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28. Prozesstag: 12. Oktober 2001
Kammergericht: Bundesanwaltschaft agiert überspitzt
und polemisch
Zu Beginn der heutigen Aufführung vor dem Kammergericht, verlangte
der Angeklagte Harald G. von der Vorsitzenden Richterin eine Erklärung.
Durch die Angriffe
und Ankündigung der Bundesanwaltschaft vom 4.10. im Zusammenhang
mit dem Aussetzungsantrag
seiner Anwältinnen sei ein Schutz durch das Gericht für
ihn geboten. Dem konnte die Richterin offenbar nicht folgen. Grundsätzlich
hielt sie eine Erklärung nicht für erforderlich, mit der
Begründung, dies würde "sich von selbst ergeben..."
Es mangelt an Fürsorge
Nach einer Verhandlungspause schloss sich Rechtsanwalt Kaleck der
Forderung des Angeklagten Harald G. an. Die wiederholten Behauptungen
und Unterstellungen der Bundesanwälte Homann und Bruns, insbesondere
gegenüber den VerteidigerInnen Studzinski und Würdinger
während des Verfahrens, hätten ein Einschreiten des Gerichts
erfordert. Die von der BAW verwendeten Metapher "Krieg", als Drohung
gegenüber der gesamten Verteidigung, sei nicht nur im prozessualen
Zusammenhang mehr als eine Entgleisung und verlange deshalb nach
eine Reaktion des Gerichts. Verteidiger Eisenberg ergänzte,
dass aus den Äußerungen der BAW abzulesen sei, sie gedenke
den einzelnen VerteidigerInnen zukünftig unterschiedlich gegenüberzutreten,
namentlich den Verteidigerinnen des Angeklagten Harald G.. Die "Fürsorgepflicht
des Gerichts" erfordere grundsätzlich die Sicherstellung der
Gleichbehandlung aller Prozessbeteiligten. Eine entsprechend zurückweisende
Klarstellung stünde dem Kammergericht gut zu Gesicht.
Der Stil des Gerichts
Die Richterin Hennig reagierte daraufhin mit der Feststellung,
dass die Erwiderung der Bundesanwaltschaft zum Aussetzungsantrag
der Verteidigung überspitzt und polemisch gewesen sei. Im Übrigen
würden sich die Äußerungen aber durchaus im Rahmen
des Stils der von ihr geleiteten Verhandlung bewegen. Weiterhin
gab sie bekannt, dass die seit Wochen in Rede stehenden Tonbänder
der Telefonüberwachung der Anschlüsse des Kronzeugen Tarek
Mousli von einer Firma kopiert würden, weil dem Bundeskriminalamt
dafür keine Kapazitäten zur Verfügung stünden
Dabei entstünden angebliche Gesamtkosten in Höhe von DM
20.000.
In ca. 14 Tagen könnten die Bänder dann ausgehändigt
werden.
Es ist alles sehr lange her...
Aufgerufen wurde nun der Zeuge Klaus S. (46 Jahre), ein Kriminalbeamter
aus Berlin. Er wurde zum Anschlag auf den Leiter der Ausländerbehörde
im Oktober 1986 befragt. Dabei handelte es sich um seinen Einsatz
beim Auffinden eines VW Typ Passat, der angeblich dabei benutzt
worden sei. Trotz vorangegangenem Aktenstudium könne er keine
Angaben aus eigener Erinnerung machen, so eröffnete der Zeuge
seine Aussage. Auch die Inaugenscheinnahme von ca. 30 Fotoseiten
der Ermittlungsakten konnte seine Erinnerung nicht wesentlich auffrischen.
Immerhin konnte er bestätigen, dass er an diesem Einsatz beteiligt
gewesen sei und es sich bei dem aufgefundenen Fahrzeug um einen
grünen VW Passat gehandelt hätte, an dem sichtbare Brandspuren
zu erkennen gewesen seien. Weiterhin wäre das Fahrzeug mit
falschen Kennzeichen ausgerüstet gewesen. Abschließend
gab er zu Protokoll, dass eine serienmäßige Typenkennzeichnung
unkenntlich gemacht worden sei und auf dem Rücksitz eine "Unkonventionelle
Brand- oder Sprengvorrichtung" (USBV) zu erkennen gewesen sein soll.
Trotz intensiver Versuche des Beisitzenden Richters Hanschke waren
dem Zeugen keine weiteren Einzelheiten in den Mund zu legen. Eben
schon alles lange her...
Der Prozess wird mit einer posthumen Zeugenvernehmung fortgesetzt.
Die Verlesung der polizeilichen Vernehmung eines Herrn N., der bereits
verstorben ist, erwartet die Prozessbeteiligten. Diesem Ereignis
ist beizuwohnen am Donnerstag, dem 18.10., an gewohntem Orte.
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