Aktion gegen die alliierte Truppenparade, Berlin (Mai 83)
"Es ist immer Krieg, wenn das Militär auf die Straße
geht!"
1973 war es zum ersten Mal soweit: aufgrund der massiven, militanten
Proteste der damaligen außerparlamentarischen Opposition sahen
sich die Herren West- Berlins - der Senat und die Alliierten - nicht
in der Lage, ihre alljährliche Truppenparade auf der Straße
des 17. Juni durchzuführen. Sie verkrochen sich aus der City
zu einem kurzen Zeremoniell am Schloß Charlottenburg.
Wie alle Ratten kamen auch sie Ende der 70er Jahre wieder aus ihren
Löchern, um uns an der Siegessäule wieder mit Marschmusik
und Panzergerassel zu "erfreuen". Im Jahr 1980 benötigten
sie schon 3.000 Bullen, um ihre Militärparade durchzuziehen.
Im Anschluß an die 80er Parade wurde das Dach des Amerikahauses
aus Protest gegen die imperialistische Politik der USA bestiegen.
Mit dem Anschlag um 4 Uhr 30 in der Nacht vom 20. auf den 21. Mai
haben wir versucht, die 83er Parade zu verhindern.
1.)
Wir haben dieses militaristische Spektakel satt. Immer schon dienen
Truppenparaden nicht der Abschreckung nach außen, sondern
der psychologischen Kriegsführung im Innern. Genau deshalb
werden seit einigen Jahren wieder öffentliche Treuegelöbnisse
und ähnlicher Müll in Stadien, Fabriken u.a.m. durchgeführt.
Aber das ist nicht der einzige Grund. Der Krieg der Engländer
auf den Malvinen [22]
im letzten Jahr hat gezeigt, wie sehr militärische Aggressionen
und kriegslüsternes Gehabe alle sozialen und gesellschaftlichen
Konflikte vergessen machen können.
2.)
Wir drücken mit diesem Anschlag unseren Protest und Widerstand
gegen die Hochrüstungspläne der NATO aus. Wir hoffen auf
viele ähnliche Aktionen, nicht nur im Zusammenhang mit der
Stationierung von Pershing II, sondern gegen Militär und Rüstung
überhaupt.
Anders als Teile der Friedensbewegung schlagen wir dabei keine
nationalen Töne an. Wir wehren uns nicht gegen Atomraketen
und Rüstung, weil wir glauben, daß die Deutschen dadurch
besonders bedroht seien, sondern weil damit die gesamte Menschheit
ausgerottet werden kann. Wir sind von Herzen internationalistisch.
Wir leben, lieben, lachen und kämpfen mit unseren Genossinnen
und Genossen aus Westeuropa oder Mittelamerika lieber, als uns deutsch-
deutsches Spießertum, Gefühlsarmut, Beton und Plaste
auch noch als wertvolle nationale Werte reinzutun. Wir haben nicht
vergessen, was die dumpfe deutsche Nationalismus- Küche in
zwei Weltkriegen bewirkt hat. Und heute ist dies nicht viel anders:
die BRD ist an allen Schweinereien der NATO direkt oder indirekt
beteiligt, oft genug als treibende Kraft (z.B. beim Militärputsch
in der Türkei). Nicht von ungefähr betreibt die BRD einen
blühenden Rüstungsexport.
In Westberlin ist die NATO allerdings vor allem durch amerikanische,
englische und französische Truppen präsent. Angriffe gegen
die Bundeswehr oder Rüstungsbetriebe sind hier nicht möglich.
3.)
Die Alliierten sind hier in Berlin nicht etwa "symbolische
Schutzmacht", sondern Garant bürgerlicher Ordnung. Bei
den entsprechenden Anlässen (z.B. Haig- und Reagan- Besuch)
arbeiten sie mit den Bullen Hand in Hand. Und natürlich üben
sie ihren Häuserkampf in Kreuzberg und Schöneberg nicht
aus Langeweile, sondern um sich auf den Ernstfall, d.h. ihren Teil
der Aufstandsbekämpfung, vorzubereiten.
4.)
Dieser Anschlag ist nicht antiamerikanisch, antifranzösisch
oder antibritisch. Er ist antiimperialistisch. Er richtet sich gegen
die Politik der Engländer in Irland, gegen die französische
Afrikapolitik, gegen die imperialistische Politik der USA in großen
Teilen der Welt. Wir haben zu der Perspektive und Form solcher Aktionen
im Zusammenhang der Faschisten im Frankfurter Raum vor einigen Wochen
bereits ausführlich Stellung genommen. Wir stehen seit einem
Jahrzehnt in der Tradition des antiimperialistischen Kampfes. Die
ersten Aktionen von Revolutionären Zellen richteten sich 1973
gegen Niederlassungen von ITT, wegen deren Verantwortlichkeit für
den Putsch in Chile. Wir werden uns auch weiterhin bemühen,
den weltweiten Kampf gegen den Imperialismus mit Aktionen im Herzen
der Bestie zu unterstützen. Und wir werden dies fortsetzen,
ob es nun in Mode ist oder nicht.
5.)
Bei einem Anschlag gegen die alliierte Truppenparade in Berlin
müssen auch ein paar Worte zu den uns umgebenden sowjetischen
Truppen gesagt werden. Wir wehren uns allerdings gegen eine plumpe
Gleichsetzung der USA und der UdSSR. Ebenso wenig können wir
allerdings zwischen guten (sozialistischen) und bösen (imperialistischen)
Raketen unterscheiden. Die Dinger gehören generell verschrottet.
Die inneren Verhältnisse in der UdSSR oder in der DDR sind
uns ein Greuel, die Invasion in die CSSR [23]
oder Afghanistan [24]
nicht zu verteidigen. Die gefallenen und ermordeten sowjetischen
Sozialrevolutionäre sind uns tausendmal näher als die
herrschende real- sozialistische Technokratenclique. Es entspricht
der Schachspielmentalität beider Seiten überall den CIA
und KGB am Werke zu sehen und sogleich mit den "notwendigen"
Bauernopfern zu kontern.
Dennoch ist unverkennbar, daß die USA in den letzten Jahren
ihren Hegemonieanspruch zunehmend wieder mit militärischen
Mitteln durchsetzen will und einen Atomkrieg ins Kalkül miteinbezieht.
Gegen diese Angriffe verteidigen sich Befreiungsbewegungen überall
auf der Welt auch mit sowjetischer Hilfe. Der US- Imperialismus
(assistiert von seinen jeweiligen Partnern) ist Hauptangriffspunkt
antiimperialistischer Politik.
Nachdem mit seiner Hilfe der Zionismus und die arabische Reaktion
den palästinensischen Widerstand im Libanon angegriffen und
vertrieben haben, ist derzeit Mittelamerika der Schauplatz imperialistischer
Kriegsführung gegen die Befreiungsbewegungen der gesamten Region.
Deswegen gehört ihnen heute unsere besondere Solidarität.
Venceremos!
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