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Übersicht: schriftliches
Urteil
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B. Feststellungen zur Sache
Ziele und Anschläge der Revolutionären Zellen
In der Bundesrepublik Deutschland war seit Herbst 1973 die terroristische
Vereinigung "Revolutionäre Zelle", die sich seit
dem Sommer 1976 "Revolutionäre Zellen" (RZ) nannte,
aktiv. Der linksextremistischen Vereinigung gehörten Mitglieder
an, die sich zumindest seit 1976 auf mehrere Gruppen verteilten,
die in Berlin, Frankfurt am Main und im Ruhrgebiet aktiv waren.
Diese einzelnen Revolutionären Zellen verfolgten den gemeinsamen
Zweck, mit bewaffneter Gewalt gegen bestehende Herrschaftsverhältnisse,
das "kapitalistische und imperialistische System", "zionistische
und rassistische Unterdrückung", gegen Faschismus und
Atomindustrie sowie für das Bleiberecht von Ausländern
in Deutschland zu kämpfen. Zu ihrem "antiimperialistischen
Kampf" gehörte "alles, was die Ruinierung der wirtschaftlichen,
politischen und kulturellen Suprastrukturen der Metropolen vorantreibt,
um dagegen die Menschen als Maß aller Dinge zu setzen und
in den kämpfenden Kollektiven die Keimformen einer neuen Gesellschaft
zu verwirklichen". Sie wollten "die Herrschaftsmethoden
mit Gewalt endgültig beseitigen" und eine "populistische
Guerilla (sein), die die Sympathien des Volkes genießt",
für das "die Stadtguerilla eine Massenperspektive wird."
"Die kämpfenden Kollektive" sollten "als die
Keimzelle einer neuen Gesellschaft aufbauen und vermassen."
Deshalb riefen sie in ihren Schriften immer wieder dazu auf: "Schafft
viele Revolutionäre Zellen!" Zur Durchsetzung ihrer Ziele
verübten sie unter anderem zahlreiche Sprengstoff- und Brandanschläge,
zu denen sie sich regelmäßig in an Presseorgane gerichteten
Schreiben unter Darlegung ihrer Beweggründe bekannten, sowie
Banküberfälle zur Geldbeschaffung. Die selbständig
handelnden Gruppen operierten im Rahmen des "klandestinen Kampfes"
nach einem strengen Abschottungsprinzip. Die Kontakte zu den einzelnen
Gruppen wurden von Mitgliedern gepflegt, die am längsten der
Vereinigung angehörten, daher das größte Wissen
über die Organisation der Revolutionären Zellen hatten
und in ihrer Gruppe eine dominierende Stellung einnahmen. Sprachrohr
der Vereinigung war die seit 1975 bis 1981 etwa jährlich erscheinende
Zeitschrift "Revolutionärer Zorn", die zunächst
den Zusatz "Zeitung der Revolutionären Zelle" und
nach der Umbenennung "Zeitung der Revolutionären Zellen"
führte. Es sind, soweit bekannt geworden, die Nummern 1 bis
7 erschienen. In letzterer Zeitschrift ist das Erscheinungsdatum
mit 1981 angegeben; eine Extraausgabe erschien im Oktober 1986.
Diese Publikationen waren gegründet auf gemeinsamen Diskussionen
und Redaktionsbesprechungen von Mitgliedern der verschiedenen Gruppen.
In den Schriften wurden die - oben beschriebenen - Zwecke
und Ziele der Revolutionären Zellen dargelegt; sie dienten
darüber hinaus der ideologischen Schulung, enthielten praktische
Hinweise, wie man den Kampf führt und sich die erforderlichen
Mittel beschafft, wollten ein Gefühl der Zusammengehörigkeit
vermitteln und riefen dazu auf: "Schafft viele Revolutionäre
Zellen !"
Die Revolutionäre Zelle/ Revolutionäre Zellen haben sich
in Selbstbezichtigungsschreiben unter anderem zu folgenden Anschlägen
bekannt:
- In der Nacht zum 17. November 1973 wurde auf das Bürohaus
der US-Firma ITT in Berlin ein Brand- und Sprengstoffanschlag
verübt
- am 18. November 1973 ein Sprengstoffanschlag auf die Firma Standard-
Elektrik- Lorenz in Nürnberg,
- am 26. August 1974 Sprengstoffanschläge auf das Israelische
Verkehrsbüro und die Kranbaufirma Mohr und Federhaff in Frankfurt
am Main,
- am 29. April 1975 ein Sprengstoffanschlag in Berlin auf ein
Gebäude, in dem die Ausländerpolizei untergebracht war,
- am 1. Juni 1976 ein Sprengstoffanschlag auf das Hauptquartier
der US-Streitkräfte in f'rankfu11 am Main, durch den Sach-
und erheblicher Personenschaden verursacht wurde,
- am 1. Dezember 1976 in Frankfurt am Main ein Sprengstoffanschlag
auf den US- Luftwaffenstützpunkt,
- am 2./3. Januar 1977 ein versuchter Brandanschlag auf ein Kino
in Aachen,
- in der Nacht zum 16. Februar 1977 in Düsseldorf ein Brandanschlag
auf das Fahrzeug des Rechtsanwalts Peters, eines Pflichtverteidigers
in einem Strafverfahren, das den Überfall auf die Deutsche
Botschaft in Stockholm im April] 975 zum Gegenstand hatte,
- am 22. August 1977 ein Sprengstoffanschlag in Nürnberg
auf ein Verwaltungsgebäude der Firma MAN, an dem zwei Gruppen
der Revolutionären Zellen aus Berlin und Frankfurt beteiligt
waren,
- am 6. April 1978 ein Sprengstoffanschlag auf ein Frankfurter
Hochhaus, in dem die Polizei- und Ordnungsbehörde - Ausländerabteilung
- untergebracht war,
- in der Nacht zum 18. Mai 1978 ein Brandanschlag auf das Heidelberger
Schloß,
- am 1. oder 2. Januar 1984 ein Sprengstoffanschlag auf das Verwaltungsgebäude
des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr in Gelsenkirchen,
- am 28. April 1985 ein Sprengstoffanschlag auf ein Gebäude
der Deutschen Bank in Düsseldorf: das Gebäude des Gesamtverbandes
der Metallindustrie in Köln und auf ein Gebäude der
Farbwerke Hoechst,
- am 5./6. Januar 1991 ein Sprengstoffanschlag auf die Staatskanzlei
und das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in
Düsseldorf.
Nach den Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden haben die
Revolutionären Zellen in der Zeit zwischen 1973 und 1995 mindestens
186 Anschläge verübt, davon die Revolutionären Zellen
in Berlin von 1986 bis 1993 mindestens 40 Anschläge, zuletzt
1993 einen Anschlag auf ein Energieversorgungshaus des Bundesgrenzschutzes
in Frankfurt/ Oder.
Anschläge verübte zudem die "Rote Zora", ein
feministischer Zweig der RZ, der Mitte der 70er Jahre entstand und
sich 1987 verselbständigte.
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