www.freilassung.de
Zurück zur Startseite  

Übersicht

Aktuelle Meldung
Meldungen
Berichte
Vorschau
Hintergrund

 

Mailingliste
Mail
Suche

 

Übersicht:
Lothar Ebke

Auslieferungsverfahren gegen Lothar E., 4.Tag Freitag 25.05.2001

Zu Beginn wurde bestätigt, dass in der kommenden Woche, wenn über die Überstellung von beschlagnahmten Gegenständen nach Deutschland geredet wird, Lothar's Mitbewohnerin ebenfalls anwaltlich vertreten sein kann. Viele der beschlagnahmten Gegenstände gehören ihr. Seit Donnerstag verfügt die Verteidigung über eine detaillierte Liste der beschlagnahmten Gegenstände, ein Jahr nach deren Beschlagnahme und nach 4 unbeantwortet gebliebenen Briefen an die Staatsanwaltschaft.

Zum heutigen Ablauf:

Bei Verfahren in Canada kann die beantragende Seite ihre Begründung vortragen, die Gegenseite hat dann Gelegenheit zur Erwiderung und dann darf die beantragende Seite sich nochmals mit der Erwiderung auseinandersetzen. Damit ist dann für beide Seiten das Recht zu Kommentaren erschöpft. Der Antrag ist damit abgeschlossen und eingereicht und wird dementsprechend vom Gericht beraten. Bei komplexeren Anträgen wird der Richter sich in der Regel einige Wochen Zeit lassen um eine Entscheidung zu treffen, die dann den Parteien als schriftliche Entscheidung zugesand wird.

Am heutigen Freitag wurden also die sogenannten Schlussargumente beider Seiten vorgetragen, in denen nicht viel Neues auf den Tisch gelegt wurde.

Der Antrag der Verteidigung, das Verfahren einzustellen wird von der Staatsanwaltschaft abgelehnt. Da Canada nicht die Qualität des Antrages des beantragenden Staates überprüfen könne, verlassen wir uns auf den Minister, der für die Korrektheit verantwortlich ist. Es gebe schliesslich einen vom Richter unterschriebenen Haftbefehl in Deutschland und man kann keine canadischen Standards an fremde Haftbefehle anlegen und man müsse das als Amtshilfegesuch ansehen und nicht als eigenständigen canadischen Haftbefehl. Auch der Vorgang um Lothars Reisepass dürfe nicht zum Anlass genommen werden, den Gesamtantrag als ungültig zu verwerfen. Hier äusserte der Richter schwere Bedenken, denn dies sei doch ein illegaler Vorgang. Wenn die deutsche Seite bestätige, dass alle Elemente des deutschen Antrages deutschem Recht entsprechen, müsse das auch nachvollziehbar sein. Die Krone meinte daraufhin, dass die Beschlagnahme ja nach deutschem Recht erlaubt sein könne, was einen längeren Disput über die Zuässigkeit von Beweismaterial auslöste.

Zum Hintergrund:

Im Frühjahr 2000 beantragte Lothar über das deutsche Konsulat in Vancouver einen neuen Reisepass, nachdem der alte abgelaufen war. Während der Ermittlungen Anfang Mai 2000 wurde dieser Reisepass dem deutschen Konsulat zur Weiterleitung an Lothar aus Deutschland zugestellt. Davon erfuhr das BKA, dessen Beamter Trede sich bereits in Yellowknife aufhielt. Trede kontaktierte das Konsulat und der Reisepass wurde der örtlichen Polizeistation zugesand, wo Trede ihn an sich nahm. Dort wurden Kopien angefertigt( in Zusammenarbeit mit canadischen Beamten) und Trede behielt den Reisepass, nahm ihn mit nach Deutschland. Die Kopien dieses Reisepasses sind zu Identifikationszwecken Teil des Auslieferungsantrages. Der richterliche Beschluss zur Durchsuchung/Beschlagnahme von Gegenständen wurde später ausgestellt.

Zur doppelten Kriminalität wiederholte die Staatsanwaltschaft ihre Argumentation:

Der vorgenommene Vergleich der Strafbarkeit sei richtig, es bleibe der deutschen Seite überlassen, Lothar entsprechend deutscher Gesetze anzuklagen. (Hierbei ist anzumerken, dass das Ministerium sich in der Regel bei der Auslieferungsverfügung nicht festlegt, sondern lapidar: "dem Antrag entspricht" und damit vermutlich auch den aufgezählten Paragraphen.) Schliesslich könne Canada auch hier nicht über fremde Rechtsvorschriften befinden.

Zu den einzelnen Vorwürfen bleibe festzustellen dass Mousli nicht nur von den Taten berichtet sondern auch detaillierte Angaben über Vorbereitung and Planung mache und auch beim 129a werde nicht Mitgliedschaft verfolgt sondern einzelne Taten.

Am Nachmittag erwiderte Verteidiger Wes Wilson:

Eine nachträgliche Einbeziehung von Straftaten beim Erlass neuer Vorschriften sei unzuässig, eine Auslieferung müsse sich sehr wohl mit den genannten deutschen Strafvorwürfen auseinandersetzen, schliesslich gebe es viele "Straftaten", die in anderen Ländern sehr wohl, aber eben nicht in Canada Straftaten seien und wenn das mit Hilfe von Hilskonstruktionen umgangen werden solle, müsse man dies nach canadischen Recht behandeln. So sei vorstellbar, dass die Gründung einer Gewerkschaft in anderen Ländern unter Strafe stehe, Auslieferung aber wegen Organisierung öffentlichen Aufruhrs erfolge, was auch in Canada strafbar sein könne. Er zitierte auch aus dem deutschen Haftbefehl, in dem es heisst, dass Lothar zu Ermittlungszwecken verhaftet werden solle, und das sei in Canada nicht zulässig. Auch sei dies nicht einfach nur eine Begriffsverdrehung, denn immerhin sind einige Leute mittlerweile sehr wohl angeklagt, während es in diesem Falle auch ein Jahr nach der Festnahme noch keine Anklageschrift gebe.

Es sei dieses Gericht, dass sehr wohl den Gesamtvorgang begutachten müsse, und nicht das Ministerium, und die Auslieferungsvereinbarung verlange, dass alle Vorgänge mit Vorschriften in dem beantragenden Staat übereinstimmen müssen.

Die angeklagten Körperverletzungsdelikte können in Deutschland nicht angeklagt werden, da eine Verjährungsfrist eingetreten sei, daher seien sie auch nicht als Delikte im Antrag aufgezählt sondern nur als Hintergrundgeschichte, dementsprechend könne auch die Staatsanwaltschaft sie hier nicht als einzenle Delikte auflisten.

Zur Unterstützung dieses Vorganges reichte Wilson einen entsprechenden Beweisantrag ein, der auch entgegengenommen wurde. Der Richter kündigte an, dass er evtl. schon in der kommenden Woche zum Antrag auf Einstellung Stellung nehmen werde, den Rest aber erst im Juli entscheiden könne.

In der kommenden Woche wird sich das Gericht mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft beschäftigen, die bei der Durchsuchung beschlagnahmten Gegenstände nach Deutschland zu senden.

Die Verhandlung wird am Dienstag 29.05 fortgesetzt.

Suche     Mail
http://www.freilassung.de/prozess/kanada/4tag.htm