Anschlag gegen das Bundesarbeitsgericht, Kassel
(März 80)
"Wer das Geld hat, hat die Macht,
und wer die Macht hat, hat das Recht"
Solange
jedenfalls, wie wir zulassen, daß Machtfragen als "Rechts"fragen
behandelt werden und die Entscheidung darüber untertänigst
in die Hände irgendwelcher obskurer Gerichtshöfe legen,
wird sich daran nichts ändern.
Das Bundesarbeitsgericht in Kassel hat bisher noch immer eindeutig
gezeigt, welchen Herren es dient, durch die Kriminalisierung politischer
und wilder Streiks wie auch durch die Anerkennung der Aussperrung
in den Jahren 1955 und 1971 - was sollte 1980 daran etwas ändern?
Die kaum begonnene, schon zurückgenommene Kampagne und sonstige
Scheinaktivitäten des DGB bestimmt nichts - das wissen die
Herren Gewerkschaftsführer Vetter, Loderer & Co. sehr genau.
Deren Dilemma findet in den Büttenreden von Eugen Loderer
seinen schärfsten Ausdruck: Selbst im Laufe seiner Funktionärskarriere
vom Schlosser zum Millionär aufgestiegen, klingt es wie Hohn,
wenn er "die Macht der Millionen gegen die Macht der Millionäre"
als unsere Losung ausgibt.
Wir sollten ihn beim Wort nehmen und endlich Organisationstrukturen
schaffen, die Führerschaft und Bürokratenkaste ausschließen.
Andernfalls züchten wir uns nur weiter diese Wölfe im
Schafspelz heran, die vor nichts mehr Angst haben, als daß
wir unsere Interessen selbst vertreten. Sie wollen weiterhin gut
von einer sich in Pseudoaktivitäten erschöpfenden Politik
leben, die uns nur die Rolle der Beifallklatscher und Abstimmungstrottel
zuteilt und deren vorprogrammierte Niederlagen allein wir auszubaden
haben.
So ist Aussperrung kein "Relikt aus Zeiten uneingeschränkter
Unternehmerherrschaft" - und was die Bonzen sonst noch so durch
die Mikrofone lallen - sondern schlicht und einfach Ausdruck der
gesellschaftlichen Machtverhältnisse, von denen wir ein Teil
sind. Machtverhältnisse, die sich weder durch lautstarke Appelle,
Unterschriftenlisten, Petitionen, noch mit dem Stimmzettel verändern
lassen.
Wie zu allem, gehören auch zur Aussperrung immer zwei: die,
die aussperren - die, die sich aussperren lassen. Folgen etwa auf
jede Aussperrung Betriebsbesetzungen verbunden mit Solidaritätsaktionen
in anderen Branchen, wendet sie sich gegen die Aussperrer selbst.
So wird sich die Forderung nach einem gesetzlichen Verbot der Aussperrung
auch nur aus einer starken Kampfposition heraus durchsetzen lassen
- und nicht durch Türklinkeputzen bei der SPD.
Eingedenk der Worte unseres großen Vorsitzenden Eugen: "Wir
werden die Aussperrung aus dem Felde fegen, wenn wir nur wollen"
- und wollen wollen wir ja alle, oder? - haben wir gestern abend
in Kassel beim Bundesarbeitsgericht mit dem Fegen schon mal angefangen.
Revolutionäre Zelle in der IG Metall
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