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Erklärungen
Verteidigung

18.01.2002

Kammergericht

In der Strafsache

./. Harald Glöde u.a.

2 StE 11/00 (4/00)

lehnen wir namens und in Vollmacht des Angeklagten Glöde

  • die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Hennig,
  • den Richter am Landgericht Hanschke,
  • den Richter am Kammergericht Lechner,
  • Richter am Kammergericht Alban,
  • Richter am Kammergericht Genthe wegen der Besorgnis der Befangenheit ab.

Begründung:

Sachverhalt:

Am 18.01.2002 gab die Vorsitzende Richterin Hennig eine Erklärung mit folgendem Inhalt ab:

Die Verteidigung Schindler und die Bundesanwälte hatten Gespräche darüber geführt, wie im Falle einer geständigen bzw. teilgeständigen Einlassung des Angeklagten Schindler weiter verfahren werden könne und wie sich die weitere Beweisaufnahme gestalten würde. Im Rahmen dieser Gespräche wurden ab November 2001 Mitglieder des Senats einbezogen. Am 29.11.01, am 6.12.2001 und am 10.01.2002 hat es konkrete Gespräche zwischen den abgelehnten Richtern, der Bundesanwaltschaft und der Verteidigung Schindler gegeben. Dort wurde den abgelehnten Richtern der wesentliche Inhalt der beabsichtigten Einlassung, des Angeklagten Schindlers mitgeteilt.

Glaubhaftmachung:

  • schriftliche Erklärung des Senats von 18.01.2002, von der Vorsitzenden nicht ausgehändigt, aber Anlage des Protokolls
  • dienstliche Erklärung der abgelehnten Richter.

Die in der Erklärung ausführlich mitgeteilten Eckpunkte der Einlassung betreffen

  • seine Mitgliedschaft in der RZ
  • Tatbeteiligung in Sachen Hollenberg
  • Tatbeteiligung bei dem Anschlag Korbmacher
  • Tabeteiligung bei der ZSA

Die mitgeteilte schriftliche Erklärung enthält dazu detaillierte Ausführungen

Glaubhaftmachung: wie oben

In Hinblick auf die Mitteilung der Eckpunkte der Einlassung wurde bereits am 6.12..01 bei dem Treffen der abgelehnten Richtern, mit der BAW und der Verteidigung Schindler die heute verlesene Vereinbarung getroffen. Diese hat folgenden Inhalt:

  1. Die Beweisaufnahme werde fortgeführt
  2. Der Senat bestimmt eine Strafobergrenze von 3 Jahren und 9 Monaten.
  3. Der Angeklagte Schindler wird vom Vollzug der U-Haft verschont
  4. In Rahmen einer Vollstreckungsentscheidung wird gem. § 57 II StGB Halbstrafe in Aussicht gestellt

Glaubhaftmachung: wie oben

Auf die Frage der Verteidigung Glöde, wann die Zusagen des Senats zu der Strafobergrenze und der Haftverschonung und des Vollzugs für den Fall der Abgabe der oben aufgeführten Einlassung getroffen sei, teilte die Vorsitzende mit, daß dies am 6.12.01 erfolgt sei.

Der beisitzende Richter Alban gab sodann von sich, "Das wäre in Aussicht gestellt worden."

Die Vorsitzende teilte auch mit, daß dem Senat die schriftliche Erklärung des Angeklagten Schindlers am 17.01.2002 überreicht worden sei.

Glaubhaftmachung:

Dienstliche Erklärung der abgelehnten Richter

Die Verteidigung Glöde war an keinem der oben genannten Gespräche beteiligt und wurde auch durch den Senat nicht über den Inhalt informiert, sondern erfuhr durch den Senat durch die verlesene Erklärung, daß solche Gespräche stattgefunden haben und daß die genannten Zusagen bereits gemacht wurden.

Glaubhaftmachung:

Dienstliche Erklärung der abgelehnten Richter

Anwaltliche Versicherung der Unterzeichnerinnen, die hiermit abgegeben wird.

Die Verteidigung Glöde erhielt am 17.01.02 vom Rechtsanwalt Euler die schriftliche Erklärung des Angeklagten Schindler.

Rechtliche Würdigung:

Der Angeklagte Glöde besorgt die Befangenheit der abgelehnten Richter, da diese die Gespräche ohne seine Beteiligung und sein Wissen geführt haben.

Die Besorgnis der Befangenheit wird dadurch verstärkt, daß sie abgelehnten Richter in der Hauptverhandlung am heutigen Tage die oben genannte Erklärung abgaben, in der bereits eine Strafobergrenze, die Frage der Vollstreckung und die Haftentlassung, für den Fall der zugesagten Einlassung zu gesagt wurde. Auch die Äußerung der Vorsitzenden Richterin in der Hauptverhandlung diese Absprache sei bereits am 6.12.01 erfolgt, begründet für den Angeklagten Göde die Besorgnis, daß das Ergebnis der Hauptverhandlung für den Mitangeklagten Schindler bereits ausgehandelt sei. Da die Komplexe, zu denen der Angeklagte Schindler sich einläßt auch nach der Anklage den Angeklagten Glöde betreffen, muß der Angeklagte Glöde besorgen, daß auch seine Sache hinter verschlossenen Türen mit abgehandelt wurde.

Die Verteidigung Glöde hätte zwingend an den oben genannten Gesprächen beteiligt werden müssen bzw. mindestens zeit nah durch den Senat informiert werden müssen, in denen notwendig auch die Beweislage und die Beweisführung erörtert wurden. (BGH St37,99)

Zur Zulässigkeit:

Da die eine sachgerechte Handhabung gewährleistende Unterrichtung durch das Gericht wesentlich ist, können sich die abgelehnten Richter auch nicht darauf verlassen, ob und daß die Verteidigung Glöde eventuell durch die Verteidigung Schindler informiert wird.

Die Unterrichtung muß die Einzelheiten der Gespräche so weit umfassen, daß bei einem verständigen Angeklagten nicht die Besorgnis auftreten kann, die abgelehnten Richter verlören etwa durch eine Bindung an Absprachen mit dem Angeklagten Schindler oder durch ihr Verhalten oder das anderer "Verhandlungspartner" bei der Erörterung der Beweislagen oder der in Betracht kommenden Rechtsfolgen, die Freiheit der Verhandlungsführung sowie ihres Urteils in seiner Sache.

Allein durch eine so weitgehende zuverlässige Unterrichtung des Angeklagten Glöde hätte dessen verständliche Besorgnis, mittelbar werde letztlich seine Sache hinter verschlossenen Türen ohne seine Kenntnis mit verhandelt, ausgeräumt werden können. Dem Angeklagten Glöde ist damit nicht nachholbar die Möglichkeit genommen, sein eigenes Verteidigungsverhalten darauf einzustellen.

Grundsätzlich sind Absprachen nach der Rechtsprechung des BGH zwar zulässig und möglich, dies muß aber in einer, alle Verfahrensbeteiligten einbeziehenden Art erfolgen. Dies bedeutet auch, daß vor einer Absprache die anderen Verfahrensbeteiligten durch das Gericht einbezogen werden.

Hier ist die Absprache bereits am 6.12.01 erfolgt. Auch die Bekanntgabe der Erklärung in der heutigen Hauptverhandlung und die Übergabe der Einlassung Schindler am gestrigen Tag an den Senat dokumentieren eindeutig, daß eine Absprache ohne Einbeziehung anderer Verfahrensbeteiligter bereits erfolgte.

Die abgelehnten Richter haben sich damit aus Sicht des Angeklagten Glöde in unzulässiger Weise "auf einer Vergleich im Gewande des Urteils", auf einen "Handel" mit der Gerechtigkeit eingelassen.

Im Zusammenhang mit dem bezeichneten Mangel zuverlässiger Unterrichtung begründet sie auch, worauf es hier allein ankommt bei einem verständigen Angeklagten die Besorgnis, er selbst sei durch eine feste, die Beweiswürdigung beinhaltende und die Unabhängigkeit der Richter einschränkende Absprache betroffen.

Vor einer Entscheidung über dieses Gesuch bitten wir, uns die zur Entscheidung über dieses Gesuch berufenen Richter namhaft zu machen.

Wir beantragen weiter, uns eingeholte dienstliche Erklärungen der abgelehnten Richter vor der Entscheidung über dieses Gesuch zur Kenntnis zu bringen und Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen.

Angesichts der Inhaftierung ist eine Frist von 2 Werktagen dazu erforderlich.

Studzinsky
Würdinger

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