Übersicht
Aktuelle Meldung
Meldungen
Berichte
Vorschau
Hintergrund
Mailingliste
Mail
Suche
|
34. Prozesstag: 9. November 2001
(korrigierte Fassung)
Ein Motorrad, ein Fahrer und ein Sozius am Grenzkontrollpunkt
Drewitz
Am heutigen Freitag beschäftigte sich das Gericht mit den
Aussagen des ehemaligen Ehepaares Olaf und Florence F. Die beiden
Zeugen hatten am 30.8.1987 am Grenzkontrollpunkt Drewitz ein Motorrad,
einen dazugehörigen Fahrer und einen Beifahrer beobachtet.
Später sei dieses Fahrzeug im Fernsehen gezeigt worden mit
der Aufforderung sich bei der Polizei zu melden, was Olaf F. dann
auch tat. Bei dem Motorrad soll es sich um das Fahrzeug gehandelt
haben, von dem aus dem Richter am Bundesverwaltungsgericht Günter
Korbmacher am 1.9.1987 in die Beine geschossen wurde.
"Ich kann dazu nicht mehr sagen."
Olaf F., der zuerst befragt wurde, konnte sich heute noch daran
erinnern, dass ihm das Fahrzeug durch die schwarze, nicht orginalgetreue
Farbe sowie durch eine weiße Sitzbank aufgefallen sei. Außerdem
wusste der Zeuge heute noch, dass es sich bei der fraglichen Maschine
um eine Yamaha gehandelt habe. Zwei Männer, der Fahrer und
der Beifahrer, beide vermutlich Ende 20 oder Anfang 30, seien während
der Wartezeit abgestiegen und hätten sich neben dem Motorrad
aufgehalten. An weitere Details aus Aussagen, die der Zeuge 1987
betreffend Kleidung, Größe und Verhalten der beiden Personen
gemacht hatte und die ihm heute von der Vorsitzenden Richterin Hennig
vorgehalten wurden, konnte sich Olaf F. nicht mehr erinnern.
Erinnern konnte er sich allerdings noch an drei bis vier polizeiliche
Termine, bei denen ihm und seiner damaligen Frau Lichtbilder vorgelegt
worden seien. Außerdem seien aufgrund ihrer Aussagen Phantombilder
angefertigt worden. Im August 2000 hätte er auf seinem Handy
plötzlich eine Nachricht vorgefunden, dass er und seine Frau
erneut zu den 13 Jahre zurückliegenden Beobachtungen befragt
werden sollten. Dieser Benachrichtigung folgten eine Befragung beim
Staatsschutz und beim Bundeskriminalamt (BKA) in Treptow. Bei der
letzteren, bei der zwei Beamte aus Meckenheim anwesend waren, seien
ihnen 20 Bilder vorgelegt worden. Bei einem der Bilder, das den
Angeklagten Axel H. abbildete, glaubte der Zeuge "eine gewisse
Ähnlichkeit" mit einer der Personen erkennen zu können,
die er damals am Grenzkontrollpunkt gesehen habe. Die "Ähnlichkeit",
die er auf Bitte der BKA Beamten anhand einer Skala von 0 bis 100
einschätzen sollte, maß der Zeuge im August 2000 einen
Wert von 40 Prozent zu. Der Zeuge nahm auch heute die Lichtbildvorlagen
in Augenschein und konnte das fragliche Bild wiedererkennen. Die
Frage, ob die Person auf dem Bild im Gerichtssaal säße,
beantwortete der Zeuge richtig und deutete auf den Angeklagten Axel
H.
Die Beifahrerin
Im zweiten Teil des heutigen Verhandlungstages stand Florence F.,
die damalige Frau und Beifahrerin von Olaf F. am Grenzkontrollpunkt,
im Zeugenstand. Nicht zuletzt aufgrund der nicht ausbleibenden quälenden
Wiederholungen kämpften die ProzessbesucherInnen, aber auch
einige Anwälte und selbst zwei der Beisitzenden Richter offensichtlich
- die einen mehr, der anderen weniger erfolgreich - gegen ein starkes
Schlafbedürfnis. Frau F., die sich wie auch ihr ehemaliger
Mann redlich um eine Wiederbelebung der Erinnerungen bemühte,
konnte auch auf längere Vorhalte von Frau Hennig keine über
die Aussagen von Olaf F. hinausgehenden weiteren Einzelheiten beitragen.
Auch sie erinnerte sich an die Vernehmung vom August 2000 durch
zwei Beamte des BKA und die Vorlage von 20 Bildern. Dabei schätzte
auch sie die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei einem der Bilder
um den Mann handeln könnte, der damals das Motorrad gefahren
habe, auf 40 Prozent. Allerdings war es ihr heute, trotz direkter
Nachfrage des Verteidigers von Schlieffen, nicht möglich, das
fragliche Bild, das den Angeklagten Axel H. zeigt, mit einer der
im Gerichtssaal anwesenden Personen in Verbindung zu bringen.
Anträge über Anträge
Kurz vor Beendigung des Verhandlungstages forderte Verteidiger
Kaleck Aufklärung darüber, ob von der Bundesanwaltschaft
(BAW) inzwischen alle noch fehlenden Kassetten, Beschlüsse
oder Unterlagen dem Gericht zugestellt worden seien. Rechtsanwältin
Studzinsky erinnerte an einen Antrag, in dem die Verteidigung eine
schriftliche Mitteilung der BAW darüber gefordert habe, dass
nunmehr keine, noch nicht in die Hauptverhandlung eingeführten,
neuen Beweismittel zu erwarten seien. Die Vorsitzende Richterin
schien sich weder an den entsprechenden Antrag zu erinnern, noch
wußte sie von einem diesbezüglichen Schreiben der BAW.
Hierüber konnte jedoch der Bundesanwalt Bruns aufklären,
dem eine Notiz vorlag, aus der hervorzugehen scheint, dass ein entsprechendes
Schreiben mit Datum vom 29. Oktober von der BAW an den 1. Senat
des Berliner Kammergerichts gesandt worden sei.
|