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Übersicht: schriftliches
Urteil
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3) Der Zeuge Mousli hat den Angeklagten H.
und Lothar E. so, wie festgestellt, belastet. Im Ermittlungsverfahren
aber, so hat der Zeuge bekundet, erwähnte er zwar bei seinen
ersten Vernehmungen ihre Namen, wollte jedoch seinen besten Freund
Lothar E. nahezu gänzlich und dessen Freund und Arbeitskollegen
Axel H. zunächst weitestgehend heraushalten. Er, der in strafrechtlichen
Dingen Unerfahrene, glaubte, dieses Ziel unter anderem mit vagen
Andeutungen und vermeintlichen Vermutungen zu dem Waffen- und Sprengstoffdepot
im Mehringhof erreichen zu können. So hat er eingeräumt
gesagt zu haben, Axel H. könne als Unterstützer der Berliner
RZ angesehen werden, müsse nicht Mitglied einer illegalen Gruppe
gewesen sein, und in einer weiteren Vernehmung: Lothar E. und Axel
H. seien Hausmeister im Mehringhof gewesen und er sei davon ausgegangen,
daß dort Dinge deponiert oder gewesen seien; wenn das der
Fall wäre, könnten diese z.B. entweder in Aufzugsschächten,
in den alten Kaminschächten oder in den alten Ölkellern
gelagert sein. Er sei sich ziemlich sicher, daß Axel H. in
den RZ strukturell eingebunden und nicht nur Depotverwalter gewesen
sei. Der Zeuge hat ferner eingeräumt, im Ermittlungsverfahren
zunächst erklärt zu haben. da er weder ."Heiner",
"Toni" noch "Anton" unter ihren Decknamen als
RZ- Mitglieder gekannt habe, könne er sie auch auf Lichtbildern
nicht identifizieren und wenn im Mehringhof ein Waffendepot existiert
habe, dann müsse das über Axel H. gelaufen sein und in
einer weiteren Vernehmung, wenn ein Waffendepot der RZ im Mehringhof
gewesen sei, dann sei das nur über unbedingte Vertrauenspersonen
gelaufen, das heiße Personen wie die beiden Hausmeister Lothar
E. und Axel H.. Wenn Lothar E. diese Vertrauensperson gewesen wäre,
so wäre das Einrichten des Depots der RZ über seine, Mouslis,
Person gelaufen. Da dies nicht der Fall gewesen sei, könnte
man davon ausgehen, daß Axel H. diese Vertrauensperson gewesen
sein müsse. Dieses "Lavieren'", wie der Zeuge dieses
Aussageverhalten bezeichnete, verdeutlicht seine Unerfahrenheit
und Hilflosigkeit. Es zeigt vor allem auch, daß er nicht der
skrupellose Lügner ist, als der er in der Hauptverhandlung
hingestellt wurde. Er hatte sich, wie er und der Zeuge Schulzke
übereinstimmend bekundet haben, im Ermittlungsverfahren eingelassen,
ohne seinen, dem linken Spektrum angehörenden Verteidiger zu
Rate zu ziehen, weil er befürchtete, dieser werde seine Geständnisbereitschaft
in die Szene tragen. Erst später sei Rechtsanwalt Asner unterrichtet
worden. Der Zeuge Klein, Zeugenschutzbeamter des BKA, teilte deshalb
der Lebensgefährtin des Zeugen Mousli, der Zeugin Olbrich,
am 14. Dezember 1999 über Mailbox mit, Rechtsanwalt Asner sei
bei Mousli gewesen und wisse nun, daß dieser Aussagen mache
und sie deshalb gegenüber Asner nicht mehr zu lügen brauche,
d.h. daß sie die Geständnisbereitschaft des Zeugen Mousli
nunmehr offenbaren konnte.
Es ist menschlich verständlich und glaubhaft, daß der
Zeuge seinen besten Freund Lothar E. kaum und aus Freundschaft zu
ihm dessen Freund Axel H. zunächst nur eingeschränkt belastete.
Zur Aufdeckung der wahren Tatbeteiligungen der beiden Mittäter
kam es, weil der Zeuge Mousli, wie die Zeugen Schulzke und Monka
übereinstimmend bekundet haben, Ende Dezember 1999 zum Auslaufen
der Kronzeugenregelung von ihnen aufgefordert wurde, nunmehr umfassend
die Wahrheit zu sagen. Daraufhin überwand sich der Zeuge Mousli
und belastete den Angeklagten H. und Lothar E. wie festgestellt.
Diese Bekundungen sind glaubhaft. Dem Zeugen fiel es schwer, seinen
besten Freund sowie dessen Freund Axel H. zu beschuldigen. Daß
er sie in diesem ihn bedrängenden Konflikt über Gebühr
belastete, hält der Senat für ausgeschlossen.
Sein Wissen von den Tatbeteiligungen des Angeklagten H. hatte er
von den Angeklagten Sch. und E.. Es ist nichts dafür ersichtlich,
daß sie ihm über das Wirken des "Anton" die
Unwahrheit sagten, erst recht nicht unter dem Gesichtspunkt, daß
dem Zeugen die wahre Identität des "Anton" anfangs
nicht bekannt war. Unwahrheiten hätten sie bei den zahlreichen
Treffen im Laufe der vielen Jahre und der intensiven Diskussionen
kaum durchhalten können. Solche hätten im übrigen
den Prinzipien der RZ widersprochen, wonach die erfolgreiche Arbeit
auf dem völligen Vertrauen der Mitglieder untereinander basierte,
und sie wären für das Funktionieren der Gruppe nachteilig
gewesen. Der Zeuge Mousli berichtete aber nichts darüber, daß
die Angeklagten Sch. und E. über "Anton" - und das
gilt auch für "Heiner" - einander widersprechende
Angaben gemacht hatten. Der Senat glaubt daher dem Angeklagten H.
nicht, nur in dem von ihm angegebenen Umfang unter dem Decknamen
"Anton" in den Berliner RZ mitgewirkt zu haben. Zu den
Angeklagten Sch. und E. äußerte er sich nur, um zu erklären,
warum in seinem Adreßbuch bzw. Telefonverzeichnis die Telefonnummern
und Anschriften dieser beiden Angeklagten vermerkt waren, und räumte
mit seiner Einlassung nur das Mindeste ein.
Der Senat glaubt dem Angeklagten H. auch nicht, daß er wegen
der polizeilichen Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren
gegen Muder u.a. aus den RZ ausgestiegen sei. Die Observationen
seines Wohnhauses durch die Polizei, wenn sie denn stattgefunden
haben sollten, hinderten ihn an der Mitarbeit in den RZ nicht. Denn
man hatte absichtsvoll zwei Mitglieder der Funkgruppe in die RZ
aufgenommen, die den Funkverkehr der Polizei überwachten und
gefährdete Mitglieder warnen konnten. Der Zeuge Mousli hat
überdies mit Konstanz bekundet, gerade für den Fall einer
Observation sei verabredet gewesen, daß, wenn sich ein Mitglied
der RZ beobachtet gefühlt habe, es nicht zum verabredeten Gruppentreffen
habe kommen sollen; es habe sich eine Woche später am verabredeten
Ort erneut einfinden oder habe in der "taz" eine verschlüsselte
Anzeige aufgeben sollen. Die auch von dem Angeklagten Sch. eingeräumte
Klandestineität der Vereinigung, die lange Zeit sehr wirkungsvoll
durchgehalten worden war, machten solche Absprachen - nicht jedoch
den Rückzug aus den RZ - erforderlich.
Es kommt folgendes hinzu: Der Angeklagte war der Berliner Polizei
als Linksextremist bekannt. Der Zeuge KHK a.D. Bredlow, bis zu seiner
Pensionierung beim Berliner Staatsschutz tätig, hatte seinerzeit
Harald Hollenberg zur Identifizierung der Attentäter eine Lichtbildmappe
mit Personen des linksextremen Bereichs vorgelegt, in der auch das
Bild des Angeklagten H. enthalten war. Von dieser Polizeibekanntheit
ist auch der Angeklagte ausgegangen, da er sich in der linken Szene
bewegte und im Mehringhof verkehrte, der, was dort bekannt war,
im Blickfeld der Sicherheitsbehörden stand. Dennoch hatte er
keine Bedenken, sich den Berliner RZ anzuschließen. Zeigte
er so bereits bei seinem Eintritt in die Vereinigung eine gewisse
Risikobereitschaft, hinderten ihn zur Überzeugung des Senats
die von ihm behaupteten polizeilichen Maßnahmen nicht, seine
Mitarbeit in den RZ ohne Unterbrechung fortzusetzen, zumal die Tätigkeit
der Funkgruppe - ihm Sicherheit bot. Im übrigen war er auch
nach seiner eigenen Einlassung später wieder für die RZ,
d.h. die Illegalen "Jon" und "Judith", partiell
aktiv.
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