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84. Prozesstag: 28. Juni 2002
BKA- Beamtin erneut als Zeugin und ein weiterer Antrag der Verteidigung
zum Sprengstoffdepot im MehringHof
Am heutigen Prozesstag war erneut die ehemalige Beamtin im Bundeskriminalamt
(BKA), Janin Pankok (32), geladen. Frau Pankok war seinerzeit unmittelbare
Mitarbeiterin der Ermittlungsführer Schulzke und Trede. Nach
ihren Angaben war sie dabei vorrangig mit der Auswertung von aufgezeichneten
Telefongesprächen und von Asservaten beschäftigt. (vgl.
74. Prozesstag: 16.5.02) Die
Verteidigung von Matthias B. befragte die Zeugin zur Auswertung
der überwachten Telefongespräche von Tarek Mousli und
zu einem über drei Stunden dauernden Gespräch zwischen
Schulzke und Mousli vom 26.5.1999, von dem nur ein von Frau Pankok
angefertigter Vermerk existiert. Außerdem stellte die Verteidigung
einen weiteren Beweisantrag zum von Mousli behaupteten Sprengstoffdepot
im MehringHof.
"Ohne Relevanz"
Im Rahmen der Telefonüberwachung sei es ihre Aufgabe gewesen,
Bänder abzuhören und grundsätzlich zu entscheiden,
welches Gespräch von Relevanz für das Ermittlungsverfahren
sei, so die Zeugin. Alle Gespräche seien vermerkt worden, allerdings
seien nur bei Gesprächen "von Relevanz" inhaltliche Protokolle
erstellt worden. Exakte Gesprächsprotokolle seien nur in den
Fällen angefertigt worden, wo "wesentliches" zu Tage getreten
sei. Da habe sie dann auch in der Regel einen Vorgesetzten hinzugezogen.
Rechtsanwalt Kaleck erkundigte sich bei der Zeugin, ob sie sich
an zwei Bänder erinnere, auf denen ein längeres Gespräch
zwischen Mousli und seinem damaligen Anwalt Frank Assner aufgezeichnet
sei. Obwohl in diesem Gespräch "wesentliches" besprochen wurde,
sei das Band von der Zeugin mit dem Vermerk "oR" (= "ohne Relevanz")
gekennzeichnet worden. Frau Pankok gab an, dass es für sie
selbstverständlich gewesen sei, Anwaltsgespräche, die
aufgezeichnet worden waren, nicht abzuhören. Ob auch die anderen
Kollegen den Datenschutz ähnlich ernst genommen hatten wie
sie, konnte die Zeugin allerdings nicht eindeutig bestätigen.
Ihre Antwort auf die entsprechende Frage ("Wie Schulzke damit verfährt,
ist seine eigene Sache") lässt eher auf Differenzen beim Umgang
mit dieser Sache in der Dienststelle schließen.
Ein "Gespräch", über das es nur einen "Vermerk"
gibt
Der zweite Komplex zu dem die Zeugin befragt wurde war ein Besuch
von ihr und Schulzke bei Tarek Mousli in der Justizvollzugsanstalt
Moabit am 26.5.1999. Zu diesem mehr als dreistündigen Gespräch
gibt es lediglich einen Vermerk von Frau Pankok. Die Zeugin konnte
sich an das Gespräch nur sehr undeutlich erinnern. Erst längere
Vorhalte aus ihrem Vermerk, ließen für sie den Zusammenhang
wieder erkennbar werden. So gab sie an sich zu erinnern, dass Mousli
es zu dem damaligen Zeitpunkt noch abgelehnt habe, Angaben zu machen.
Er habe jedoch angekündigt, nach einem Gespräch mit seinem
Anwalt Einlassungen machen zu wollen. Sie habe bei diesem Gespräch
den Eindruck gehabt, Mousli hätte versucht, "die Lage zu sondieren".
So hatte er etwa die Frage gestellt, "wie das denn wäre, wenn
er den Sprengstoff für einen Freund aufbewahrt hätte,
der inzwischen verstorben sei". Mousli sei zum damaligen Zeitpunkt
sicherlich auch schon ausführlich über die Kronzeugenregelung
informiert gewesen.
Alles in allem konnte die Zeugin Pankok keine Auskunft darüber
geben, ob mit Mousli bei diesem Gespräch nicht doch sehr viel
konkreter über die Bedingungen einer Inanspruchnahme der Kronzeugenregelung
gesprochen wurde, vor allem was er denn zu liefern habe.
Der Amateur, die Hausdurchsuchung und das fehlende
"klärende Wort"
Zum Abschluss des lediglich zwei Stunden dauernden Prozesstages
stellte die Verteidigung von Axel H. einen weiteren Beweisantrag
im Zusammengang mit dem angeblichen Sprengstoffdepot im MehringHof.
Darin fordert sie, neun weitere BKA-Zeugen zu laden. Dabei handelt
es sich um die Leiter von neun Durchsuchungsteams, die bezeugen
werden, dass bei der aufwendigen Durchsuchung des Projekts am 19.12.1999
systematisch gesucht wurde und dass bei der Durchsuchung "kein Zeitdruck"
geherrscht habe. Außerdem werden die Zeugen bekunden, dass
sämtliche "Durchsuchungen ergebnislos" verliefen und "dass
es ausgeschlossen ist, dass bei der Durchsuchung ein Schacht oder
ein anderes potentielles Versteck für Sprengstoff übersehen
wurde."
In einer kurzen Erklärung machte Rechtsanwalt von Schlieffen
deutlich, dass dieser erneute Antrag zu diesem Komplex eine Reaktion
auf die Aussage von Bundesanwalt Homann vom 13.6.02 sei (vgl. 80.
Prozesstag). Dieser habe versucht den Eindruck zu vermitteln,
dass bei der Hausdurchsuchung nur deshalb nichts gefunden worden
sei, weil man "dilettantisch" gesucht habe. Allerdings - so von
Schlieffen - sei inzwischen sattsam bekannt, dass der "einzige Amateur",
der bei der Durchsuchung zugegen war, Homann selbst gewesen sei.
Von Schlieffen forderte das Gericht auf, zur erfolglosen Durchsuchung
des Mehringhofes endlich ein "erklärendes Wort" abzugeben.
Ansonsten käme die Verteidigung nicht umhin, weitere Polizeizeugen
zu ermitteln und zu laden, die erneut die Ernsthaftigkeit und Ergebnislosigkeit
der Durchsuchung bekunden würden. Bevor die heutige Hauptverhandlung
beendet wurde, meldete sich Bundesanwalt Bruns zu Wort, der sich
offensichtlich auf Grund des Angriffs auf den Kollegen Homann herausgefordert
fühlte. Er könne nicht verstehen, so Bruns, dass Rechtsanwalt
von Schlieffen einen Antrag stelle und gleichzeitig betone, dass
der Komplex schon ausreichend ausgeleuchtet worden sei. Damit stelle
von Schlieffen die Relevanz des eigenen Antrags in Frage.
Der sich anschließende recht laute Disput zwischen Rechtsanwalt
Eisenberg und Bundesanwalt Bruns zu dieser Frage machte es fast
unmöglich Richterin Hennig zu vernehmen, die den Prozess auf
den 4.7.02 vertagte. Insofern blieb auch ungeklärt, ob Frau
Hennig nicht doch etwa "ein klärendes Wort" gesprochen hatte
und nur niemand konnte es verstehen.
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