21.02.02
Kammergericht
Berlin, den 19.11.02
In der Strafsache
./. Harald Glöde u.a.
2 StE 11/00 (4/2000)
wird das Gericht aufgefordert, darauf hinzuwirken,
- daß die Protokolle von den Gesprächen des Zeugen
Mousli mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz ungeschwärzt
vorgelegt werden,
- die Protokolle über sämtliche Gespräche angefordert
werden
- und die Anlagen ebenfalls vollständig überreicht werden.
Begründung:
Am 25.1.02 überreichte die Vorsitzende 197 Seiten Protokolle
von sechs Gesprächen, die der Zeuge Mousli zwischen dem 17.April
2000 und dem 7.9.2000 mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz
geführt hat.
Ein Großteil der Seiten ist geschwärzt und deshalb völlig
unverständlich. Soweit eine Beurteilung möglich ist, handelt
es sich bei den geschwärzten Passagen nicht um personenbezogene
Daten.
Sollte dies der Fall sein, bleibt völlig unverständlich,
wieso durchaus Namen von Personen an anderen Stellen auftauchen..
Es ist auch nicht ersichtlich, daß in den geschwärzten
Passagen die geheime Arbeitsweise des Bundesamtes für Verfassungsschutz
enthalten ist.
Da der Zeuge Mousli nach seinen Angaben gerade keine Geheimhaltungspflicht
über den Inhalt dieser Gespräche hat, ist die Schwärzung
der Passagen noch weniger nachvollziehbar und begründet. Denn
der Zeuge Mousli hat im Rahmen seiner Zeugenpflicht den Inhalt der
Gespräche vollständig wiederzugeben. Weder ist er berechtigt,
zum Schutz von persönlichen Daten Angaben zu verweigern, noch
über den Inhalt dessen, was ihm die Mitarbeiter des Verfassungsschutz
mitgeteilt haben und sei es über ihre Arbeitsweise.
Sämtliche erörterten Themenbereiche betreffen dieses
Verfahren.
Die Vorlage der vollständigen Protokolle ist erforderlich.
Aussagen, die der Zeuge Mousli im Ermittlungsverfahren und auch
in der Hauptverhandlung
gemacht hat, stehen so weit man aus den Bruchstücken etwas
erkennen kann, im Widerspruch zu seinen Angaben gegenüber dem
Bundesamt für Verfassungsschutz.
Offensichtlich wurde er zusätzlich von seinen Gesprächspartnern
vom Verfassungsschutz über deren Erkenntnisse informiert, die
er sich daraufhin in späteren Aussagen als angebliche eigene
Erkenntnisse und Tatsachen übernommen hat.
Dazu beispielhaft zur Entwicklung der Erkenntnisse von Mousli:
1.)
- Mousli gab in seiner Vernehmung am 13.12.99 an, er habe den
Decknamen Horst noch nie gehört. ( Bd. 17, Bl. 377)
- Seite 107 im Protokoll vom BfV, 20.4.2000. : "Hier taucht
( geschwärzt....) Horst auf. So, (geschwärzt......) Horst."
- In der Vernehmung vom 4.7.200 Mouslis heißt es , Bd. 19,
Bl. 1292:
"Nach der BKA- Aktion 1987 wurden folgende Decknamen geändert:
Horst in Jon"
2.)
- In der Hauptverhandlung gab Mousli wiederholt an, er kenne keinen
anderen Decknamen von Judith.
- Seite 14, Protokolle des BfV: " Vera war so ein alter Deckname
von Judith"
Seite 58 der BfV Protokolle: "Wo der Sigi mit drinhängt,
nicht wahr?"
Rest geschwärzt
Seite 91/ 92 Protokolle des BfV vom 19.4.00: "Dann ist das
der, wo ich dachte, das ist vielleicht der Luka ( Christian Gauger)
(geschwärzt.....) Mir sind mal Bilder vorgelegt worden, wo
ich zu Herrn Schulzke gesagt habe, das ist vielleicht der Luka.
Ich weiß noch genau wie dieses Bild aussah. ...Ich habe dieses
Bild vor Augen und ich habe diese Person vor Augen, vielleicht ist
das ja auch kein Hinweis auf Luka, sondern (geschwärzt....)
Es ist auf jeden Fall ein Paßfoto gemacht worden, wo ein Paßfoto
existierte und dieser hatte keinen Schnurrbart, (geschwärzt...)
und dann paßt auch ganz viel zusammen, weil dann ist wahrscheinlich
(geschwärzt.....) gemacht worden.
- In seiner Vernehmung am 5.4.00, Bd. 19, Bl. 1053 gibt er bei
Vorlage der Lichtbildmappe 1/00 (u.a. mit Christian Gauger) auf
die Frage: "Kennen Sie diese Personen?" an:
" Nein."
Es ist nicht ersichtlich, daß die Gefahr besteht, daß
die Offenlegung der geschwärzten Stellen "dem Wohl des
Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde",
so daß eine Rechtsgrundlage für eine Sperrerklärung
ebenfalls nicht vorliegt.
Wie aus dem hiesigen Strafverfahren bekannt ist, hat der Zeuge
Mousli zahlreiche Personen benannt und die unterschiedlichsten Äußerungen
zu ihnen gemacht.
Über eben diese Personen äußert er sich auch gegenüber
dem Bundesamt für Verfassungsschutz, aber durchaus unterschiedlich
im Vergleich zu seinen bisherigen Vernehmungen, so daß zur
Überprüfung der Glaubwürdigkeit des einzigen Belastungszeugen
Mousli unerläßlich ist, seine unterschiedlichen Angaben
zu überprüfen, ihm vorzuhalten und Feststellungen darüber
zu treffen, welche Erkenntnisse ihm vom Bundesamt für Verfassungsschutz
"souffliert" wurden.
Sodann ergibt sich aus Blatt 56 der vorgelegten Protokolle, daß
es bereits vor dem 17.4.00 mindestens ein weiteres Treffen mit dem
Bundesamt für Verfassungsschutz gegeben hat
So heißt es bei dem angeblich ersten Treffen am 17.4.2000:
"Also, wir hatten Ihnen was mitgebracht, Taterklärungen
Herrhausen und Rohwedder, als wir uns das erste Mal sahen"
Als Anlage befindet sich bei den Protokollen lediglich die Erklärung
von Helmut Pohl.
Da von mindestens 4 Anlagen in den Protokollen die Rede ist, sind
die fehlenden Anlagen und natürlich auch die vorgelegten Lichtbildmappen
vollständig vorzulegen.
Würdinger, Rechtsanwältin
Studzinsky, Rechtsanwältin
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