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Gegen den Schlussstrich

Zwangsarbeit in NAZI Deutschland

Deutsche Firmen haben mit dem Einsatz von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in den Jahren 1939-1945 einen zusätzlichen Gewinn von mindestens 60 Milliarden DM gemacht. Fast ausnahmslos und in aller Öffentlichkeit beteiligten sich Betriebe aus Industrie, Landwirtschaft, Handel und öffentlicher Verwaltung an dieser brutalen Ausbeutung, ohne die der Krieg spätestens im Jahre 1941 beendet gewesen wäre.

Über 5o Jahre lang weigerten sich die Firmen mit Unterstützung aller Bundesregierungen, über eine Entschädigung auch nur zu reden. Auch ist nicht bekannt geworden, daß sich Betriebsräte und Gewerkschaften öffentlich und nachdrücklich für eine Entschädigung eingesetzt hätten.

Erst 1999 haben sich unter internationalem Druck Unternehmen und die Bundesrepublik bereit erklärt, 10 Milliarden DM zu zahlen. Der Anteil der Unternehmen von 5 Mrd. DM ist zu ca. 50% steuerlich absetzbar. Trotz Milliarden - Gewinnen zahlen sie effektiv nur 2,5 Mrd. DM.

Kurze Darstellung des Systems der Zwangsarbeit am Beispiel polnischer und sowjetischer ZwangsarbeiterInnen

"Die Beschäftigung von Ostarbeitern in der deutschen Landwirtschaft ist eine natürliche historische Erscheinung. Sie haben schon immer so gearbeitet und tun dies sogar heute." Mit diesen Worten ließ sich der Beauftragte der Bundesregierung, Otto Graf Lambsdorff, bei den Verhandlungen über Entschädigungszahlungen deutscher Konzerne an ehemalige Zwangsarbeiter vernehmen. Es spiegelt sich darin die Schamlosigkeit deutscher Politiker wieder, die der von den Nazis geübten "Anwerbe"praxis von Arbeitskräften den Anschein von Freiwilligkeit geben, um die Ansprüche der Opfer möglichst gering zu halten.

Historisch gesicherte Erkenntnis ist jedoch, daß die Nazis schnell zu der Einsicht gelangten, daß Arbeitskräfte in ausreichender Zahl auf freiwilliger Basis weder im Osten noch im Westen zu bekommen waren. Um den arbeitsfähigen Teil der deutschen Bevölkerung zu ersetzen, der an den Kriegsfronten für die Durchsetzung der faschistischen Herrschaft in ganz Europa kämpfte, griffen sie in den besetzten Ländern zu immer brutaleren Methoden der Zwangsrekrutierung, was schließlich für Millionen Frauen und Männer mit ihrer Deportation ins "Deutsche Reich" endete.

Deutsche Arbeitsverwaltungsbehörden waren nach Kriegsbeginn mit der einmarschierenden Wehrmacht nach Polen gekommen, auf deren Aktivität hin bis Ende 1939 40.000 polnische Landarbeiter für den Arbeitseinsatz ins "Reich" gebracht wurden. Diese, für die deutschen Ansprüche unbefriedigende Ausbeute erhöhte sich im selben Jahr um 300.000 polnische Kriegsgefangene, die in die deutsche Landwirtschaft gepresst wurden. Im Januar 1940 erging eine Anordnung des dt. Generalgouverneurs in Polen, wonach die Bereitstellung von 1 Mio Land- und Industriearbeitern gefordert wurde zur Sicherstellung der landwirtschaftlichen Produktion und als Ersatz für fehlende Industriearbeiter. Da eine solche Zahl mit herkömmlichen Anwerbemethoden kaum zu erreichen war, wandten die Deutschen brutale Zwangsmaßnahmen an:

In Stadtteilen und Städten wurden Razzien durchgeführt, Kinos und Schulen umstellt, um der arbeitsfähigen Bevölkerung habhaft zu werden, und gegen ganze Dörfer Repressalien verhängt, deren BewohnerInnen sich dem verordneten Arbeitseinsatz durch Flucht entzogen. Bis Ende Juli 1940 wurden auf diese Weise weitere 310.000 polnische "Zivilarbeiter" zur Arbeit nach Deutschland gebracht.

Dort erwartete sich die Unterbringung in sog. "Polenlagern", Arbeitslagern und bei Arbeitsverweigerung ihre Einweisung in ein "Arbeitserziehungslager". Woran man sich heute nicht mehr erinnern mag: Daß die polnischen ArbeiterInnen allen erdenklichen rassistischen Diskriminierungen ausgesetzt waren, indem sie ein "P" sichtbar an ihrer Kleidung tragen mußten, es ihnen verboten war, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen oder Badeanstalten zu besuchen. Sie durften den Ortsbezirk, in dem sie eingesetzt waren, nicht verlassen. Der Umgang von Polen mit Deutschen war strengstens verboten

und wurde mit brutalen Mitteln verfolgt. Hierzu stand jedem deutschen Betriebsführer ein "Züchtigungsrecht" zu - es sind Berichte über öffentliche Hinrichtungen polnischer ZwangsarbeiterInnen bekannt, die beschuldigt wurden, sexuelle Kontakte zu Deutschen gehabt zu haben. Ihr Lohn richtete sich nach dem niedrigsten Tariflohn eines deutschen Arbeiters, wovon sie an den NS-Staat zusätzlich noch eine 15%igen "Sozialausgleichsabgabe" abzuführen hatten.

Infolge des Blitzkrieges im Mai/Juni 1940 dehnte sich der deutsche Einfluß auch in südlicher und westlicher Richtung aus, von den Niederlanden bis nach Italien sicherte er dem dt. "Reich" ein schier unerschöpfliches Arbeitskräftereservoir. Damit beruhten die Wirtschaftskraft und die Kriegswirtschaft des NS-Staates zu einem erheblichen Teil auf der erzwungenen Arbeitsleistung von Millionen ausländischer Menschen, die als "ZiviliarbeiterInnen" und als Kriegsgefangene in Konzentrations- und Arbeitslager verschleppt wurden. Nachdem ein schneller Sieg über die Sowjetunion nicht mehr zu erwarten war, und die Deutschen sich auf einen längeren Abnutzungskrieg einzustellen begannen, beschleunigte sich der Prozeß der Zwangsrekrutierung mit atemberaubender Geschwindigkeit.

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Vernichtung durch Arbeit

Während die Züge mit Millionen jüdischer Menschen und mit Sinti und Roma aus ganz Europa in die Vernichtungslager rollten, entstand in Nazideutschland aufgrund des sich hinziehenden Krieges und dem daraus resultierenden Arbeitskräftemangel von 1941 an ein riesiger Arbeitskräftebedarf. Im ersten Halbjahr 1943 forderte die dt. Kriegswirtschaft 1,5 Mio Arbeitskräfte. Da die jüdischen Menschen ebenso wie Sinti und Roma zur Vernichtung bestimmt waren, bliebe ihre Verwendung als Arbeitskräfte im Wesentlichen auf die SS-eigenen Unternehmen und die KZ-nahen Betriebe der Privatwirtschaft (z. B. IG Farben, SIEMENS-Schuckert, Krupp,...) beschränkt, wo sie, wenn sie nicht schon vorher an Erschöpfung starben, der sichere Gastod erwartete. Als das Nazi-Regime im Nov. 1941 die Entscheidung traf, der dt. Wirtschaft massenhaft sowjetische "Zivilarbeiter" und Kriegsgefangene zuzuführen, wurden in der Folge jüdische KZ-Häftlinge sogar aus kriegswichtigen Industrien herausgezogen, womit für diese keinerlei Hoffnung mehr bestand, sich vor dem fabrikmäßig organisierten Genozid zu retten.

Arbeit als Kriegsbeute

Die weitaus größte Gruppe der "Zivilarbeiter" und eingesetzten Kriegsgefangenen bildeten nach Staatsangehörigkeit: Frauen und Männer aus der Sowjetunion und Polen, gefolgt von Italien und Frankreich, Belgien und den Niederlanden. In den von der dt. Wehrmacht besetzten Teilen der SU gingen die an der Zwangsrekrutierung von Arbeitskräften beteiligten Behörden (Arbeitsverwaltung, Wehrmacht, SS) mit unbeschreiblicher Brutalität vor. Männer, Frauen und Jugendliche wurden auf Märkten und öffentlichen Veranstaltungen buchstäblich eingefangen. Wer sich widersetzte wurde erschossen. Wo Gemeinden der Aufforderung zur "Bereitstellung" von Arbeitskräften nicht nachkamen, wurden ganze Dörfer niedergebrannt.

Im August 1944 zählte Nazideutschland 5,7 Mio. ausländische "ZivilarbeiterInnen" - darunter fast 2 Mio. Frauen - und fast 2 Mio. Kriegsgefangene. Das bedeutet: An die 7,7 Mio Menschen, deren Arbeitskraft bis zur Erschöpfung ausgepresst wurde, schufteten für die Deutschen, um die Versorgungslage der dt. Bevölkerung noch bis in die letzte Kriegsphase hinein aus hohem Niveau zu erhalten. Ohne den massenhaft erzwungenen Arbeitseinsatz all dieser Menschen hätte der Krieg nach 1941 nicht mehr fortgeführt werden können. Die ZwangsarbeiterInnen waren v. a. in der Landwirtschaft, Metallindustrie, dem Bergbau und der Bauindustrie beschäftigt. Auch Branchen wie Textil und Bekleidung, Handel und Banken, Druck und Verkehr profitierten von der billigen bis unentgeltlichen Ausbeutung.

Herrenmenschen - Untermenschen

Das System der Zwangsarbeit funktionierte auf der Basis eines umfassenden Kontroll- und Repressionsapparates, an dem bei 14 Millionen ZwangsarbeiterInnen bis Kriegsende 10.000e von Deutschen als Lagerführer oder Werkschutzmänner, als Bürokraft oder Küchenleiterin oder als Beschäftigte in der jeweils beteiligten Bürokratie wie z. B. Justiz, Polizei, Verwaltung aktiv mitgewirkt haben. Die Einbindung weiter Teile der dt. Bevölkerung in das enggeknüpfte faschistische Lagersystem konnte nur auf der Basis eines tief verwurzelten Rassismus und Antisemitismus funktionieren.

Das Prinzip "Herrenmensch"-"Untermensch" war in der Praxis überall sichtbar. Gemäß der nationalsozialistischen Rassenideologie, der zufolge "der Russe" "rassisch wertlos" war, befanden sich die sog. "Ostarbeiter" (offiz. Bezeichnung für SowjetbürgerInnen) auf der untersten Stufe der rassistischen Hierarchie und lebten und arbeiteten und den elendsten Bedingungen. Sie mußten den Aufnäher "Ost" tragen. Ihre Unterbringung erfolgte in geschlossenen Barackenlagern, umzäunt und nach Geschlechtern getrennt. Sie wurden durch Werkschutz, Bewachungsfirmen und dt. Arbeiter als Hilfwerkschutzpersonal bewacht. Die Bewachung weiblicher sowjet. Zwangs-arbeiterinnen wurden ebenfalls von Männern durchgeführt. Die Lagerleitung hatte der "Abwehrbeauftragte" des jeweiligen Betriebes inne. "Verfehlungen" unterlagen einem differenzierten Bestrafungssystem: Essensentzug, Arrest, Prügelstrafe durch Lagerleitung und Gestapo waren die üblichen Methoden, Gehorsam zu erzwingen bis hin zur Einweisung in ein Arbeitserziehungs- oder Konzentrationslager. Die Todesstrafe wurde bei sowjet. wie polnischen ZwangsarbeiterInnen gleichermaßen angewandt bei sog. "Kapitalverbrechen", polit. Delikten und sexuellen Kontakten zu Deutschen. Die sanitäre und gesundheitliche Lage in den "Ostarbeiterlagern" war unbeschreiblich: "Ostarbeiterinnen" lagen auf Betten ohne Matratzen, den nackten Stahlfedern und mußten unter diesen Bedingungen entbinden. Seuchen wie Tuberkulose oder Typhus grassierten unter den LagerinsassInnen, während es den Ärzten der Betriebskrankenkassen verboten war, Medikamente an "OstarbeiterInnen" zu verabreichen. Nach einem Inspektionsbesuch verschiedener Lager in Berlin schreibt ein Beamter des Auswärtigen Amtes in seinem Bericht: "...Die Erkrankten werden mit Schlägen gezwungen, ihrer Arbeit nachzugehen. (...) So werden z. B. Frauen mit genagelten Brettern ins Gesicht geschlagen. Männer und Frauen werden wegen leichtesten Vergehens nach Ablage der Oberbekleidung im Winter in betonierte kalte Kerker gesperrt und ohne Essen gelassen. (...) Es entzieht sich meiner Kenntnis, aus welchen Gründen die dt. Stellen eine große Anzahl Kinder aus den besetzten Ostgebieten nach Deutschland 'importieren'. Es steht jedoch fest, daß sich zahlreiche Kinder von 4 bis 15 Jahren in den Lagern befinden, und daß sich in Deutschland weder Eltern noch sonstige Verwandte besitzen. Daß diese Kinder für deutsche Kriegsziele wertlos sind, ist offensichtlich."

Sowohl im Ruhrbergbau wie auch in der Bau- und Metallindustrie war die Erkrankungs- und Todesrate unter den sowjetischen ZwangsarbeiterInnen aufgrund mangelnder Ernährung und fehlender medizin. Versorgung besonders hoch. Dies Ausbeutung der Arbeitskraft glich hier wie in den Konzentrationslagern der "Vernichtung durch Arbeit".

Auch heute leidet die Mehrheit der ehemaligen ZwangsarbeiterInnen unter gesundheitlichen Spätfolgen ihres "Arbeitseinsatzes" für Nazideutschland.

Dadurch daß die ZwangsarbeiterInnenlager oft in den Innenstädten und in der Nähe der großen Fabriken lagen, waren deren InsassInnen den Bombenangriffen der Alliierten schutzlos ausgeliefert. Man überließ sie einfach ihrem Schicksal, denn es war ihnen verboten, die Luftschutzbunker zu betreten.

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