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RZ - Erklärung
Schüsse in die Knie des Leiters der
Ausländerpolizei Hollenberg, Berlin (Oktober 86)
Der Berliner Ausländerpolizeichef Hollenberg ist ein Menschenjäger
und ein Schreibtischtäter. Sein Jagdrevier Westberlin ist der
Brennspiegel bundesdeutscher Ausländerpolitik, das heikle und
heiße Pflaster, auf dem sich die jeweiligen Projektierungen
exemplarisch verdichten und hochgekocht werden. Mögen die Ausländerpopulationen
auch wechseln, die taktische Aufarbeitung bleibt sich doch immer
gleich. Über eine Abfolge von staatlich gesteuerter Stigmatisierung
einzelner Segmente, zunehmend jedoch der ausländischen Bevölkerung
in ihrer Gesamtheit, über eine genau kalkulierte, völkische
Mobilisierung wird das Terrain geebnet für blutige Pogrome
und radikale Repressionen. Nach diesem Muster verliefen die Angriffslinien
gegen die türkischen Arbeitsemigrantinnen und -emigranten ab
Mitte der 70er Jahre mit dem Ziel, sie generell aus den arbeits-
und sozialrechtlichen Sicherungen herauszubrechen, um über
eine flexible, vollkommen rechtlose Verschiebmasse auf dem Arbeitsmarkt
zu verfügen. Nach diesem Muster verliefen auch die verschiedenen
Angriffswellen gegen die Flüchtlingskontingente. Nach den bilateralen,
schmutzigen Deals mit der NATO-Türkei und dem Libanon, zeichnet
sich über das jüngste DDR-Abkommen, die Mitarbeit des
Ostblocks an den kapitalistischen Eindämmungstrategien gegenüber
den internationalen Flüchtlings- und Wanderarbeiterbewegungen
ab. Mag dabei auch politisches Kalkül und ökonomischer
Zugzwang eine Rolle spielen, de facto konstituiert sich damit ein
Bündnis von Imperialismus und Staatssozialismus gegen die Armutsbevölkerung
der drei Kontinente.
Der Chef der Berliner Ausländerpolizei und Lummer - Protegé
Hollenberg steht in diesem "Abwehrkampf" an vorderster
Front, in Geist und Tradition der "kämpfenden Verwaltung",
wie sie NS-Heydrich definiert und formiert hat. Dabei ist weniger
ausschlaggebend, ein scharfer Hund zu sein, vielmehr kommt es darauf
an, ein untrügliches Gespür für die Absichten und
Planungen der Macht zu haben, um effektiv und flexibel an den Gesamtkonzeptionen
mitzuarbeiten. Daß Hollenberg über dieses unersetzliche,
symbiotische Verhältnis zur Macht verfügt, beweist seine
rasche Wiedereinsetzung als Ausländerpolizeichef - im übrigen
ein beispielloser Vorgang - nachdem er zuvor wegen seiner Verwicklungen
in die Schmitz-Korruptionsaffaire verabschiedet werden mußte.
Seither übt er sein Amt diskreter, dafür umso effizienter
aus.
Hollenberg ist zuständig für den täglichen Terror,
für die über hunderttausend Kontrollen, für zehntausende
von Festnahmen, für tausende von Razzien im Jahr auf "ausländerrelevante
Orte". Er befehligt die zahllosen Überfälle und Durchsuchungen
von Ausländerwohnheimen und -wohnungen auf der Suche nach "Asylern,
Abschiebern, illegalen Schwarzarbeitern und Scheinehen".
Und er ist mitverantwortlich für den grauenvollen Verbrennungstod
von sechs Männern in der Abschiebehaft Augustastraße
, denn er sorgt dafür, daß diese Käfige ständig
überfüllt sind. Die provozierte Enge, der Dreck, der Gestank
und die Aggressionen sind kalkuliert, um einen Rassismus zu schüren,
der keine Hemmschwellen mehr kennt, Menschen aus "Pflichtbewußtsein"
verbrennen zu lassen.
Das taktische Zusammenspiel zwischen den rigorosen Projekten der
Macht und dem exekutierenden Verwaltungsapparat hat in diesem Sommer
einen erschreckenden Höhepunkt erreicht. In diesen Manövern
hat sich auch der Chef der Berliner Ausländerpolizei blutige
Meriten erworben. Um die Flüchtlingszahlen demagogisch hochzutreiben,
ließ er durch seine "Greiftrupps zur gezielten Ausländerfahndung"
die Frontstadt praktisch dichtmachen und ausnahmslos alle nichtweißen
Frauen, Männer und Kinder - selbst Durchreisende und Besucher
- einfangen und zwangsasylieren. Zeltstädte und Containerlager
wurden in Szene gesetzt - Potemkinsche Dörfer - allein für
den Augenblick und Zweck geschaffen, ein mörderisches völkisches
Klima hochzuputschen und sich eine breite Akzeptanz zu sichern für
die eigentlichen imperialen Lösungsstrategien. Diese zielen,
jenseits allen wahltaktisch inszenierten Gerangels "Grundgesetzänderung
versus DDR-Deal" auf eine völlige Umkehrung der jetzigen
Situation. Über ein ganzes Paket aufeinander abgestimmter,
drakonischer Repressionen soll ein grundsätzlich neues, griffiges
Instrumentarium geschmiedet werden, um die internationalen Flüchtlings-
und Wanderbewegungen im Vorfeld abzublocken und einschneidend zu
dezimieren. Die solchermaßen Vorsortierten sollen dann einer
neuerlichen Selektion nach Alter, Geschlecht, politischer Gesinnung
und beruflicher Qualifikation unterworfen werden, um unter arbeitsmarktstrategischen
Kriterien als entgarantierte Ausbeutungs- und Verschiebemasse je
nach Bedarf eingesogen oder ausgestoßen zu werden. Das ist
der reale, harte Kern der staatlich inszenierten Asylrechtsdiskussion.
Insoweit ist dies kein spezifisch bundesrepublikanisches Thema,
sondern wird im gesamten kapitalistischen Westen verhandelt. Für
die innerdeutsche Aufbereitung dieser Verwertungs- und Vernichtungsstrategien
ist allerdings der immense Druck, der in Berlin produziert wurde,
von exemplarischer Bedeutung und exakt auskalkuliert. Über
dieses Spannungsfeld definiert sich auch die spezielle Funktion
des Berliner Ausländerpolizeichefs.
Eine ganze Reihe politischer Weichen in diesem unerklärten
Kriegs gegen die Armutsmassen der 3 Kontinente sind hier gestellt
worden. Der erste, mit Ostberlin ausgehandelte konzentrierte Angriff
galt den Tamilen. Dann dechiffrierte sich der "La Belle"-Anschlag
zum einen als bestellter Vorwand der US-Administration für
die mörderische Bombardierung libyscher Städte. Zum anderen
als die, von den Alliierten legitimierte, Gelegenheit zur Grenzabriegelung
und systematischen Durchkämmung Westberlins durch Hollenbergs
Sondereinheiten. Vergleichbar national wie international angelegt
war die "Operation Libanon". Die Suche nach vier Libanesen
mit Sprengstoffkoffern erwies sich schnell als durchsichtige Konstruktion
für die brutale und beispiellose Großrazzia mit 2 Schützenpanzern,
30 Wannen und 12.000 Polizisten, die sämtliche Berliner Zwangslager
und Ausländerheime aufrollten. Zweifellos ein wichtiges Datum
in der Hollenbergschen Karriere. Für die internationale Auswertung
dieser Operation sorgte Innensenator Kewenig mit seinem Libanon-Trip,
um den letzten garantierten Schutz, das Verbot der Auslieferung
in Kriegs- und Krisengebiete, zu schleifen. In nahtloser Übereinstimmung
mit dem Vorgehen der Regierungen in Paris, London und Rom.
Die Strategie ist gesamtimperialistisch, die Aufbereitung national;
Westberlin kommt dabei die Funktion eines taktischen Zentrums zu
und der Chef der berliner Ausländerpolizei Hollenberg exekutiert
diese Repressions- und Selektionstrategien direkt an den Flüchtlingen
und Arbeitemigranten.
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