In der Strafsache
./. Harald Glöde u.a.
- 2 StE 11/00 (4/2000)
wird gegen den Beschluß des Senats vom
4.9.03, mit dem die von der Verteidigung Glöde
beantragte Aussetzung abgelehnt wurde
Gegenvorstellung
erhoben.
Begründung:
Durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin
vom 18.8.03 wurde die Sperrerklärung wegen
Rechtswidrigkeit aufgehoben. Es wurde festgestellt,
daß der Kläger in seinen Rechten
verletzt ist.
Ob das BMI (Bundesministerium für Inneres)
Rechtsmittel einlegt, ist ungewiß. Eine
neue Sperrerklärung nach § 96 StPO liegt
nicht vor.
Solange eine erneute Sperrerklärung nicht
vorliegt, sind die Protokolle ungeschwärzt
heraus zu geben.
Die Rechtsauffassung des Senats, daß das BMI auch nach Rechtskraft
der Entscheidung nur verpflichtet wäre, eine neue Sperrerklärung
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts abzugeben,
liegt neben der Sache, da es sich hier um eine Anfechtungsklage
handelt, die zum Ziel hatte, eine behördliche Entscheidung
aufzuheben.
Die Verpflichtung zu einer Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts erfolgt nur als ein Weniger im Rahmen einer Verpflichtungsklage.
Für einen Herausgabeantrag bestand nach Auffassung des Verwaltungsgerichts
aber kein Rechtsschutzbedürfnis, da das Verwaltungsgericht
bereits davon ausgegangen ist, daß bei Aufhebung der Sperrerklärung
sowohl das BMI als auch der Senat sich rechtsstaatlich verhalten,
also das BMI der Herausgabepflicht , die nur die tatsächliche
Folge der Aufhebung der Sperrerklärung ist, selbstverständlich
nachkommt.
In dem entsprechenden PKH-Ablehnungsbeschluß zur Herausgabe
der ungeschwärzten Unterlagen heißt es:
Es wird ferner beantragt,
die namentlich bisher nicht bekannten Mitarbeiter des Bundesamtes
für Verfassungsschutz, die mit dem Zeugen Mousli die Gespräche
zwischen dem 17.4.00 und dem 7.9.00 geführt haben,
als Zeugen zu laden und zu hören.
Die Identität der Zeugen ist über das Bundesamt für
Verfassungsschutz zu ermitteln.
Da die Sperrerklärungen durch Urteil des Verwaltungsgerichts
Berlin vom 18.8.2003 aufgehoben wurden, sind die Mitarbeiter des
Bundesamtes für Verfassungsschutz als Beweismittel zugänglich.
Die Zeugen werden folgendes bekunden:
Der Zeuge Mousli habe ihnen gegenüber am 19.4.2000 und am
20.4.2000 folgendes angegeben:
Mousli fragt, ob es sein könne, daß Heiner respektive
Malte mal kurzzeitig ins Betriebsleben abgetaucht sind und zwar
in die Firma Krone.
BfV: Soll ich Ihnen was sagen?
Mousli: Ja
BfV: Wer da hinein abgetaucht ist?
Mousli: Na?
BfV: Sigi (=Harald Glöde)
Mousli: Sigi?
BfV: War zu dieser Zeit, war mehrere Jahre dort tätig,
genau zu der Zeit (Anfang der 70er Jahre) wo man in die Fabriken
ging.
Mousli: Irgendeiner aus unseren beiden Gruppen hat in der
Firma Krone gejobbt, volontiert, was auch immer gemacht.
BfV: Etwa drei Jahre
Mousli: Sigi?
BfV: Sigi.
Mousli: Dann ist Sigi seit 1974 dabei.
BfV: Ist darüber gesprochen worden?
Mousli: Ja, also ich habe noch diese Anekdote im Kopf mit
der Firma Krone. Also es gab einen von den beiden Gruppen, die bei
der Firma Krone gearbeitet haben. Ich habe jetzt Heiner in Erinnerung,
aber Sigi, okay, kann auch sein.
Die Mitarbeiter des BfV werden weiter bekunden, daß der Zeuge
Mousli ihnen gegenüber am 20.4.00 folgendes gesagt hat:
Mousli: Und (geschwärzt) das wäre dann die zweite
Frage. Da habe ich noch mal ne Bitte an Sie: Haben Sie noch die
Erklärung zu der Ausländergeschichte, wo die die Polizei
da angegriffen haben und die zu der "Krone"-Geschichte?
BfV: Müssen wir prüfen
BfV: Die von "Krone" habe ich vor Augen.
Mousli: Hier: 1975, Sprengstoffanschlag auf die Ausländerpolizeibehörde
in Berlin, da wären bei mir sofort die Warnlampen angegangen.
"Heiner", ich weiß es nicht, es war sein Thema,
schon immer gewesen. Also jetzt die Frage, man sollte sich noch
mal die Erklärung anschauen, weil zumindest diese Frage: "Zugang
zur sozialen Frage", das Papier zur "Sozialen Frage"
(internes RZ-Diskussionspapier) bzw. was "Heiner" und
"Malte" gemacht hat 87 schon mal, das ist "Sigis"
Duktus, den kenne ich ja.
BfV: Zu dieser Sache (Krone-Anschlag). Ganz spontan gesagt,
ganz simpel begründet die Taterklärung, sie ist nicht
umfangreich..
Mousli: Kann ich sie mir trotzdem ansehen?
BfV: Sicherlich. Fiel mir nur so ein. Ich hatte sie gesucht
und dann überflogen.
Mousli: Knappe Taterklärungen passen auch ein bißchen
zu "Heiner". Das hatte mich so ein bißchen elektrisiert
dieser Anschlag hier (Anschlagsübersicht); davon wußte
ich auch nichts.
Die Zeugen vom BfV werden bekunden, daß der Zeuge Mousli
bei der Vorlage der Anschlagsliste auf den Anschlag bei "Krone"
zeigte und dann angab, daß er davon nichts wisse.
Es wird beantragt,
die Zeugen KOK Trede und EKHK Schulzke erneut zu laden und zu vernehmen.
Die Zeugen werden bekunden, daß der Zeuge Mousli vor dem
4.7.2000
keinen Zusammenhang zwischen dem Angeklagten Glöde und dem
Angeklagten Borgmann einerseits und der Firma Krone, dem Brandanschlag
vom 12.11.1974 und einer Mitgliedschaft der Angeklagten Glöde
und Borgmann bei den RZ seit 1974 andererseits hergestellt hatte,
sondern den Anschlag auf die Firma Krone zu keinem Zeitpunkt erwähnt
hatte.
Die Zeugen werden weiter bekunden,
daß der Zeuge Mousli ihnen gegenüber am 4.7.2000, also
nach der Befragung durch das BfV, folgendes angab:
(Bd. 19, Bl. 1291)
"Zu Anschlägen der RZ ist mir eingefallen, daß
Sigi Ende der 80 er Jahre folgendes gesagt hat:
Heiner sei bei einem RZ Anschlag gegen den Krone-Betrieb in Berlin
dabei gewesen. Diese Information erlangte ich im Zusammenhang mit
einer Diskussion um Betriebskämpfe Anfang der 70er Jahre. Sigi
erwähnte, daß er bei Krone Anfang der 70er Jahre gearbeitet
hatte."
Die Ermittlungsbehörden hatten recherchiert, daß Harald
Glöde, ebenso wie Matthias Borgmann Anfang der 70er Jahre bei
Krone gearbeitet hatten.
Der Zeuge Mousli konnte davon ausgehen, daß die Information,
"Sigi" habe in dieser Zeit bei Krone gearbeitet, die er
vom Bundesamt für Verfassungsschutz erhalten hatte, zutreffend
ist.
Am 4.7.2000 konnte er dann eine sachlich zutreffende Angabe machen
und in diesem Punkt seine Glaubwürdigkeit erhöhen.
Durch die beantragte Beweiserhebung wird deutlich, daß der
Zeuge Mousli bis zu der Befragung durch das BfV am 19.4.00 keinerlei
Erkenntnisse hatte, daß "Sigi" und "Heiner"
bei Krone gearbeitet hatten.
Nachdem ihm diese Information gegeben worden war, verwendete er
sie am 4.7.00 derart, daß er zum einen wahrheitswidrig behauptete,
"ihm sei noch etwas eingefallen" und gleichzeitig "Sigi"
in den Mund legte, dieser habe ihm erzählt, er selbst habe
dort gearbeitet und "Heiner" sei bei dem Anschlag beteiligt
gewesen.
Ferner wird beantragt,
die Zeugen KHK Schäfer und EKHK Schulzke zu laden und zu hören.
Die Zeugen werden bekunden, daß der Zeuge Mousli ihnen gegenüber
am 13.12.99 (Bd. 17, Bl. 377) angab:
"Den Decknamen Horst habe ich noch nie gehört."
Die Mitarbeiter des BfV werden als Zeugen bekunden, daß sie
es waren, die dem Zeugen Mousli mitgeteilt haben, daß der
frühere Deckname von "Jon" "Horst" gewesen
sein soll.
Die Zeugen KOK Trede und EKHK Schulzke werden angeben, daß
der Zeuge Mousli in der Vernehmung vom 4.7.2000 (Bd. 19,
Bl. 1292) angegeben hat:
"Nach der BKA- Aktion 1987 wurden folgende Decknamen geändert:
Horst in Jon"
Ferner wird beantragt,
die Zeugen EKHK Schulzke, KOK Klose und KOK Denecke zu laden und
zu hören. Die Zeugen werden angeben, daß der Zeuge Mousli
in seiner Vernehmung am 5.4.00 ( Bd. 19, Bl. 1053) ihnen gegenüber
anläßlich der Vorlage der Lichtbildmappe 1/00 (u.a. mit
Christian Gauger) folgendes angegeben hat:
Frage: "Kennen Sie diese Personen?"
Antwort: " Nein."
Die Zeugen vom BfV werden angeben, daß der Zeuge Mousli ihnen
gegenüber am 19.4.00 (Seite 91/92 der Protokolle) angab
"Dann ist das der, wo ich dachte, das ist vielleicht der Luka
( Christian Gauger) (geschwärzt.....) Mir sind mal Bilder vorgelegt
worden, wo ich zu Herrn Schulzke gesagt habe, das ist vielleicht
der Luka. Ich weiß noch genau wie dieses Bild aussah. ...Ich
habe dieses Bild vor Augen und ich habe diese Person vor Augen,
vielleicht ist das ja auch kein Hinweis auf Luka, sondern (geschwärzt....)
Es ist auf jeden Fall ein Paßfoto gemacht worden, wo ein Paßfoto
existierte und dieser hatte keinen Schnurrbart, (geschwärzt...)
und dann paßt auch ganz viel zusammen, weil dann ist wahrscheinlich
(geschwärzt.....) gemacht worden.
Die Beweiserhebung ist von erheblicher Bedeutung, da sie zum einen
die Aussageentwicklung des Zeugen darstellt und zum anderen belegt,
daß der Zeuge Erkenntnisse, die ihm erst vom BfV gegeben worden
waren, als angeblich eigene Erkenntnisse gegenüber dem BKA
darstellt, und teilweise sodann wahrheitswidrig behauptet, diese
Informationen von anderen angeblichen RZ-Angehörigen zu haben.
Die Beweiserhebung wird deutlich machen, daß selbst die Angabe
des Zeugen, er habe sein Wissen von einer Dritten Person, die er
der RZ zuordnet, falsch ist.
Der Zeuge Mousli hat häufig angegeben das sein Wissen von
Dritten, angeblichen RZ-Angehörigen stamme.
Um nur einige Beispiele zu nennen:
- Mousli will sein Wissen zum Anschlag auf die Siegessäule
und Beteiligten, sämtlichst aus Erzählungen von "Sebastian"
und "Sigi" haben.
- Die vermeintlich Beteiligung von "Anton" und "Heiner"
an den Anschlägen auf die ZSA, Hollenberg und Korbmacher, soll
auf angeblichen Angaben von "Jon" und "Judith"
beruhen.
- Sämtliche Aktivitäten der RZ nach 1989/1990 einschließlich
der personellen Beteiligungen will der Zeuge von "Sigi"
und "Sebastian" erfahren haben.
Würdinger, Rechtsanwältin Studzinsky,
Rechtsanwältin
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