Prozeß gegen Ingrid Strobl
Am 18.12.1987 fahndete das Bundeskriminalamt in einer breit angelegten
Razzia gegen 33 Personen nach Mitgliedern bzw. Unterstützung
der Revolutionären Zellen/Roten Zora, in deren Verlauf Ingrid
Strobl und Ulla Penselin verhaftet wurden, mehrere GenossInnen mußten
in die Illegalität gehen.
Es entstand sofort eine breite Solidaritätsbewegung zur Unterstützung
der beiden gefangenen Frauen.
Die Beschäftigung mit den anschlagsrelevanten Themen Gen-
und Reproduktionstechnologie, Bevölkerungspolitik und Flüchtlingspolitik
die für BKA und die Bundesanwaltschaft Indiz für eine
Mitgliedschaft oder Unterstützung der RZ/Rote Zora war und
mit als Begründung der Durchsuchungsbeschlüsse herhalten
mußte wurde breiter. Der staatliche Versuch, die Beschäftigung
mit diesen Themen zu kriminalisieren, schlug ins Gegenteil um.
Ulla Penselin wurde nach 8 Monaten Untersuchungshaft freigelassen,
das Verfahren gegen sie eingestellt. Sie hatte nach Kenntnis der
Anklageschrift die Beweise gegen sie richtiggestellt.
Im Verlauf des Prozesses gegen Ingrid Strobl stellte sich heraus,
daß das BKA im Rahmen der Fahndung nach RZ/Rote Zora-Mitgliedern
ein umfangreiches Weckerprogramm in Gang gesetzt hatte. Da der mechanische
Wecker der Marke Emes Sonochron von den Revolutionären Zellen
als Zündzeitverzögerer bevorzugt wurde, wurden alle Emes-Wecker
in der Herstellungsfirma numeriert, deren Verkauf auf wenige Geschäfte
beschränkt und den VerkäuferInnen dort die Anweisung erteilt,
die vom BKA installierte Videokamera einzuschalten, wenn nach diesem
Wecker gefragt wird.
Aufgrund eines solchen Videos eines Kölner Uhrengeschäftes
identifizierten BKA-Beamte Ingrid Strobl als Käuferin des Weckers,
der bei dem Anschlag der Revolutionären Zellen auf das Lufthansa-Gebäude
in Köln als Zündzeitverzögerer benutzt wurde.
Während des Prozesses gab Ingrid Strobl an, daß sie
den Wecker für einen Freund X gekauft habe, dessen Namen sie
aber nicht nennen werde, da sie ihn nicht dem Repressionsapparat
ausliefern wolle, den sie nunmehr zur Genüge kennengelernt
habe.
Mit Urteil vom 9.6.89 wurde sie zu fünf Jahren Haft wegen
Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und Beihilfe
zu einem Sprengstoffanschlag verurteilt der Vorwurf der Mitgliedschaft
in den RZ war zwischenzeitlich fallengelassen worden.
Anfang Mai 1990 hob der Bundesgerichtshof auf die Revision der
Anwälte hin die Verurteilung nach § 129 a StGB (Unterstützung
einer terroristischen Vereinigung) auf und verwies ansonsten zur
erneuten Verhandlung an das OLG Düsseldorf zurück. Nach
2 1/2 Jahren Untersuchungshaft wurde Ingrid Strobl aus der Haft
entlassen, am 22.10.90 wurde in der Revisionsverhandlung das Strafmaß
dann auf 3 Jahre festgesetzt, die Reststrafe zur Bewährung
ausgesetzt.
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