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Früchte des Zorns

TitelbildDie Bewegung gegen die Startbahn West - August 1983


Der zivile Teil des Frankfurter Flughafens

ist heute der mit Abstand größte der BRD, der zweitgrößte Europas und seit 1980 der größte Frachtflughafen Europas (vor London mit insgesamt 3 Flughäfen). Hinzu kommt die im südlichen Bereich des Flughafens gelegene Air- Base der US- Army mit dem größten Terminal des Militärischen Lufttransportkommandos (Military Airlift Command) mit jährlich ca. 500.000 "Passagieren" und dem größten Frachtflughafen der Army außerhalb der USA (1980 ca. 66.000 t); die Air- Base ist damit der zweitgrößte Frachtflughafen in der BRD vor Köln (1980: 52.000 t) und München (1980: 39.000 t).

Bereits 1955 hatte Frankfurt mit (angesichts der heutigen Zahlen) bescheidenen 833.000 Verkehrseinheiten (VE) 33,9% aller VE in der BRD an sich gezogen. Ursächlich dafür waren zunächst der unmittelbar nach Kriegsende erfolgte Ausbau des Flughafens durch die Yanks. Insofern ist er vergleichbar mit dem Düsseldorfer Flughafen, dessen relative Spitzenstellung sich daraus erklärt, daß er ebenfalls nach 45 von den britischen Streitkräften in Betrieb genommen und den neuen Erfordernissen angepaßt wurde.

Die Benutzung des Frankfurter Flughafens durch die Air- Force in Verbindung mit der Konzentration der US- Streitkräfte in der Rhein- Main- Region prädestinierte Frankfurt von Anfang an als Knotenpunkt nicht nur der militärischen, sondern aller Interkontinentalflüge. ZüblinEin zweiter wesentlicher Punkt war die wirtschaftsgeographische Lage des Frankfurter Raums, wo sich zahlreiche Nord- Süd- und Ost- West- Verkehrsachsen bündeln. Das "Frankfurter Kreuz" als Schnittpunkt dieser Verkehrsachsen und der direkt anliegende Flughafen bilden militärisch und ökonomisch eine infrastrukturelle Einheit, die als solche bereits im "3. Reich" konzipiert und gebaut worden war. (Der von den Nazis betriebene Autobahnausbau incl. Frankfurter Kreuz und seine militärischen Hintergründe sind weitgehend bekannt. Weniger dagegen, daß der Frankfurter Flughafen sich bis 1936 am Rebstock (nahe Messegelände) befand und die ersten Rodungen für den heutigen Flughafen 1934 begannen. Die auch heute an der Startbahn West beteiligte Stuttgarter Baufirma Züblin benutzte übrigens für den Anfang der 40er erfolgten weiteren Ausbau des Flughafens Frauen aus dem KZ Natzweiler- Struthof, für das am Flughafengelände extra eine Außenstelle errichtet wurde.)

Aufgrund dieser Gegebenheiten war es nur logisch, daß die Deutsche Lufthansa nach ihrem Wiederaufbau 1955 zwecks optimaler Kostendeckung Frankfurt zu ihrem Zentralflughafen bestimmte (Ausgangs- und Endpunkt ihres Interkontinentalverkehrs; Bestimmung der anderen westdeutschen Flughäfen als Zubringer für die Zusammenführung der Langstreckenverbindungen in Frankfurt). So beträgt der Anteil der Lufthansa an den in Frankfurt erbrachten Verkehrsleistungen 52%. Da die BRD- Flughäfen für ausländische Fluggesellschaften nur in dem Maß attraktiv sind, wie das dort angebotene Abfertigungs- und Frachtumschlagsvolumen bereits von der Lufthansa genutzt wird, bedeutete diese Entscheidung eine doppelte Konzentration des internationalen Luftverkehrs auf Frankfurt. Dies führte dazu, daß sich die in Frankfurt umgeschlagenen VE von 1955 bis 1974 verzwanzigfachten (1974 : 16.361.00 VE = 44% aller VE in der BRD).

Im gleichen Zeitraum (1959) wurde die Air- Base im Rahmen der Nato- Planungen zum zentralen Luftstützpunkt für die Logistik der US- Army in Europa bestimmt. Dieser "Nachfrage" kam der in öffentlicher Hand befindliche Konzern FAG (Aktionäre: Land Hessen 45%, Stadt Frankfurt 29%, BRD 26%) mit der Erweiterung der beiden Start- und Landebahnen auf 3.600 bis 3.900 m (1959- 1965) und der Beantragung einer 3. Startbahn 1965 nach.

Der nächste Konzentrationsschub erfolgte Anfang der 70er mit der sog. "Ölkrise". Die Verringerung der Nachfrageexpansion Ende der 60er und die Auslieferung der (schon Jahre vorher bestellten) Großraumflugzeuge Anfang der 70er hatten bereits zu einem Kapazitätsüberhang bei den Fluggesellschaften geführt. Die 1973 inszenierte "Ölkrise" als Beginn der dann seit 74 in den transnationalen Konzernen geschaffenen "Dauerkrise" in den kapitalistischen Metropolen bedeuteten für den Luftverkehr rapide steigende Treibstoffpreise bei gleichzeitigem tendenziellen Rückgang der Massennachfrage. (Deren Zielsetzungen sind: 1. die Um- und Neuverteilung der gesellschaftlich produzierten Mehrwertmassen zwecks Maximierung der eigenen Profitraten. 2. Angriff auf die Masseneinkommen und die Revolten und Kämpfe der multinationalen Massenarbeiter und Jugendlichen in den westlichen Metropolen. Darüber gewaltsame Durchsetzung einer "neuen Arbeitsmoral" und der Niedriglohnarbeit zur Wiederherstellung hoher Mehrwert- und Profitraten.)

Um die daraus entstehenden Einbußen aufzufangen, war die Folge eine erneute Konzentration der Beförderungsleistungen auf die Knotenpunkte der internationalen Verkehrsräume - und damit auf Frankfurt. Der den Gesetzen kapitalistischer Konzentration und Monopolisierung unterliegende Luftverkehr bündelt die Verkehrsströme zu gigantischen Konzentrationspunkten.

Das Zentrum ist rentabler, saugt dadurch immer mehr an sich, wird immer größer, was wiederum seine Rentabilität und Attraktivität (z.B. kürzere Bodenzeiten, Anschlüsse in alle Welt) steigert usw. Das hat zur Folge, daß Frankfurt selbst beim heutigen allgemeinen Rückgang des Flugverkehrs die geringsten Einbußen bzw. sogar noch ein leichtes Plus zu verzeichnen hat.


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