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Aktion gegen das Bundesverfassungsgericht
(März 75)
Frauen
der Revolutionären Zelle haben am 4. März 1975 einen Anschlag
auf das Bundesverfassungsgericht (BVG) gemacht.
Nicht, um die "Verfassung gegen das Verfassungsgericht zu
schützen", wie Herr Abendroth [75]
meint, sondern um uns vor der Verfassung zu schützen. Einer
Verfassung, die den legalen Rahmen liefert für die tagtägliche
Ausbeutung, Zermürbung und psychische Zerrüttung von Millionen
Frauen und Männern. Einer Verfassung, die Frauen illegalisiert
- viele in den Tod treibt - wenn sie sich nicht von der Ärzte-
und Richtermafia ihre Sexualität, den Umgang mit ihrem eigenen
Körper, die Zahl ihrer Kinder vorschreiben lassen.
Wir stimmen nicht in das Gejammer darüber ein, daß das
BVG den demokratisch zustande gekommenen Gesetzesentwurf des Parlaments
außer Kraft setzt, weil es keinen nennenswerten Unterschied
macht, ob 6 oder 600 Widerlinge die Existenzbedingungen von 60 Millionen
Menschen diktieren.
Wir machen allerdings unter den gegenwärtigen Bedingungen
einen sehr genauen Unterschied zwischen dem Grad der Volksfeindlichkeit
der Gesetze, die diese Handvoll aus Steuergeldern bezahlten Kapitalistenknechte
gegen uns erlassen.
Und das Terrorurteil des Bundesverfassungsgerichts, das das Abteibungsverbot
in Übereinstimmung mit der berüchtigten "freiheitlich- demokratischen
Grundordnung" erneut zu Recht und Gesetz erklärt, ist
in seiner Frauenverachtung und - vernichtung so unerträglich,
daß wir es mit allen Mitteln bekämpfen werden.
Wir Frauen sollen weiter dazu gezwungen werden, ungewollt Kinder
in eine Welt zu setzen, in der schon gewollte Kinder unter Bedingungen
aufwachsen müssen, die lebenslängliche Verkümmerung
vorprogrammieren.
- vom Kinderkrippenghetto übers Kindergartenghetto in den
Schulknast;
- kaserniert in Kleinstwohnungen in Betonwüsten;
- erdrückt in notgedrungen kaputten Kleinfamilien;
- gezwungen zu individueller Leistung, Konkurrenz und Isolierung;
- bedroht von Eltern, die diesen Wahnsinn nicht mehr aushalten
und ihre Kinder dafür quälen, mißhandeln, totschlagen;
- bedroht durch einen Straßenverkehr, der jährlich
in der BRD unter den Kindern mehr Tote und Verletzte fordert,
als in jedem vergleichbaren anderen Land.
Immer mehr Kinder und Jugendliche wenden dieses Elend gegen sich
selbst: Selbstmorde und Frühalkoholimus steigen sprunghaft
an. Der 218 verhindert keine Abtreibung, das wissen auch die, die
für seine Beibehaltung Gott und die Bullen in Bewegung setzen,
- wie die Gerichte, bei denen schon immer der Mord an einer aufmuckenden
Frau leichter gewogen hat, als der an einem Unterdrückerschwein
[...]. Wir sind solidarisch mit allen Frauen, die sich ihren Unterdrücker
vom Hals schaffen.
- Wie die Kirchen, die in ihrer tausendjährigen Geschichte
ihre faschistische Struktur durchgehalten haben: Frauen sind keine
Menschen, sondern entweder Mütter oder Huren, "geläutert"
bzw. bestraft für ihre Sexualität durch Schwangerschaft;
denn sie wissen genau, daß es die Angst ist, die ihre Kirchen
füllt. Wir haben nicht vergessen, daß sie unsere feministischen
Schwestern im Mittelalter auf dem Scheiterhaufen verbrannt haben.
Wir Frauen haben in den Kirchen nichts mehr zu suchen, außer
diese Brutstätten des Sexismus zu entweihen, z.B. mit Parolen,
Sprechchören, Knallfröschen und Rauchbomben ... und
den Pfaffen und Oberpfaffen öffentlich ihre muffigen Talare
zu lüften, damit darunter die armseligen Hühnerficker
zum Vorschein kommen.
- Die Ärzte, die ihr medizinisches Wissen bzw. Nichtwissen
für sich behalten, um weiter aus dem Uterus Profit zu schlagen.
Die hilfesuchende Frauen erniedrigen, erpressen und wenn sie überhaupt
helfen, meist die gefährliche, veraltete und brutale Ausschabung
vornehmen und sich weigern, die schonende Absaugmethode zu lernen
und anzuwenden. Machen wir alle diese Schweine kenntlich, schreiben
wir an ihre Limousinen, an ihre Villen, daß sie Schweine
sind. Stören wir ihre Vorortidyllen mit Megaphonkundgebungen
über ihre Machenschaften, wie es uns die japanischen Frauen
bereits so schön vormachen. Schnappen wir uns die schlimmsten
und verprügeln sie, teeren und federn wäre auch eine
Möglichkeit.
Der Tag wird kommen,wo die Frauen sich erheben ...
aber nicht, ohne daß wir uns heute schon bewegen!
Wir haben mit dem BVG gewartet, bis die Sache mit der Entführung
von Lorenz und der Befreiung von 5 Genoss/innen aus den Zuchthäusern
weitgehend gelaufen war. Zweierlei zeigt es sehr deutlich:
- daß unheimlich viel möglich ist, wenn man von den
Verhältnissen hierzulande ausgeht, wenn man begreift, daß
offene Massenorganisationen lebenswichtig und richtig sind, aber
ohne die Herausbildung von Stadt- , Fabrik- , Schul- und Frauenguerillagruppen
auf eine bestimmte Sorte von Intervention reduziert werden, die
für die Bekämpfung dieses Systems einfach nicht mehr
ausreichen.
- daß das Gezeter um den Lorenz heißt, daß
sie nicht mehr wissen, wie sie all die Volksfeinde in Parlamenten,
Gerichten, Presse, Kirchen und vor allem die Kapitalisten selbst
schützen sollen, daß sie begreifen, daß es jeder
von ihnen hätte sein können. Damit haben sie ausnahmsweise
recht.
Nach den Tausenden von Arbeits- , Verkehrs- und Abtreibungsopfern
kräht kein Hahn. Sie sind unser jährlicher, blutiger
Tribut an dieses System. Aber dieser Lorenz ist einer von ihnen.
Frauen der Revolutionären Zelle
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