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46. Prozesstag: 21. Dezember 2001
Ob es stürmt oder schneit....
Das einsetzende Winterwetter verzögerte offensichtlich den
Beginn der Sitzung am heutigen Tage, dafür wurde er aber auch
schon kurz nach 11:00 Uhr wieder unterbrochen.
Als einziger Zeuge war heute erneut der BKA-Beamte van Elkan geladen.
Seine Zuständigkeit hätte sich auf die bei der Hausdurchsuchung
beim Angeklagten Axel H. am 23.11.1999 beschlagnahmten Gegenstände
beschränkt. Doch auch die beide Durchsuchungen im Projektezentrum
Mehringhof hätte er durchaus aktiv mitgestaltet, sei aber nach
den Umstrukturierungen des BKA im August 2000 mit den Vorgängen
nicht mehr befasst gewesen.
Ich bin nichts, ich weiß nichts, gebt mir.....
Der Zeuge sagte auf Befragen des Rechtsanwaltes Geimecke aus, dass
ein angeblich bei der Durchsuchung gefundenen Revolver in der BKA-Zentrale
untersucht worden sei. Das Ergebnis hätte Auskunft über
den Hersteller, das Alter, die Funktionsfähigkeit und mögliche
Fingerabdrücke auf der Waffe geben sollen, war ihm aber leider
nicht bekannt. Er hätte sie damals als eine Art Schreckschuss-Gaswaffe,
Kaliber 9 mm, klassifiziert. Auch über die Verwendbarkeit und
Funktionstüchtigkeit der aufgefundenen 16 Patronen konnte er
keine Angaben machen. An dieser Stelle, wie auch bei allen anderen
Fragen, verwies der Polizist fortwährend auf seine Vorgesetzten
Schulzke und Trede, sowie auf die Berichte in den Akten. Er versuchte
seine Tätigkeiten als reine Asservaten-Auswertung darzustellen.
Weiterhin hätte er sich mit diversen Notizbüchern, Zetteln
und Adressverzeichnissen beschäftigt, die damals in Nebenräumen
auf dem selben Stockwerk gefunden wurden. Von ihm dabei vorgenommene
Kennzeichnung von 25 Namen hätte keinen ermittlungstaktischen
Grund. Einige Male wäre ein Name aufgetaucht, der als "Jan"
oder "John" lesbar wäre. Der Verteidiger hielt ihm
vor, dass der Kronzeuge auf mehrerer dieser Schriftstücke die
Handschrift von Axel H. erkannt haben will, obwohl sich z.T. Eintragungen
verschiedener Personen auf den Dokumenten befanden hätten.
Woher Mousli die Schrift des Angeklagten überhaupt gekannt
haben will und so zielsicher herausfinden konnte, war dem Zeugen
angeblich nicht bekannt. Diese Frage sei auch bei späteren
Vernehmungen Tarek Mouslis, an denen er immerhin öfters teilgenommen
hätte in seinem Beisein nie problematisiert worden. Das Ergebnis
einer von ihm im Juni 2000 beauftragten Untersuchung zur möglichen
Übereinstimmung verschiedener Schriften sei bis zu seinem Arbeitsplatzwechsel
im August 2000 nicht bekannt gewesen.
Auch an den beiden Durchsuchungen des Mehringhofes im Bezirk Berlin-Kreuzberg
sei er beteiligt gewesen. Der Kronzeuge hätte dort mögliche
Fundorte des vermuteten Sprengstofflagers beschrieben und mit Kreuzen
auf einem Grundrissplan gekennzeichnet. Zu welchem Zeitpunkt diese
Markierung vorgenommen wurde, welche Pläne dabei verwendet
worden sind und wo diese abgeblieben sind, dem Zeugen waren angeblich
auch diese Informationen nicht bekannt. So konnte der Zeuge für
heute entlassen lassen, vereidigt nach der "weltlichen"
Formel, denn geistlicher Beistand hätte da auch nicht mehr
gebracht...
Bundesanwälte ohne Ehrgeiz
Gegen Ende der Verhandlungen nahmen die Bundesanwälte zu zwei
Anträgen der Verteidigung vom Vortag Stellung. Die verlangte
Zurverfügungstellung eines besonderen Cassettenabspielgerätes,
mit dem die richtige zeitliche Reihenfolge der Tonbandmitschnitte
aus der Telefonüberwachung des Kronzeugen festgestellt werden
kann, wiesen sie zurück. Irritationen über die Vollständigkeit
der Aufzeichnungen seien erst in einem einzigen Fall aufgetreten,
d.h. sie gehen davon aus, dass alles andere schon korrekt sein würde.
Sollte die Verteidigung doch noch Unvollständigkeiten in den
Tonaufnahmen ausfindig machen, so stünde ja das Gerät
auf der Geschäftsstelle des Kammergerichtes zur Verfügung.
Mit einer ähnlich "fundierten" Begründung wurde
auch der zweite Antrag der Anwältinnen von Harald G. abgelehnt.
Die geforderte Akteneinsicht in weitere vermutete Ermittlungsunterlagen
des BKA sei nicht erforderlich: es gäbe nämlich keine
weiteren Akten. Aus den am Vortag aufgezeigten Ungereimtheiten und
Widersprüchen bei den beiden vorliegenden Sachstandsberichten
vom August 1999, könne nach seinem logischen Verstand - so
BAW Bruns - nicht auf das Vorhandensein einer weiteren Ermittlungszusammenfassung
geschlossen werden. Es könne sich dabei, so seine Logik weiter,
höchstens - wenn überhaupt - um einfache Fehler, Versehen
oder Datenverwechselungen handeln. Selbst wenn ein dritter Sachstandsbericht
gefertigt worden wäre, auch dann wäre die Herausgabe abzulehnen:
nicht prozessrelevant. Er schloss seine wie gewohnt nachlässig
vorgetragene Argumentation mit der Behauptung, die Anträge
der Verteidigung hätten nur das Ziel, eine unübersehbare
Materialfülle in das Verfahren einzuführen, um den Prozess
undurchführbar zu machen.
Die VerteidigerInnen Kaleck und Würdinger sprachen bei ihrer
kurzen Erwiderung offenbar fast allen ZuschauerInnen aus dem Herzen,
wie der Beifall auf offener Szene bewies. Der BAW-Vortrag sei stil-
und niveaulos und rechtlich nicht haltbar. - Doch diesen Eindruck
hat der/die geneigte BesucherIn des Prozesses von Anfang an, auch
zumindest im stillen Einverständnis mit dem Kammergericht,
wie an den bisher getroffenen Entscheidungen unschwer nachzuvollziehen.
- Die Anwältinnen hielten ihre Anträge unverändert
in vollem Umfang für gerechtfertigt.
Prozess erst ab 16 Jahren freigegeben
Wie heute am Rande des Prozesses bekannt wurde, hält die Justiz
seine Aufführungen für nicht jugendfrei. Eine erst knapp
16jährige Besucherin wurde gestern der Zutritt zum Hort der
Rechtsfindung beim Kammergericht verwehrt. Der in diesem Alter noch
nicht gefestigte junge Glaube an die Rechtsprechung könne durch
das Miterleben im Saal 500 irreparable Schäden nehmen, so die
allseits vermutete Begründung.....
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