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Staatsanwaltschaft Frankfurt ./. Werner R.
Bundesverfassungsgericht: Beugehaft gegen Werner R.
verfassungswidrig!!!
23.08.2000
Noch kaum zu fassen, aber wahr: die vom Landgericht Frankfurt (LG)
beschlossene Beugehaft gegen Werner R. ist vom Tisch.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat unanfechtbar entschieden,
daß die Beschlüsse des LG, mit denen die Beugehaft gegen Werner
R. verhängt worden war, aufgehoben sind. Damit folgte die 3. Kammer
des Zweiten Senats des BVerfG unter Vorsitz der BVerfG-Präsidentin
Jutta Limbach im vollen Umfang der Verfassungsbeschwerde von Werner R., die
seine Rechtsanwältin, Anne Mayer aus Bochum, für ihn erhoben
hatte.
Zwischen diesem Ergebnis und unserem letzten Brief liegen nur zwei
Wochen. Eine Ewigkeit für Werner R., während der er weiterhin
jederzeit hätte inhaftiert werden können. Die Beschwerde beim LG
gegen die verhängte Beugehaft bzw. der Antrag auf Gewährung
nachträglichen rechtlichen Gehörs ergaben keine Änderung der
bisherigen Auffassung des LG: die verhängte Beugehaft sollte weiterhin
rechtmäßig und verhältnismäßig sein. Eine
Begründung gab es auch diesmal nicht. Immerhin: der neue
Beschluß vom 9.8.2000 wurde dem Betroffenen ausnahmsweise
zugestellt.
Noch am Tag des Eingangs des neuen Beschlusses (11.8.2000) hat die
Rechtsanwältin eine umfangreiche Verfassungsbeschwerde erstellt und
dem BVerfG zukommen lassen. Am 14.8. bestätigt das BVerfG den Eingang
der Beschwerde, Frist zur Stellungnahme für das Land Hessen bis zum
17.8., Ankündigung der Entscheidung für den 18.8., danach warten,
immer wieder telefonische Nachfragen beim BVerfG, Verzögerung der
Entscheidung bis zum 21.8. (weil sich die Landesregierung Hessens, deren
Stellungnahme angefordert war, auf Betriebsausflug begeben hatte ...), dann
der 21.8. und wieder warten, Anrufe beim BVerfG, spätnachmittags die
Auskunft - die Entscheidung liegt auf dem Schreibtisch der
Präsidentin, die ist aber in einer Besprechung. Endlich am 22.8.2000
15:27 Uhr rattert das Fax bei der Rechtsanwältin und heraus kommt:
1.Die Beschlüsse des Landgerichts Frankfurt am Main vom 4. Juli
2000 und vom 9. August 2000 (...) verletzen den Beschwerdeführer in
seinem Recht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 (Die Freiheit der Person ist
unverletzlich)in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 Satz 1 (Die Freiheit
der Person kann nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes und nur unter
Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden) des
Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. (...)
Dazu die Rechtsanwältin:
Die gegen den Beschluß eingelegte Verfassungsbeschwerde hatte zum
Ergebnis, daß das BVerfG den Beugehaftbeschluß aufhob mit der
Begründung, daß der Mandant ein Schweigerecht hatte und damit
keine Zwangsmaßnahmen gegen ihn zulässig waren. Damit wurde
verhindert, daß mein Mandant um es noch einmal zu betonen:
rechtswidrig inhaftiert worden wäre. Richter, die über die
Entziehung der Freiheit entscheiden dürfen, müssen
selbstverständlich in jedem Einzelfall sorgfältig prüfen, ob
es eine rechtliche Grundlage für eine Freiheitsentziehung gibt. Hier
wurde mit verbotenen Vernehmungsmethoden versucht, das Schweigerecht meines
Mandanten auszuhebeln.
Alles vorbei???
Bei aller Freude über die Verhinderung der Beugehaft:
maßgeblicher Grund für die Verfassungswidrigkeit der Beugehaft
sind neben der Unverhältnismäßigkeit (bis zu 6 Monaten Haft
für die Nichtbeantwortung von einigen Fragen zu Randaspekten) die
Verdächtigungen, die StA und BKA gegen Werner R. hegen. Ob und/ oder
wie diese Verdächtigungen weiter verfolgt werden, ist noch völlig
unklar. Welche Möglichkeiten der § 129a StGB eröffnet, haben
wir in den beiden letzten Briefen bereits dargestellt.
Weitere unangenehme Überraschungen sind also nicht
ausgeschlossen.
Einem Staatsanwalt, der über Monate rechtswidrig versuchte Werner
R. zu Zeugenaussagen zu zwingen, sind auch noch andere Dinge zuzutrauen.
Für uns steht allerdings fest: das Verklüngeln eines Passes ist
kein Straftatbestand! Und wir sind erleichtert darüber, daß das
Damoklesschwert der Beugehaft nicht mehr über Werner R. schwebt. Wir
freuen uns, wenn Werner R. jetzt nach sieben Monaten langsam wieder zu sich
kommen und sich wieder frei bewegen kann.
Danke !!!
an alle, die durch unterschiedlichste Aktionen ihre Solidarität
mit Werner R. gezeigt haben. Ganz besonderer Dank geht an
"unsere" Rechtsanwältin, Anne Mayer aus Bochum, die diesen
"Fall" mit ihrer Hartnäckigkeit und ihrem Engagement durch
alle Instanzen gekämpft hat.
Nachfragen und Anregungen an: QUADRUX Buchladen Lange Str. 21 58089
Hagen ( 02331-334058 7 02331-362479
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