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Verteidigung

Rechtsanwältin

Rechtsanwältin

Andrea Würdinger

Silke Studzinsky

Motzstraße 1

Kottbusser Damm 72

10777 Berlin

10967 Berlin

Kammergericht

Berlin, 20.12.01

 

In der Strafsache

./. Harald Glöde u.a.

  1. 2 StE 11/00 (4/2000)

wird im Hinblick auf das bisherige Aussageverhalten des Zeugen KOK Trede in der Hauptverhandlung am 13.12. und 14.12.01 folgende Erklärung gem. § 257 StPO abgegeben:

Der Zeuge spielte immer wieder Erinnerungslücken vor, vorzugsweise bei der Befragung durch die Verteidigung. Daß es sich hier um vorgespielte Erinnerungslücken handelt - und damit um eine bewußt unvollständige Aussage, zeigt sich an folgendem:

1.

Der Zeuge war neben dem Zeugen KHK Schulzke wesentlich an den hiesigen Ermittlungen ab Anfang 1998 beteiligt. Zum Komplex " Seegraben" hat sich der Zeuge in der Zeit vom 17.6.99 bis 24.8.99 fast ausschließlich allein intensiv mit dem Suchen nach dem vom Zeugen Mousli angeblich bereits im März 1995 im Seegraben entsorgten Sprengstoff beschäftigt. Dies soll sogar gegen die allgemeine Einschätzung seiner Kollegen und Vorgesetzten der Fachdienststellen erfolgt sein.

Der Zeuge konnte zwar im Zusammenhang und über Minuten seine Befindlichkeiten schildern, wie er gegen den Widerstand und die Zweifel seiner Kollegen ankämpfen mußte, bis er den Seegraben ein drittes Mal ( nach der Entlassung Mouslis am 7.7.99 und nach zwei erfolglosen Suchaktionen am 16./17.6.99) absuchen lassen "durfte".

Er schilderte in diesem Zusammenhang seine über eine Woche andauernden Recherchen mit der Forstbehörde, der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und anderen Fachleuten, konnte über Einzelheiten, Inhalte und Ergebnisse, Gesprächspartner jedoch nichts weiteres angeben. Dies versank im Schlick seiner Erinnerung. Leider ist es den Prozeßbeteiligten versagt, in diesem Schlick fündig zu werden, da sich darüber nichts davon in den Akten widerspiegelt.

Ein bekanntes Phänomen bei der Aktenführung durch BKA und BAW, wie sich den zahlreichen Anträgen der Verteidigung entnehmen läßt.

Der Akte läßt sich in Bd. 40, Bl. 8 nur entnehmen, daß am 16.8.99 ein Ortstermin von Trede mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung stattgefunden hat.

Entgegen dem Akteninhalt gab der Zeuge Trede in der HV am 13.12.01 an, daß er am 16.6.99 angekettet an den Zeugen Mousli den Seegraben ca. 300-500 m von der Schönerlinder Chaussee Richtung Norden abschritt. Er führte aus, wie mühsam wegen der Mücken und des engen Weges dieser Gang war. Anhand der in Bd. 40, Bl. 11, 12, 13 befindlichen Pläne zeigte der Zeuge, daß er mit Mousli weit über den späteren Fundort des Sprengstoffs hinaus den Seegraben abgelaufen war.

Erst als er die Gabelung des Lietzengrabens, schon hinter dem Wald erblickte, sei er umgekehrt.

Vom Gesprächsinhalt mit Mousli konnte er nur wiedergeben, daß dieser zum einen unsicher war, an welcher Stelle er den Sprengstoff in den Graben geworfen habe und zum anderen bei Beginn der Freifläche angab, hier könne es auf keinen Fall mehr gewesen sein.

Diese Angaben stehen im krassen Gegensatz zu den Angaben Mouslis, die den Akten entnommen werden können. So gab dieser in seiner Vernehmung am 16.6.99, die Anlaß für die Absuche am selben Tage war, an:
(Bd. 14, Bl. 305):

"Ich meine, mich noch sehr gut erinnern zu können, wo ich ihn (Sprengstoff) hingebracht habe. Aus meiner Erinnerung kann ich sagen, daß es sich um einen Graben in der Nähe eines Waldparkplatzes am Rande des Ortsteils Buch im Bezirk Berlin- Weißensee handelt. Herr Staatsanwalt Monka hat mir soeben einen Stadtplan von Berlin zur Verfügung gestellt. Anhand dieses Stadtplanes, von dem eine Kopie als Anlage zu dieser Vernehmung genommen werden sollte, kann ich den Lageort sehr präzise beschreiben. Es handelt sich um einen etwas Wasser führenden Graben quer zur Schönerlinder Chaussee. Ich habe aus meiner Erinnerung heraus eine handschriftliche Skizze während der Vernehmung angefertigt, aus der sich der mutmaßliche Fundort ergibt. Diese Skizze sollte ebenfalls zur Vernehmung genommen werden. Ich bin jeder Zeit willens und in der Lage, mit Ihnen zusammen dort hin zu fahren, um den restlichen Sprengstoff zu suchen."

Wie von Mousli geheißen, wurde dann seine Skizze und eine Kopie des Stadtplans (Bd. 44, Bl. 207 und Bd. 40, Bl. 310 ) zur Akte genommen.
Auf der Skizze ist als Lagerort des Sprengstoffs eindeutig eine Stelle in Höhe des Parkplatzes eingezeichnet.

Aus dem Bericht vom 22.6.99 (Bd. 14, Bl. 212), gibt Trede Äußerungen Mouslis wie folgt wieder:

" Nach dem Besuch sprach der Beschuldigte Tarek Mousli mich auf die am Vortage durchgeführte Suche nach dem von ihm weggeworfenen Restsprengstoff an. Hierbei teilte er direkt nach seiner Frage selbständig mit, daß er sich noch mal Gedanken um die von ihm bezeichnete Stelle gemacht hat. Der von ihm bezeichnete Wassergraben müsse nach seiner Vorstellung nach ca. 50 m im Wald weiter führen. Er habe sich noch mal vor Augen gehalten wie sein damaliger Ablauf gewesen sei. Er könne nicht ausschließen, daß er nach dem Parken seines PKW am Schrankenbereich des hinteren Parkplatzes hinter die Absperrung des Weges in den Wald hineingegangen sei und im weiter führenden Bereich des Wassergrabens den restlichen Sprengstoff geworfen habe."

Diese von Trede wiedergegebene Äußerung Mouslis läßt sich kaum in Übereinstimmung mit den Angaben Tredes zum Abschreiten des Grabens in der Hauptverhandlung bringen.

Wäre Mousli am 16.6.99 tatsächlich aneinandergekettet mit Trede den Seegraben abgeschritten, hätte er kaum seine "Vorstellung" über den Verlauf des Grabens 1995 bemühen müssen.

Erst durch die Bemerkung Mouslis am 17.6.99 wurde der weitere Bereich des Seegrabens abgesucht.

Absurd ist damit die jetzige Schilderung Tredes in der Hauptverhandlung, Mousli hätte bereits am 16.6.99 anläßlich des Abschreitens des Seegrabens weit über den späteren Fundort hinaus, zwar zum einen Unsicherheit über den Wegwerf-Ort gezeigt, aber zum anderen den möglichen Auffindeort nicht nur auf Höhe des Parkplatzes, sondern im weiteren Verlauf des Seegrabens weit über den späteren Fundort hinaus für möglich gehalten.

Wäre dies der Fall gewesen drängt es sich auf, daß bereits am 16.6.99 der weitere Bereich des Seegrabens durchsucht worden wäre und nicht erst erneut anläßlich der Äußerung Mouslis am 17.6.99.

Dies deckt sich mit den Angaben Mouslis vom 7.7.99 (Bd. 14, Bl. 243) in der es heißt:

" Hinzuzfügen möchte ich allerdings etwas zu dem Ort, an welchem ich den Sprengstoff weggeworfen habe. Am 16.Juni 1999 im Anschluß an die vorhin genannte Vernehmung hatten die Beamten des BKA mich an den von mir bezeichneten Ort geführt. Ich hatte den besagten Grabenverlauf gezeigt und mich schon etwas gewundert, daß ich den Sprengstoff nicht selbst sehen konnte. Sowohl Herr Staatsanwalt Monka als auch ich kehrten noch vor Abschluß der Suche zurück.
Am nächsten Tag wurde mir gesagt, daß in dem Graben kein Sprengstoff gefunden werden konnte. Ich habe dann damals und das entspricht auch meiner heutigen Ansicht, gemeint, dann müsse man eben den Grabenverlauf noch weiter verfolgen bis in den Wald hinein.

2.
Die Behauptung Tredes in der HV am 13.12.99, ein späteres Vergraben des Sprengstoffs im Schlick nach der Haftentlassung Mouslis am 7.7.99 sei ausgeschlossen, ist reine Spekulation.

Sie wird weder bestätigt:

- durch Sachverständige, die den Verschlickungsgrad untersucht haben,

- noch durch die Aussage Mouslis , der erneut am 6.10.99 behauptet, ( Bd. 14, Bl. 329):

" diese Gegenstände packte ich ein und entsorgte sie an der erstbezeichneten Stelle. Ich bin mirda sicher, weil ich bei späteren Spaziergängen das Blau des Plastiksackes aus dem Wasser durchschimmern sah"

Untersuchungen, die die Behauptung Tredes nachvollziehbar machen könnten, sind nicht mehr möglich, da weder vom konkreten Auffindeort oder der Auffindesituation Lichtbilder gefertigt noch Schlickproben entnommen und untersucht wurden.

3.
Die Behauptung Tredes, er wisse keine Details seines einzigen Gesprächs mit Slawinski, ist gleichsam unglaubhaft.

Trede schilderte, die taktischen Überlegungen, daß sie einen "abgezockten Allgemeinkriminellen" nicht vorladen konnten und "Überzeugungsarbeit" leisten mußten, um Slawinski zu einer Aussage zu bewegen.

Der Zeuge Trede fährt deshalb mit KHK Schulzke nach Berlin und trifft zufällig am späten abend einen angetrunkenen Slawinski, der von einem Fußballspiel kommt, auf der Straße.

Als einziger Gesprächsinhalt ist dem Zeugen erinnerlich, daß Slawinski den Vor- oder Spitznamen seines Mittäters angab.

Weitere Gesprächsinhalte waren trotz intensiven Nachfragens nicht zu erfahren, nur noch, daß KHK Schulzke mit anderen Kollegen mehrfach "Ansprachen" an Slawinski gerichtet habe.

Auch hier fehlt jegliche Dokumentation, so daß die Ermittlungen und das Zustandekommen der Aussage Slawinski für die Prozeßbeteiligten weder nachvollziehbar sind noch mögliche Vermerke zur Lichtung des Erinnerungsnebels zur Verfügung stehen.

Die Ermittlungsakten lassen im Gegenteil bei den Prozeßbeteiligten den Eindruck entstehen, daß Slawinski am 5.3.1998 durch Beamte des BKA zusammen mit Staatsanwalt Kranz in der Wohnung seiner damaligen Freundin erstmals aufgesucht und im Anschluß daran auf der Dienststelle des BKA vernommen wurde.

Daß Trede zu den Vorermittlungen überhaupt Angaben machte, ist vermutlich kaum seiner Wahrheitsliebe geschuldet, sondern dem Umstand, daß Slawinski als Zeuge zu Verfügung steht.

Es liegt nahe, daß Slawinski gegenüber dem Zeugen Trede auch über die Umstände des Kellereinbruchs berichtet hat, wenn er schon einen Mittäter benennt.

Zu diesem Zeitpunkt war dies ein wesentlicher Ermittlungsschritt, so daß die angebliche Erinnerungslücke des Zeugen Trede nicht glaubhaft ist

4.
Unglaubhaft an der Aussage von Trede ist ferner:

- er könne nichts zum Inhalt des vertraulichen Gesprächs vom 30.6.99 mit Tollkühn sagen

- er habe sich zwar jeder Zeit dafür interessiert, was Mousli nach dem 7.7.99 täglich gemacht habe, wisse aber nicht mehr, was dafür unternommen wurde, außer TKÜ

- er könne nicht mehr sagen, ob Mousli ab dem 7.7.99 observiert wurde

Dies ergibt sich aus folgendem:

Tarek Mousli wurde am 14.4.99 aufgrund der Angaben Slawinskis vorläufig festgenommen und am gleichen Tage entlassen.

In der Vernehmung am 22.4.99 bestätigte die Zeugin Tollkühn Mouslis Sprengstoffbesitz. Darüberhinaus gab sie aber auch an, daß der Sprengstoffbesitz von Tarek Mousli im Zusammenhang mit seiner links-extremistischen Vergangenheit stand. Sie gab Hinweise, daß Mousli zwischen Februar 1995 und Dezember 1996 noch aktiv war.

Nach der Inhaftierung Mouslis am 19.5.99 wegen Sprengstoffbesitzes und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung kam es am 30.6.99 zu einem vertraulichen Gespräch in einem Café zwischen Tollkühn und Trede. In diesem Gespräch, so Tollkühn in der Hauptverhandlung am 13.9.01, gab sie Hinweise zu einer Tatbeteiligung Mouslis am Anschlag auf Korbmacher.

Ausweislich der Vernehmung Tollkühns vom 6.7.99 war Gegenstand dieses Gespräches darüberhinaus finanzielle Transaktionen/Geldwäsche zu Gunsten einer links-extremistischen Organisation/Gruppe.

Zu diesem Zeitpunkt war der Seegraben bereits zweimal erfolglos durchsucht worden. Die einzigen Ermittlungsanhaltspunkte nicht nur für den Tatbestand der Unterstützung, sondern auch der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung bestanden in den Angaben der Zeugin Tollkühn. Ihre Aussage und ihre in dem vertraulichen Gespräch vom 30.6.99 bekundete Aussagebereitschaft gegenüber Trede waren ganz wesentliche neue Ermittlungsanhaltspunkte.

Daß sich der Zeuge Trede an diesen einschneidenden Punkt seiner Ermittlungen nicht erinnern will, ist schon deshalb nicht glaubhaft, da sich alle weiteren Ermittlungen im Rahmen des § 129 a StGB an diese Erkenntnisse anschlossen.

Obwohl Mousli durch Tollkühn massiv belastet wurde, der Sprengstoff immer noch nicht gefunden wurde, verschonte ihn der BGH auf Antrag der BAW am 7.7.99 von der Haft.

Offensichtlich war auch die Haftverschonung nur ein Mittel um weitere Erkenntnisse zu gewinnen. Sogar Trede äußerte in der Hauptverhandlung, daß ihn von diesem Zeitpunkt an interessierte, was Mousli täglich macht.

Auf diesem Hintergrund ist ebenso wenig glaubhaft, daß sich der Zeuge nicht daran zu erinnern vermag, welche Maßnahmen eingeleitet worden sind, um dieses Interesse zu stillen, insbesondere ob neben den TKÜ- Maßnahmen auch Observationen durchgeführt wurden.

Zum Gespräch mit Tollkühn am 30.6.99 gibt es wiederum keinen schriftlichen Vermerk in den Akten, auch nicht ob der Gesprächsinhalt an die BAW weiter geleitet wurde.

5.
Unglaubhaft und unwahr ist die Behauptung des Zeugen Trede, er habe anläßlich seines Besuchs seiner Dienststelle in Meckenheim gehört, daß vergessen worden sei durchgeführte TKÜ-Maßnahmen ab September 99 zu den Akten zu bringen.

Am 20.11.2000 wurde von der Verteidigung bereits die Herausgabe aller TKÜ-Vorgänge beantragt

Mit Schriftsatz vom 14.3.2001, der nach Auskunft der Vorsitzenden am 19.3.01 an die BAW gefaxt wurde, beantragte die Verteidigung die Herausgabe sämtlicher TÜ-Bänder, Protokolle und richterlicher Beschlüsse (im Zusammenhang mit Mousli) nunmehr unter Hinweis, daß mindestens im Oktober 1999 Überwachungsmaßnahmen stattgefunden haben, die nicht weiter dokumentiert sind.

Diese Anfrage beantwortete am 18.4.2001 KOK Trede höchst persönlich. Er war es, der auch weiterhin an der falschen Behauptung festhielt, daß Überwachungsmaßnahmen nur von November 1998 bis Mai 1999 statt gefunden haben und dazu richterliche Beschlüsse vorlägen, obwohl ihm bekannt war, daß mindestens eine zweite Serie von TKÜ-Maßnahmen ab September 99 vorlag. Daß der Antrag der Verteidigung dem BKA zur Kenntnis gelangt ist, zeigt die Antwort von KHK Scholl, ebenfalls vom 18.4.2001, in der nunmehr TKÜ Maßnahmen des Anschlusses Glöde aus dem Zeitraum Dezember 1999 bis Januar 2000 vorgelegt wurden.

Auf diesem Hintergrund spricht aus der Aussage des Zeugen Trede, OStA Bruns habe ihn vor 3-4 Wochen in Bogota angerufen und ihm angekündigt, neben dem Komplex Seegraben sei ein weiterer Schwerpunkt seiner Vernehmung die TKÜ-Maßnahmen, wobei man sich inhaltlich zum Thema TKÜ nur über die Kosten von 20.000 DM im Rahmen der Vervielfältigung von Kassetten unterhalten habe, der blanke Hohn.

Würdinger, Rechtsanwältin Studzinsky, Rechtsanwältin

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