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RZ / Rote Zora

Editorial

We don't like your love-song. Kritik des Antizionismus der Revolutionären Zellen - und anderer Linker heute will eine Diskussion über den Antisemitismus in der deutschen Linken anregen. Modethema?

Alles schon durchgekaut?

Wir meinen: in Bremen (und nicht nur hier) wurde darüber heutzutage noch nicht viel öffentlich gemacht.

Antizionismus existiert in der Neuen Linken (Seite 5) in der BRD - die DDR bleibt hier außen vor - seit 1967 bis heute. Das möchten wir anhand der Flugzeugentführung nach Entebbe (Seite7) darstellen, um danach zu zeigen, weshalb dieser Antizionismus mittels des Begriffs der Projektion (Seite 14) als Antisemitismus dechiffriert werden kann. Wo Selbstkritik angesagt wäre, wird neuerlich der einigende Mantel des Schweigens angelegt - trifft sich hier die Linke undercover mit Walser? (Seite 22)

Diese Thematik hat in unserer Gruppe einen mitunter schwierigen Diskussionsprozeß angestoßen, der nicht beendet ist und wir hatten untereinander manche strittigen Punkte, was sich auch im Schreibstil niederschlug.

Wichtig war uns vor allem, Beispiele zusammenzutragen, die manch einer/einem unbekannt sein dürften und die wir ziemlich krass und heftig fanden; wir mußten uns einige Male vergegenwärtigen, daß wir Texte der radikalen Linken lasen und nicht irgendein deutsch- nationales Gewäsch.

Beim Durchsehen unseres Textes wurde uns bewußt, wieviel antisemitischen Sprachduktus wir darstellten und damit weitertransportieren. Wir setzen uns zwar mit analytischer Kritik eindeutig davon ab und hoffen, daß uns dies gelungen ist. Dennoch haben wir so viele antizionistische Beispiele, weil es in dieser Linken offenbar nötig scheint.

Wir freuen uns über Anmerkungen, kritische Reflektionen, Lob und Tadel

Gruppe m.e.l.a.n.g.e., im Dezember 2000

c/o Infoladen. St. Pauli-Str. 10-12, 28203 Bremen

"(...) Nicht nur, weil in der Tradition realsozialistischer Geschichtsschreibung eine saubere Legende der RZ konserviert werden soll. Beunruhigend ist auch die Logik, die sich hinter diesem Denken verbirgt: nicht wer Probleme hat, sondern wer sie öffentlich bekennt, ist schuld am Desaster der Radikalen Linken." Vogel/Villinger/autonome Lupus Gruppe 2000

Einleitung

Anlaß für dieses Papier war die Veranstaltung "Zeiten des Zorns. Zur Geschichte und Politik der Revolutionären Zellen" am 13.10.2000 in Bremen. Wegen des Plakats und des Ankündigungstextes hatten wir uns im Vorfeld gefragt, ob es auf dieser Veranstaltung zu einem kritischen Umgang mit der RZ kommen würde, oder aber ob die Inhalte, die die RZ vertreten haben, einfach so, ohne differenzierte Betrachtung dargestellt würden.

Die Intention unseres Flugblatts, "Zornige Deutsche?" (siehe Anhang) lag darin, eine Diskussion anzustoßen, die unserer Meinung nach bei der Betrachtung der radikalen Linken in den 70er und 80er Jahren nicht ausgeklammert werden darf. Wir meinen, sie ist unumgänglich für eine Neubestimmung linker Politik, die sich emanzipatorisch versteht. Wir wollten mit "Zornige Deutsche?" wenigstens in schriftlicher Form anzeigen, daß für uns eine klitternde linke Geschichtsschreibung nicht unkommentiert bleibt. In der Sorge, daß bei einer Veranstaltung mit vorhersehbaren drei Stunden Vortrag und Film keine grundsätzliche Diskussion mehr möglich sein würde, und da manche von uns unsicher waren, ob sie dort etwas sagen würden, wollten wir unsere Fragen also auf diese Weise äußern.

Vorweg:

Es ging uns zu keiner Zeit darum, anders als es anscheinend einige wahrnahmen, einen Antisemitismusvorwurf an das "Antifaschistische Komitee" (AK) zu richten.

Um zu vermeiden, daß wir das AK mit dem Podium (also Stefan Wisniewski und Klaus Viehmann) zusammen wursteln, ist unser Vorwurf an das AK durch die erschlagende "Geschichtsstunde RZ' und keiner entsprechenden Vorrede oder Frage [1] das Thema einer kritischen Reflektion über den Antizionismus in der RZ und der radikalen Linken mit Schweigen begangen zu haben; und daß eben das AK und Freundinnen für das schlechte Plakat verantwortlich sind.

Das Publikum ist vor allem mit Indifferenz zum Antisemitismus bzw. Schweigen aufgefallen.

Wir dachten zum Zeitpunkt des Erstellens unseres Flugblatts noch nicht daran, uns intensiver mit dem Thema zu beschäftigen. Die Veranstaltung, die Stimmen, die wir zu unserem Flugblatt vernahmen und die falsche Interpretation unserer Absicht haben uns dazu veranlaßt, mit euch allen, die ihr dieses Papier lesen wollt, in eine Diskussion über den Antisemitismus in der Linken zu treten.

Wir finden nach wie vor, daß weder das Plakat noch der Ankündigungstext (siehe Anhang) auf einen kritischen Umgang mit der RZ schließen lassen. Die Bilder sind zum Teil "Ikonen" linker Ereignisse, die eine starke und kämpferische linke Bewegung symbolisieren. Und obwohl sie unterschiedliche inhaltliche Hintergründe haben, kann es so wirken, als hätten sie einen unmittelbaren Zusammenhang zueinander und zur RZ. Anders betrachtet könnten es auch die wichtigen Bezugspunkte der Linken sein, wobei jedoch nicht deutlich wird, wie diese bewertet werden. Die Bilder stehen alle unkommentiert nebeneinander und mensch muß die Einzelereignisse kennen, um sie voneinander trennen zu können. Auch im Ankündigungstext werden Brüche und Kritik nicht erwähnt.

Im Nachhinein kann mensch zwar sagen, daß der Antizionismus der RZ auf der Veranstaltung kurz angeschnitten, aber leider nicht in Bezug auf den Antisemitismus thematisiert wurde. Daß sich an den Antizionismus der deutschen Linken antisemitische Projektionen knüpften, die erst durch eine Betrachtung der deutschen Geschichte und dem Umgang mit dieser nach 1945 deutlich werden, daß die Solidarität mit den PalästinenserInnen und wie sie gestaltet wurde auf Identifizierungen mit deren Volk aufbauten, fehlte auf der Veranstaltung.

Diskussionsansätze um Antisemitismus in der (radikalen) Linken gab es verstärkt ab 1991 - wobei noch fraglich scheint, inwieweit der Antizionismus tatsächlich kritisch hinterfragt wurde - und sie wurden auch von Teilen der RZ geführt. [2] Wenn diese Diskussionen vergessen werden bzw. keine Erwähnung finden, stellt sich die Frage, warum dies so ist. Wir unterstellen nicht, daß es eine bewußte Intention der VeranstalterInnen war, dieses Thema auszulassen. Aber das Resultat bleibt das selbe: wird der Antizionismus nicht ausreichend analysiert, so wird er auch nicht als Problem erkannt. Dadurch kann er als Bezugspunkt bis in die heutige Zeit mitgenommen werden und die "Restlinke" muß sich nicht mit diesem unbequemen Aspekt ihrer Geschichte auseinandersetzen.

Der Antizionismus und die deutsche Linke

Die RZ hat die Solidarität mit 'Palästina' bzw. der PFLP bewußt gewählt und in ihrer Politik praktisch umgesetzt. Die Flugzeugentführung nach Entebbe ist dabei nicht als Ausnahme anzusehen, sondern eingebettet in die inhaltliche Position der RZ, wie sie sich schon 1975 in dem Text Revolutionärer Zorn Nr.1 darstellt, aber auch in späteren Texten deutlich wird. Deshalb haben wir die Ereignisse in Uganda genauer nach recherchiert und werden sie im antizionistischen Diskurs der Linken verorten.

Auf die Diskussion über die Begriffe Antizionismus/ Antisemitismus und deren inhaltlichen Zusammenhang ließ sich die Linke in den 70ern und 80ern kaum ein. Denn der Revolutionäre Kampf, die Praxis, stand im Vordergrund. Außerdem stand eine solche Theorie dem einfachen Freund- Feind- Schema im Wege. Die Kritik weniger Leute, [3] daß der Antizionismus der Linken etwas mit Antisemitismus zu tun habe, wurde und wird von vielen vehement abgelehnt. Die Linke glaubt, da sie doch die richtigen Absichten verfolgt, nämlich Unterdrückung und Gewalt abzuschaffen, daß sie nicht falsch liegen kann. Sie sind die Guten und daher können sie auch nicht antisemitisch sein.

Zwar beschäftigte mensch sich mit dem Nationalsozialismus (NS), hier stand jedoch die Theorie, daß das Kapital Hitler unterstützte, und dadurch der NS möglich wurde, im Vordergrund. Gegen diejenigen, die im NS hohe Positionen innegehabt hatten, gingen die Linken vor. Sie waren die Obrigkeit, die für das Geschehene verantwortlich gemacht wurden. Das deutsche Volk in seiner Gesamtheit aber galt entweder als unbeteiligt oder indoktriniert und Antisemitismus wenn, als andere Form des Rassismus. Er wurde nicht als über viele Generationen tradierte Denkform angesehen, die nicht nur das wesentliche Element des NS, sondern auch der deutschen Nation und der deutschen Identität gebildet hat.

Ebenso blieb auch der sekundäre Antisemitismus unbeachtet. Dieser entwickelte sich nach bzw. gerade wegen Auschwitz. Dabei werden jüdische Menschen und die Erinnerung an sie weiterhin als Störung wahrgenommen, da die Shoa einer positiven deutschen Identität im Wege steht. Es entsteht der Wunsch nicht mehr mit der eigenen Geschichte konfrontiert zu werden. Daß die Nichtbeschäftigung mit Auschwitz mit der geradezu obsessiven Solidarität mit 'Palästina' in direkter Verbindung steht, kann nur mit den Kategorien der Projektion faßbar werden. Wir wollen also mit diesem Text einige Fragen, die viele schon gar nicht hören mögen, bzw. ihnen die Antworten egal sind (Klaus Viehmann am 13.10. sinngemäß: 'Projektion kenn' ich, sag dazu aber nichts, laß das einfach mal so stehen'), neu aufwerfen.

Übergeordnet dem ganzen Text ist Euer Schweigen, Eure Indifferenz gegenüber dem Antisemitismus. Dieser Text bricht zumindest Unser bisheriges Schweigen: Denn auch wir sind 'normale deutsche Linksradikale'; wir haben z.B. 1988 in Berlin gegen IWF und Weltbank demonstriert, ohne zu wissen, dass Wertvergesellschaftung mehr ist als nur Ausbeutung durch die Klasse der KapitalistInnen; auch wir waren 1991 von der Golfkrise paralysiert, ohne die Bedrohung für Israel wahrzunehmen. Auch wir haben schon PLO - Tücher getragen - linken Chic mitgemacht auch wir haben Quetschenpaua gehört, mit seinen israelfeindlichen Phrasen - und fühlten uns wohl.

Aber wir versuchen das zu reflektieren, um es zu verändern... Ausgehend davon, daß wir nur dann einige Schritte weiterkommen können, wenn wir Geschichte genau anschauen und analysieren, darf diese Prinzip nicht vor der 'eigenen' Geschichte stehen bleiben. Für uns ist eine zentrale Frage aus der Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus, was aus dem Wissen, die (Enkel-) Kinder der Tätergeneration zu sein, folgt.

Was geschah damals in Entebbe 1976 ?

Exkurs zur PFLP

Strategisch ist die Politik der PFLP von enormer Bedeutung. Nach unseren Kenntnissen versucht PFLP(e) sie immer dann Terror gegen Juden und Jüdinnen bzw. den Staat Israel und seine (vermeintlichen) 'Bündnispartner' auszuüben, wenn gerade beispielsweise die PLO Annäherungen in Gesprächen mit Israel oder den USA erreicht hatte! So war es auch 1976, als gerade erstmals eine Delegation von PLO- Vertretern(innen?) mit Abgeordneten des US-Repräsentantenhauses diskutierte - was die PFLP im Lager der PalästinenserInnen zu schwächen drohte [7]. Schiller [8] schreibt, daß es zu Beginn nur der Irak und Libyen waren, die jede Verhandlung, jede Kompromiß- oder Teillösung mit Israel ablehnten und die PFLP und andere Splittergruppen unterstützten. Die PFLP nahm im Laufe der Zeit eine zentrale Rolle ein, "sie war das palästinensische Sprachrohr innerhalb der Ablehnungsfront, das nun die führende Rolle der Fatah in der palästinenesischen Nationalbewegung und deren 'Kapitulationskurs' angriff." Und: "In gleicher Weise verschärften PFLP- Anschläge gegen zivile Ziele in Israel - bei der das im Vergeltungsschlag des jüdischen Staates verstärkte Krisenpotential von Anfang an einkalkuliert war die internationale Lage zwischen Israel und den Anrainerstaaten in jenen Phasen, in denen sich eine Annäherung und beiderseitige Bereitschaft zur friedlichen Konfliktlösung abzuzeichnen begann."

  • Ein Kommando der PFLP mit zwei RZ- Mitgliedern entführt am Sonntag, den 27. Juni 1976, ein Flugzeug mit 264 Passagieren, davon sind ca. 83 Israelis, nach Entebbe (Uganda).
  • Die Entführerinnen fordern die Freilassung von 53 Gefangenen, darunter 6 Leute der RAF, 2.Juni (Vieth, Reinders, Teufel, Hoppe, Raspe, Schubert). Die Gefangenen aus israelischen Gefängnissen sollen mit einer Maschine der Air France nach Entebbe geflogen werden.
  • Am Mittwoch 30.6. werden 47 Geiseln freigelassen und mit der Ermordung der restlichen 209 Geiseln gedroht.
  • Am Donnerstag 1.7. werden weitere 100 Geiseln freigelassen. Spätestens dabei wird ausgesondert, und da es eben auch Deutsche mitinitiiert haben, und Jüdinnen und Juden die Opfer waren, wurden also zum ersten Mal nach 1945 wieder Juden von Deutschen selektiert! - Der damalige israelische Verteidigungsminister, Peres, sagte dazu: "'Das Bild von einer deutschen Frau und einem deutschen Mann, die wieder einmal Pistolen auf wehrlose Juden hielten, konnte kein Israeli verwinden. " [4]
  • Dieser Vorgang "wurde im Communique der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) über Radio Kampala veröffentlicht. Laut der PFLP-Erklärung sollen nur israelische Staatsbürger und Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft in der Gewalt der Terroristen bleiben". [5]
  • Auf die Frage, wie die Terroristen die Geiseln ausgesucht hätten, die sie freilassen wollten, sagte ein Franzose: "Das ging am Donnerstag morgen alles ganz schnell. Sie kamen zu uns und sagten, wir sollten unsere Namen und Nationalitäten auf ein Blatt Papier schreiben. Dann überprüften sie die Liste und riefen die Namen von denen auf, die sie freilassen wollten. Ich nehme an, dass sie systematisch alle aussonderten, die Israelis waren' ." [6]
  • Am Freitag, den 2.7. handelte es sich offenbar nur noch um 83 jüdische Geiseln in der Gewalt der RZ/ PFLP. Nach widersprüchlichen Berichten wurden evtl. auch noch einige, bis zu 20, junge französische Geiseln und die Besatzung des Flugzeugs gefangen gehalten.
  • -Doch genau hier ist ein Beweis für die antisemitische Dimension [9] eine als Französin bezeichnete Geisel erzählt nach der Befreiungsaktion der israelischen Armee, daß sie und die Israelis von den restlichen Geiseln getrennt worden seien. Offensichtlich diente nur ihr Name zur Selektion: die Französin heißt Monique Epstein. Diese Lüge, es seien 'nur' israelische Bürgerinnen selektiert worden (was für ein 'nur'!!!), ist ein RZ/ Viehmann- Mythos vom 13.10.2000 in Bremen. Zumindest diese Französin mit jüdisch klingendem Nachnamen war ebenso Opfer der RZ/ PFLP- Aktion, wie die Leute mit israelischem Pass. [10]
  • "Weil alle Geiseln außer denen israelischer oder doppelter Staatsangehörigkeit freigelassen wurden und an diesem Freitag nach Paris ausgeflogen werden sollen, stellen sich die von allem Anfang an geäußerten Befürchtungen als richtig heraus, die Terrorgruppe wolle eine Selektion vornehmen und die Israelis schlechter behandeln als die anderen Geiseln (...) Die Vermutung, die israelischen Opfer der Entführung hatten ein schwereres Schicksal als ihre Leidensgenossen, war schon in der Nacht zum Donnerstag erhärtet worden, als die in Paris eingetroffenen, als erste in die Freiheit entlassenen Passagiere des französischen Flugzeugs übereinstimmend berichteten, die Israelis seien in Entebbe durch die Verbrecher abgesondert und in einen eigenen Raum gebracht worden. Angeblich werden sie von einem deutschen Mitglied der Terrorgruppe bewacht." [11] Wenn die FAZ- lnfo zutrifft war dieser Bewacher Wilfried Böse, der einer jüdischen Geisel, als diese ihm die auf seinen Arm tätowierte Nummer von Auschwitz zeigte, entgegnete, daß er doch Marxist sei und die Weltrevolution vorbereite und also kein Nazi. Der Überlebende sah in ihm einen Deutschen. [12]
  • Mehrere Geiseln bezeichneten die deutsche Entführerin als die schlimmste der Entführer- Clique: "'Sie war unmenschlich, diese Nazi-Frau', sagte (...) Arnold Hielf nach seiner Befreiung aus der Hand der Terroristen. 'Die anderen waren nicht so schlimm, aber sie schlug uns die Jarmulkas [13] vom Kopf herunter'." [14]
  • Am Sonntag, den 4. Juli 1976, wurden gegen 2 Uhr 30 von einem israelischen Spezialkommando, das mit Flugzeugen aus Israel geflogen kam, die Geiseln befreit, 3 Geiseln kamen ums Leben, 1 israelischer Offizier sowie die Entführerinnen und ca. 20 ugandische Soldaten (die mit den Entführern kooperiert hatten).

Reaktionen auf Entebbe:

Die konkret (damals schon Gremliza) verglich die Aktion der Israelis mit der deutschen Wehrmacht a la "Wüstenfuchs- Rommel- Masche". [15] Die internationalistische iz3w sprach von einem "imperialistischen Akt" Israels [16], der kommunistische ak (Arbeiterkampf) sprach von "Israel - eine Mörderzentrale in ständiger 'Notwehr'" [17] und betonte sein "freundschaftliches Verhältnis zur PFLP." [18] Im gleichen Heft werden die Solidaritätsbekundungen von MIR (Chile) und Lotta Continua (Italien) für die PFLP dokumentiert und der Spendenstand für die PFLP mit 31.521,68 DM angegeben. [19] Broder faßt die Reaktionen der BRD- Linken, wie sie auf ihn wirkten, zusammen: "Für mich waren solche Reaktionen schlimmer als die Entführung selbst, die man auf das Konto einiger Verrückter und Polit-Gangster schieben konnte .(...) An der Entebbe- Geschichte, die vor zehn Jahren, 1976, stattgefunden hat und inzwischen fast vergessen ist, Iäßt sich einiges mit exemplarischer Klarheit zeigen. Es passiert so gut wie nie, daß alle linken Gruppen, die am liebsten gegeneinander statt gegen den gemeinsamen Feind Imperialismus kämpfen, die sich normalerweise nicht mal auf eine gemeinsame Demo zum 1. Mai einigen können, es passiert so gut wie nie, daß alle linken Gruppen dermaßen ein Herz und eine Seele sind. Eine solch breite Einheitsfront hat es in keinem anderen Fall gegeben, nicht bei der 'Einschätzung' des sowjetischen Einmarsches in Afghanistan, nicht bei der Beurteilung der Lage im Iran unter Khomeini und auch nicht bei irgendeinem einheimischen Konflikt, sei es der Kampf gegen die Berufsverbote. oder die Einstellung zur Stadtguerilla. Der gemeinsame Nenner, auf dem diese Solidaritätsübung exerziert werden konnte, war das allen gemeinsame antijüdische Ressentiment, das als amalgamierende Masse funktioniert hatte. " [20]

Zum Antisemitismus in den RZ [21]

Aufgrund der dargestellten Tatsachen ist es für uns wichtig, genau von 'Selektion' zu sprechen. Den Vorwurf, der u.a. auf der Veranstaltung am 13.10. von Viehmann gemacht wurde, es würde damit ein inflationärer Gebrauch von NS- Termini unterstützt, ist eine Umdrehung des Geschehenen, denn: es passierte eben eine Trennung, bei der für die jüdischen Opfer nicht klar war, ob es um Leben oder Tod geht, mit durch Deutsche in der Herrschaftsposition. [22] Teile der RZ schafften es gerade mal 1991, sich von dieser "völkischen Selektion" [23] zu distanzieren, was aber ja wohl Klaus Viehmann heute, im Jahr 2000, schon wieder entschieden zu weit geht. [24] Damals reagierte die RZ mit Anschlägen auf Kinos, die den Spielfilm, der von der Befreiungsaktion der israelischen Armee in Uganda handelt, zeigen wollten. [25]

Der Antisemitismus aber wird von der RZ auch und gerade nach Entebbe weiterhin nicht thematisiert, Kritik wird als bürgerliche Hetze abgetan. [26] Auch daß Anschläge auf jüdische Institutionen [27] oder der Boykott [28] von 'jüdischen' Produkten in Deutschland Tradition hat, stört die RZ nicht. Denn sie kämpft ja auf der richtigen Seite, gegen die "neuen Antisemiten". Als 1991 sich Teile der RZ von der Solidarität mit 'Palästina' distanzieren und den Antisemitismus in der Linken thematisieren, reagiert der Rest mit Abwehr. Mit dem Satz: "Wer sich von den Kämpfen in den Drei Kontinenten entsolidarisiert, steht damit auf der gleichen Seite der Barrikade wie jene Kräfte, die sowohl offen wie verdeckt (...) Krieg gegen alle Völker des Trikonts führen" [29] werden die Kritikerinnen zu Feinden erklärt, mit deren Vorwürfen mensch sich wirklich nicht auseinandersetzen muß. Die Gruppe beschäftigt sich einzig mit Entebbe und geht ansonsten nicht weiter auf die inhaltlichen Punkte ein, die in dem Papier Gerd Albartus ist tot genannt werden, wie z.B. die Notwendigkeit eines Zufluchtsorts nach Auschwitz [30], der schwarz- weiß Malerei oder dem Fehlen einer gründlichen Reflexion nach Entebbe und der Aufarbeitung des Antisemitismus.

Nach Entebbe hatte die RZ offensichtlich sogar vor, einen Juden in Deutschland anzugreifen; mit keinem Wort wurde also auf der Veranstaltung erwähnt, daß die RZ, wie sie selber zugibt, vorhatte, Heinz Galinski, den damaligen Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Berlin, etwas anzutun. Das konnte damals wohl vor allem wegen Hans-Joachim Kleins Enthüllungen verhindert werden. [31]

Die RZ nahm damals so Stellung: "Mit uns als wirklichen Menschen, als real existierender, kämpfender Gruppe, mit den politischen Inhalten, mit der Logik der Stadt- Guerilla wird sich nicht auseinandergesetzt - z.B. Galinsky (!): ihr fahrt auf HJKs (Kleins, d.A.) Hoftorstory ab, statt zu überlegen, welche Rolle Galinsky (!) spielt für die Verbrechen des Zionismus, für die Grausamkeiten der imperialistischen Armee Israels, welche Propaganda- und materielle Unterstützungsfunktion dieser Typ hat, der alles andere ist, als nur jüdischer Gemeindevorsitzender', und: was man dagegen machen müßte und was man in einem Land wie unserem (sic! d.A.) dagegen machen kann. Ihr entzieht euch dieser politischen Auseinandersetzung und geilt euch auf an dem behaupteten (antisemitischen?) Faschismus der RZ und ihrer Hintermänner." [32] [33]

Projektion der deutschen Linken

Da wir schon des öfteren mit dem Begriff der 'Projektion' argumentierten und dieser bereits für den Referenten Klaus Viehmann Anlaß zu einer spielerischen Abwehr auf der Veranstaltung führte (siehe oben), soll eine nähere Betrachtung die Möglichkeit eröffnen, den oben beschriebenen Sachverhalt analytischer fassen zu können.

Freud stellte fest, daß ein "Reizschutz" nur gegenüber den äußeren Sinneswahrnehmungen, nicht aber gegen innere emotionale Regungen möglich ist. Wenn nun innere Empfindungen zu stark und insbesondere für das Individuum unbewältigbar scheinen, "wird sich die Neigung ergeben, sie so zu behandeln, als ob sie nicht von innen, sondern von außen her einwirken, um die Abwehrmittel des Reizschutzes gegen sie in Anwendung bringen zu können. Dies ist die Herkunft der Projektion". [34]

Laplanche/ Pontalis hierzu: "Die Projektion erscheint so als das ursprüngliche Abwehrmittel gegen die inneren Reize, die durch ihre Intensität zu unlustvoll sind: das Subjekt projiziert sie nach außen, was es ihm erlaubt, ihnen zu entziehen". [35] Die 'klassische' Psychoanalyse umschreibt damit einen Umstand, indem eigene Wünsche, Ängste, etc., die aufgrund gesellschaftlicher oder individueller Verbote nicht ausgelebt werden dürfen, auf andere übertragen werden, vom Inneren des Subjekts auf ein Äußeres. Das verbotene und unlustvolle Eigene erscheint durch die Projektion als schlechte Eigenschaft beim Anderen und das Subjekt hat die Möglichkeit, sich selbst als gut wahrzunehmen.

Die Logik dieser Projektion besteht darin, daß sie überhaupt nicht enden kann, weil sie in keinster Weise die Ursprünge oder gar die Strukturen in Angriff nimmt. Außerdem verschärft sich die Projektion zwangsläufig im Laufe sozialer Auseinandersetzung des Subjekts mit dem Außen, wenn der fehlende Verarbeitungserfolg die Projektionsleistungen zum ausweglosen Zwang werden läßt, so daß das Mittel sich selbst Zweck wird. Der logische Endpunkt dieser Entwicklung: Haß.

Im Antisemitismus kann dabei der vermeintliche Wunsch nach Glück und Freiheit, den die Menschen nicht verwirklichen können, auf 'die Juden' projiziert werden.

Horkheimer/ Adorno in ihren "Elementen des Antisemitismus" zum Haß, der dabei entsteht, ausführlich: "Gleichgültig wie die Juden an sich selber beschaffen sein mögen, ihr Bild als das des Überwundenen, trägt die Züge, denen die totalitär gewordene Herrschaft todfeind sein muß: des Glückes ohne Macht, des Lohnes ohne Arbeit, der Heimat ohne Grenzstein, der Religion ohne Mythos. Verpönt sind diese Züge von der Herrschaft, weil die Beherrschten sie insgeheim ersehnen. Nur solange kann jene bestehen, wie die Beherrschten selber das Ersehnte zum Verhaßten machen. Das gelingt ihnen mittels der pathischen Projektion, denn auch der Haß führt zur Vereinigung mit dem Objekt, in der Zerstörung, er ist das negativ der Versöhnung. Versöhnung ist der höchste Begriff des Judentums und dessen ganzer Sinn die Erwartung; der Unfähigkeit zu dieser entspringt die paranoische Reaktionsform. Die Antisemiten sind dabei, ihr negatives Absolutes aus eigener Macht zu verwirklichen, sie verwandeln die Welt in die Hölle, als welche sie sie immer schon sahen." [36]

Die historische Tradiertheit des Antijudaismus und die den modernen Antisemitismus kennzeichnende Denkform über Juden und Jüdinnen [37] erlauben diese Projektion und ermöglichen es dem einzelnen Subjekt, speziell in Deutschland, sich in die nationale Gemeinschaft einzuordnen. Die Widersprüche in sich selbst und der Gemeinschaft können in ein glattes Gut- Böse- Schema eingeebnet werden, ohne deswegen auf Kritik oder Ablehnung zu stoßen.

Auch nach 1945 wirken die Bedürfnisse, die eigenen Person als ausschließlich gut wahrzunehmen, stark zu sein und sich mit etwas identifizieren zu können, fort; und auch die Bilder und Vorstellungen, die weitergegeben werden, unterscheiden sich nicht plötzlich von denen der Jahre zuvor. Aber Auschwitz steht einer positiven Identifikation mit der eigenen Geschichte und damit auch dem eigenen Umfeld und der eigenen Person entgegen. Heute ist es die Verstrickung des Subjekts in Schuld, die dem Subjekt Probleme bereiten, diese nun auszulagern ist wesentlich einfacher, als sich damit zu befassen. Es gilt Auschwitz als besondere deutsche Tat mittels des sekundären Antisemitismus abzuwehren und einzufügen in ein Weltbild, durch das die eigene Gemeinschaft und die eigenen Werte nicht in Frage gestellt werden brauchen.

In diesem Lichte betrachtet erscheint das "Wir-sind-die-Guten - ihr-die-Bösen" [38] bei den Linken, als die Art und Weise der Abwehr, sich ein kritikables Eigenes überhaupt nicht zuzulassen. Der Kern eines jeden, linken Subjekts ist und bleibt wesenhaft rein. Weil ein Anflug der Ahnung eigener 'Schlechtheit' mich tiefst an meinem 'guten', inneren Wesen' so sehr stört, ist die Projektionsleistung auf den anderen um so verhärteter.

Der Antizionismus war (und ist) eine Möglichkeit für die radikale Linke, sich von ihrer erahnten Verstrickung mit Schuld zu befreien ohne ihre sonstigen Inhalte aufgeben zu müssen. Gleichzeitig zeigt er, als eine andere Spielart, daß die antisemitische Wahrnehmung von 'den Juden', als Denkform mit den spezifischen Bildern des 'Wurzellosen', 'Abstrakten' und 'Parasitären' auch bei Linken vorhanden ist und eben durch die Abwehr des eigenen Schlechten sogar in die Möglichkeit eines Vernichtungswunsch umschlagen kann.

Die Rede vom "revolutionären Zorn", der die Authentizität unserer 'tapferen Ritter' im Untergrund darstellen sollte, die ihren Wesenskern freigemacht haben und nicht anders können als diesen Zorn blind den Verantwortlichen um die Ohren zu schlagen, zeigt sich nun aber als jene Attitüde, als jener Hass (den Horkheimer/ Adorno beschreiben) am Ende einer verstockten Unfähigkeit zur Selbstkritik, an deren Ende ein antisemitisches Stereotyp steht: "Solcherart wird der Antisemitismus, was er seit der Aufdeckung des Nazi-Schreckens nicht mehr war, nicht hat sein können: ehrbar. " [39]

Um die Dynamik, die durch den Antizionismus in Gang gesetzt wird, deutlicher kennzeichnen zu können, haben wir die Projektionsleistung in zwei Aspekte aufgeteilt, auch wenn diese gleichzeitig auftreten.

Die Schuldbefreiung der Nachkommen der Täter/ Mitläufer durch den Antizionismus

Um nicht mehr mit der Schuldfrage konfrontiert zu werden ist es für die Linke zuerst einmal wichtig, nicht auf der falschen Seite zu stehen. Obwohl für sie dabei oft schon die Bezeichnung links ausreicht, dies zu belegen, scheint dies im Bezug auf die Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden noch nicht ganz zu genügen. Mit der Solidarität mit dem 'palästinensischen Volk' kann dies jedoch paradoxerweise erreicht werden. Vorbedingung ist die Sicht, daß Israel als neuer "faschistischer" Aggressor angesehen wird, der die PalästinenserInnen "vernichten" will, wie die Nazis die Juden (siehe Schuldumkehr unten). Die Linke kann sich nun durch ihre Solidarität zu den PalästinenserInnen mit den positiven Attributen des widerständigen Volkes, das auf der richtigen Seite steht, identifizieren. Die besten Attribute waren dabei nicht nur die Opferrolle der PalästinenserInnen, sie erwiesen sich "zudem als die 'besseren Juden' - sie leisteten Widerstand. So war endlich eine Gelegenheit gegeben, sich mit den 'Juden' und mit ihrem Widerstand zu identifizieren. Der Kampf gegen den Zionismus verwandelte sich in den lang ersehnten Kampf gegen die Nazi-Vergangenheit - Befreit von Schuld". [40] Nur so konnte der selbsterklärte 'Antifaschismus' in einem Elan gipfeln, wie es auch die Schwarzen Ratten - Tupamaros Westberlin über die Projektionsfläche Palästina vermochten, als sie mit ihrer Aktion den ersten militanten Angriff auf eine jüdische Einrichtung in Deutschland nach 1945 begingen und diesen folgendermaßen begründeten: diese Aktion sei "nicht mehr als rechtsradikaler Auswuchs zu diffamieren, sondern ein entscheidendes Bindeglied internationaler sozialistischer Solidarität. Das bislange Verharren der Linken in theoretischer Lähmung bei der Bearbeitung des Nahostkonflikts ist Produkt des deutschen Schuldbewußtseins. (...) Die neurotisch- historizistische Aufarbeitung der geschichtlichen Nichtberechtigung des israelischen Staates überwindet nicht diesen hilflosen Antifaschismus." [41]

Diese Schuldbefreiung hatte eine politische und selbstbeweihräuchernde Schlagkraft; denn sie konnte auftreten mit dem "'Pathos des doppelt reinen Gewissens' - nachgeboren und links", [42] und das eben nur in Deutschland. Dabei wurde ausdrücklich betont, das nun (seit dem sechs- Tage- Krieg 1967 [43]) nicht mehr ein Schuldgefühl der Deutschen im Mittelpunkt stehen sollte.

Dabei scheint es jedoch nicht immer nur um die eigene persönliche Verstrickung (zu den Eltern und Großeltern) zu gehen, sondern um mehr: um das deutsche Volk, denn dieses ist das Agitationspublikum der Sozialrevolutionäre. Sich auf ein Volk zu beziehen, das den NS und den Antisemitismus mitgetragen, ja sogar gewollt hätte, fällt den radikalen Linken schwer, weswegen sie sich auch der von Bürgerlichen benutzten Abwehrmechanismen bedienen. Die Deutschen werden dafür als Opfer der NationalsozialistInnen dargestellt und somit als Volk rehabilitiert und von Schuld befreit. Die RAF geht sogar noch weiter, wenn sie die Besatzung durch die USA mit den NationalsozialistInnen gleichstellt. Denn sie war zuversichtlich, daß die Bundesdeutschen die Sicherheitskräfte bei der Fahndung nach Terroristen nicht unterstützen würde, weil sie "mit den Verbrechen des amerikanischen Imperialismus und ihrer Billigung durch die herrschende Klasse hier nichts zu tun haben wollten. Weil sie Auschwitz, Dresden und Hamburg nicht vergessen haben. " [44]

Auch die Abwehr einer phantasierten Kollektivschuld, die ja angeblich allen Deutschen vorgeworfen würde [45], wird von linken aufgenommen. So spricht z.B. Paech (ein BRD- Linker) davon, daß er endlich "von der Aura der Kollektivschuld" [46] erlöst wurde, als er Mitte der 60er nach Israel fuhr und dort das leid der PalästinenserInnen sah. Denn nun konnte er aus dem 'Schatten Hitlers' heraustreten. Von den eigenen Schuldgefühlen wurde er deswegen befreit, weil er erkannt zu haben meinte, daß die Israelis genauso schlimm seien wie die Deutschen. Und gerade durch die eigene Vergangenheit meinte er nun besonders berechtigt zu sein, den Israelis das 'richtige' Vorgehen zu zeigen. Denn er könne nicht "als Konsequenz aus den Verbrechen der Generation vor uns (..) schweigen, wenn die Überlebenden, ihre Kinder und Enkel, Menschenrechte anderer verletzen." [47]

Was in dieser sprachlichen Gleichsetzung schon deutlich wird, trifft sich mit dem nächsten Aspekt der Projektion.

Schuldumkehr durch Verharmlosen des NS und Ablehnung des Staates Israels

Auch die RZ hat sich durch eine solche sprachliche Gleichsetzung des Staates Israel und dem Nationalsozialismus hervorgetan. [48] So schreibt sie 1975: "die Zionisten haben unheilvolle Lehren aus ihrer Verfolgung gezogen; sie haben gut gelernt und verfolgen, unterdrücken, vertreiben, beuten die Palästinenser heute aus, wie sie einst selbst verfolgt wurden." [49] In der Analogie verschwindet die Singularität von Auschwitz, die Deutschen brauchen sich ihrer Verbrechen nicht mehr so sehr zu schämen, da doch ihre Opfer auch nicht besser seien. Die RZ setzt Jüdinnen und Juden in ihrer Gesamtheit als Zionisten gleich und macht sie als Täter aus. Für den palästinensischen Staat kämpft die RZ, der israelische dagegen soll verschwinden. Es wird davon ausgegangen, daß eine historisch genaue Betrachtung ein Verstehen der Situation im Nahen Osten nicht verbessern, sonder verschlechtern würde.

Die Opfer werden zu Tätern gemacht und gerade weil die Linke 'den Faschismus' ablehnt und daraus gelernt zu haben glaubt, meint sie nun wieder ungehemmt gegen Jüdinnen und Juden vorgehen zu dürfen, bzw. zu müssen. Auf die Schuldumkehr folgt der Ruf nach einem Vorgehen gegen 'die Täter', wie es in den antizionistischen Aktionen der RZ auch passiert ist. Hört mensch genauer hin, wie 'die linke' ihren 'neuen (alten [50]) Feind' beschreibt, so wird deutlich, daß bei der Charakterisierung des Staates Israels wieder die alten antisemitischen Stereotype benutzt werden. Entscheidend ist, das die radikale Linke der BRD zwischen 'natürlichen Völkern' und 'künstlichen Gebilden' unterscheidet. Israel wird als 'zionistisches Staatsgebilde' bekämpft, während das palästinensische 'Volk' als mit dem Boden Palästinas verwurzelt betrachtet wird.

Damit ist die antizionistische linke eben jener Neuen Rechten um Längen voraus: "Der antizionistische Export des NS nach Israel, die Rede von einer 'ideologischen Verwandtschaft zwischen dem Antisemitismus des NS-Faschismus und dem Zionismus' (Nahostgruppe Freiburg) (...) - all das verdrängt den NS derart unverfroren und arbeitet so schamlos an der Exkulpation [Entschuldigung, Reinwaschung; d.A.] der deutschen Nation und der Restituierung des deutschen Nationalgefühls wie es noch nicht einmal die Nolte & Co wagen würden: Israel, dessen Existenz allein schon die Erinnerung an Auschwitz wachhält, steht dem Bedürfnis nach deutschem Nationalgefühl im Wege." [51]

So verbalradikal auch immer sich die Linken darstellen, die vehemente Abwehr schon des Begriffs, Nationalsozialismus' scheint doch mehr als nur oberflächlich zu sein. Denn in der tendenziellen Gleichsetzung aller faschistischen Diktaturen Westeuropas oder gar weltweit verschwimmt jede deutsche Spezifik und die Shoa erscheint höchstens als größtes und heftigstes aller Pogrome. "Diese Art von Analyse (...), lieber vom Faschismus als vom Nazismus zu sprechen" kommt zum "Ergebnis (...), daß die Vernichtungslager entweder als bloße Beispiele imperialistischer (oder totalitärere Massenmorde (erscheinen, d. A.) oder unerklärbar (bleiben; d. A.)". [52]

Und es bedarf eben genau dieser Attitüde, NS-Deutschland mit historischen Beispielen des Faschismus in Italien und Spanien gleichzusetzen, um mit einer sogenannten Analyse des heutigen Kapitalismus nicht, wie es angemessen wäre, die Logizität von Ausbeutung der Metropolen über den Trikont darstellbar zu machen, sondern um einen außergewöhnlich hohen Handlungsbedarf gegen all die Ungerechtigkeiten jener Länder zu signalisieren, die es am meisten 'verdient' haben. "Doch kein anderer Staat löst unter den Linken - von den k-Sekten bis zur RAF, von den Palästina- Gruppen bis zu den Grünen - , so prompt die Assoziation 'Faschismus' aus wie Israel". [53]

"Juden wird weniger erlaubt als anderen, aber es wird ihnen mehr zugemutet". [54] Denn, so unsere Frage, warum sollte gerade an Israel die Eigenschaft mit Anschlägen geahndet werden, daß es "mit so ziemlich allen Militärjuntas der Welt kooperiert und ihnen Waffen geliefert hat"? [55]

Was eben die völlige Verkennung dessen, was in Auschwitz geschehen ist, zur Konsequenz hat; daß gerade Juden und Jüdinnen die Opfer des deutschen Antisemitismus waren, wird als dummer historischer Zufall gewertet, der Antikommunismus der NSDAP hervorgehoben und somit die Eigen- Stilisierung zum Opfer vorangetrieben. Die Reflexionslosigkeit in den Kindern der deutschen Täterinnen selbst kommt zu sich selbst. So, wie die verkürzte Kapitalismuskritik nicht mehr zwischen Nazismus und Faschismus oder zwischen Auschwitz und der Industrie- und Handelskammer der BRD unterscheiden kann und will, schrumpft Geschichte und der Begriff von Antisemitismus im Gerede von der "Endlösung" von Raspe, Ensslin, Baader und Möller [56] zum Nullpunkt. Die aggressiv abgewehrte Schuld zielt auf die Sehnsucht, selbst von den Nazis ermordet werden zu wollen. Dieses Geschwätz kommt vor lauter Solidaritätsverkrampfung zur totalen Identifizierung mit den Opfern der Shoa in totaler Ablehnung und Verhöhnung dieser. Hier wird der Wunsch eines jeden/r radikalen Linken deutlich, so mutig wie die HeldInnen im Untergrund zu sein und gleichzeitig sich der Möglichkeit voll hingeben zu wollen, Opfer absolut zu sein [57]: Form ohne Inhalt, Attitüde total.

"Dauerrepräsentation unserer Schande" - linker Antizionismus nach Walser

"Wenn Ignatz Bubis Martin Walser 'geistige Brandstiftung' oder 'latenten Antisemitismus' vorwirft, dann ist ein Tiefpunkt erreicht, auf den man eigentlich nur noch mit Schweigen reagieren kann." [58]

Wir können hier nicht die antisemitische Rede Walsers und die Reaktionen darauf darstellen [59], wollen jedoch auf den im Zitat angesprochenen Punkt etwas näher eingehen. Wie weit liegt Viehmanns und dem Rest des Podiums und des Publikums Schweigen von dem in der FAZ geforderten entfernt?

Erstmal ist doch bemerkenswert, vor allem vor dem Hintergrund, daß gerade die radikale Linke dafür steht, mitunter lange, nächtliche Sitzungen zu halten, um Kniffliges doch noch zu diskutieren, an dem Punkt

"Antizionismus als Problem deutscher Linker" zu schweigen beginnt. [60]

Die Antizionisten sagen seit 1967 in ständig wiederkehrender Art und Weise, daß die Juden aus Auschwitz nichts gelernt hätten, und sich heute in Israel (und anderswo, also auch in der BRD) aufführten wie damals die Nazis. Die Tupamaros Westberlin, die Bewegung 2. Juni [61], die RAF und eben auch die RZ meinen das auch.

Daß die Rechtfertigung der Aktion Entebbe durch die RZ mit dem Vergleich von Nazi- Deutschland und Israel [62] am Beispiel von sog. Propagandafilmen) und der geplanten Aktion gegen Heinz Galinski einen weiteren, antisemitischen Höhepunkt erfährt, dazu habt ihr auf der Veranstaltung geschwiegen. [63]

Wenn Bubis als Immobilien- Makler in den 70er Jahren für diesen Beruf gerade als Jude angegriffen wurde, so sprach das damals für ein beginnendes Revival des Antisemitismus von links. Heute wird Walsers Antisemitismus von autonomen Hamburger Radiomacherinnen sekundiert, wobei letztere gegen den "Persilschein", den Ignatz Bubis für sich einfordere, angehen. [64] Schon die sprachliche Verwendung von 'Persilschein' erinnert sofort an das Eingliedern ehemaliger PGs (Parteigenossen der NSDAP) in das nicht nur parlamentarische und judikative Leben. Bubis fordere also eine besondere Behandlung ein, wie seinerzeit die Nazis. Daß Bubis also nicht nur aufgrund der berechtigten Angst vor neonazistischen Anschlägen in Israel beerdigt werden wollte, sondern auch vor dem Hintergrund solch antisemitischer Radioten keine Unterstützung von links im Kampf gegen den Antisemitismus in der BRD zu sehen vermochte, ist mehr als verständlich.

Als letztes Beispiel sei - der Aktualität halber - noch auf das antizionistische Gedicht "Höre Israel" von Erich Fried hingewiesen, das zu Beginn der erneuten Unruhen dieses Jahres im Nahen Osten in der Universität in Bremen hing.

Auch in diesem Gedicht werden die Israelis mit den Nazis verglichen.

Wir haben in unserem Text versucht, zu hinterfragen, warum gerade Israel das Objekt der Begierde links- deutscher Projektion war und heute wieder ist.

Mit Jean Amery kommen wir zum Schluß, daß mit dem linken Antizionismus der Antisemitismus wieder ehrbar wurde.

Daß wir uns dabei an den Revolutionären Zellen abgearbeitet haben, ist klar: sie war (und ist) offensichtlich die beliebteste Stadtguerilla- Fraktion hierzulande.

Bei der Veranstaltung vom 13.10 2000 zeigte sich für uns, daß es um einen love-song über knapp 30 Jahre Stadtguerilla in der BRD ging.

But: "We dont like your love-song."

(Literaturliste)

MAIL
http://www.freilassung.de/div/texte/rz/melange.htm