenige Monate" kann das Paket im Wasser gelegen haben,
so die Schlussfolgerung der Gutachter, und nicht vier Jahre, wie
der Kronzeuge behauptet.
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Bericht
24.05.2002: 77. Prozesstag
"Was Herr Mousli gesagt hat, wurde auch so protokolliert"
Heute ging es erneut um die 60.000 Mark, die der Kronzeuge Tarek
Mousli zum Jahreswechsel 1994/95 zur Unterstützung illegaler RZ-Mitglieder
an "Siggi" (laut Mousli Harald G.) weitergegeben haben will. Diverse
Ungereimtheiten in der Version des Kronzeugen zu dieser angeblichen
Transaktion wurden bereits des öfteren in der Hauptverhandlung thematisiert.
Bis heute nicht geklärt ist, ob Mousli das Geld nicht vielmehr dafür
genutzt hat, seinen defizitären Lebensstil zu finanzieren.
Deutlich wurde heute, dass Mousli mehre Aussagevariationen zur
Herkunft und Verwendung während seiner Vernehmungen präsentiert
hatte - und zwar jeweils angepasst an den Stand der Ermittlungen.
Dies wurde heute auch von Klaus Schulzke, damals Ermittlungsführer
des BKA in Sachen RZ, bestätigt. Offen gestand er zudem ein, dass
dies für ihn nie Anlass gewesen sei, den Kronzeugen mit diesen Unterschieden
zu konfrontieren. Lakonisch erklärte er: "Das war für mich kein
Knackpunkt."
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Bericht
23.05.2002: 76. Prozesstag
Sprengstoffexperten vermuten mehr als sie wissen
Die Herkunft und die Lagerdauer des Sprengstoffes aus dem 'Seegraben'
konnte auch durch Sachverständige nicht bestimmt werden. Zwei Chemiker
standen dazu heute vor dem Kammergericht Rede und Antwort. Zumindest
eine untersuchte Probe des Materials zeigte noch nicht einmal eine
Übereinstimmung mit dem Sprengmittel Gelamon 40. Dieses soll angeblich
1987 in Salzhemmendorf entwendet und von den RZ verwendet worden
sein, behaupten Bundesanwaltschaft (BAW) und der Kronzeuge. Trotz
intensiver Bemühungen der BAW und des Gerichtes blieb der Wissenschaftler
bei den Ergebnissen seiner Untersuchung.
Der dort eponierte Sprengstoff war nur sehr kurze Zeit einer Wassereinwirkung
ausgesetzt, konstatierte der zweite sachverständige Zeuge, ein Chemiker
des BKA. Nach Fotos und Berichten will er dieses durch eine Modellrechnung
festgestellt haben. Ob der Sprengstoff nachweisbare Spuren an seinen
Lagerstätten hätte hinterlassen müssen, wurde abschließend aber
nicht schlüssig erfragt. Im Mehringhof wurde bei zwei Durchsuchungen
eines angeblichen Depots jedenfalls keine Rückstände gefunden. Anträge
der Verteidigung und eine ablehnende Stellungnahme der BAW zum Aussetzungsantrag
des RA Kaleck beendeten den kurzen Verhandlungstag.
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Bericht
17.05.2002: 75. Prozesstag:
"Ich glaubte, an einen Mafiosi geraten zu sein"
Ganz im Sinne einer beschleunigten Verfahrensführung war die heutige
Hauptverhandlung bereits um 12 Uhr zu Ende. Vernommen wurde der
Zeuge Andreas W. (27). Dabei ging es erneut um den Einbruch in den
Keller des Kronzeugen Tarek Mousli, aus dem im März 1995 Sprengstoff
gestohlen wurde. Andreas W. war damals zusammen mit einem Freund
in den Keller eingestiegen. Was beide da vorfanden, war ihm offensichtlich
nicht ganz geheuer: "Ich glaubte, an einen Mafiosi geraten zu sein,
da habe ich es mit der Angst zu tun bekommen. Ein normaler Bürger
hat ja keinen Sprengstoff in seinem Keller." Eine solch offene und
offensichtlich zutreffende Beschreibung des Kronzeugen war bislang
selten während der Verhandlung zu hören.
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Bericht
16.05.2002: 74. Prozesstag
Bundesanwalt Monka gesteht fehlerhafte
Arbeit
Der Staatsanwalt- Gruppenleiter Monka der Bundesanwaltschaft
(BAW) musste heute in der Hauptverhandlung Mängel bei der Prozessvorbereitung
einräumen. Das Fehlen der kompletten Unterlagen der Telefonüberwachung
des Kronzeugen Mousli ab August 1999 müsse er ..." auf seine Kappe
nehmen..", dies sei sein Versehen. Ein absichtliches Vorenthalten
dieses prozessrelevanten Materials seitens des Bundeskriminalamtes
(BKA) oder der BAW wies er aber weit von sich.
Zur Identifikation des angeblichen RZ-Mitgliedes 'Heiner'
wurde heute weiterhin die Polizistin Janin Pankock vernommen. Ihre
jahrelangen Ermittlungen hätten den Verdacht erhärtet, es handele
sich dabei um Harry St.. Diese Spur sei aber dann für 'tot' erklärt
worden, nachdem der Kronzeuge bei einer Lichtbildvorlage diese Identität
nicht bestätigt habe. Die Zeugin konnte auch den Umgang mit bzw.
die Herkunft ihrer weiteren Ermittlungserkenntnissen nicht schlüssig
darlegen. Im BKA und dem Landeskriminalamt Berlin wäre ziemlich
unabhängig voneinander und ohne Koordination u.a. zu den Komplexen
Hollenberg, Korbmacher und RZ parallel ermittelt worden.
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Bericht
10.05.2002: 73. Prozesstag
Harald G. aus Untersuchungshaft entlassen
Offiziell war es ein schwer krankes Familienmitglied und eine Kaution
von 60.000 Euro, die den Senat dazu bewogen hatten, nun auch den
Angeklagten Harald G. nach zweieinhalb Jahren aus der Untersuchungshaft
zu entlassen. Allerdings dürfte ein Beschluss
des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 25.4.02, in dem dieser die Länge
der Untersuchungshaft kritisierte, den eigentlichen Ausschlag für
diese Entscheidung gebildet haben.
In der heutigen Verhandlung stellten die Rechtsanwälte von Sabine
E. eine Antrag auf Aussetzung des Prozesses. Das Gericht hatte am
letzten Verhandlungstag dem "rechtlichen Hinweis" der Bundesanwaltschaft
(BAW) stattgegeben, in dem diese angekündigt hatten, die Anklage
gegen Sabine E. auf "Rädelsführerschaft" zu erweitern. Eine Aussetzung
des Verfahrens - so die Verteidiger - sei nötig, da aufgrund der
erweiterten Anklage umfangreiche Ermittlungen bezüglich des Gesundheitszustandes
von Frau E. zwischen 1986 bis 1989 angestellt werden müßten. Der
Senat stellte eine Entscheidung über den Antrag zurück.
Rudolf H. (42), der heute als einziger Zeuge der Verteidigung geladen
war, gab Auskunft über das Zusammentreffen mit den beiden Zeugen,
die im April 1995 im Keller von Tarek Mousli Sprengstoff entwendet
hatten und diesen, gleich nach der Tat, Rudolf H. gezeigt hatten.
Abschließend stellte Rechtsanwalt von Schlieffen einen umfangreichen
Beweisantrag. Darin wurde gefordert 9 Beamte des Bundeskriminalamtes
(BKA) zu laden, die maßgeblich an der ersten Durchsuchung des Berliner
Kulturzentrum MehringHof im Dezember 1999 beteiligt waren. Die BKA
Beamten sollen bekunden, dass gründlich gesucht worden war und sich
keinerlei Hinweise auf die Lagerung von Sprengstoff oder Waffen
ergeben hatten.
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Bericht
Meldungen der Prozesstage 56 - 72
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