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Lothar Ebke
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2. Tag 23.05.2001
Auslieferungsverfahren gegen Lothar Ebke - Yellowknife/Kanada
Am heutigen Mittwoch referierte Wes Wilson als Verteidiger über
seine Sicht der Verhaftungssituation.
Da lt. kanadischem Recht drei Bedingungen erfüllt sein müssen,
um einen Haftbefehl zu erwirken, warf er die Frage auf, ob dem so gewesen
sei.
Die Bedingungen sind:
- es muss in Canada sein
- es muss ein öffentliches Interesse vorhanden sein
- die Polizei muss vernünftige und nachweisbare Gründe -
reasonable and probable grounds - haben.
(Excurs: in Canada ermittelt die Polizei, am Ende dieser Ermittlungen
geht ein/e Beamter/in zum Richter, um mittels einer eidesstattlichen
Versicherung den Richter vom Erlass eines Haftbefehls zu überzeugen.
Die Staatsanwaltschaft, bei den Ermittlungen nur in einer Beraterfunktion,
übernimmt dann die Vertretung der Polizei vor Gericht.)
In dieser Versicherung muessen die 3 Kriterien erfüllt sein.
Diese Günde sind beim Antrag auf Erlass des Haftbefehls nicht
dargelegt worden.
Auch wenn an ein Auslieferungsverfahren andere Kriterien angelegt werden
als an ein normales canadisches Strafverfahren, so wurden doch die
Freiheitsrechte des Einwohners berührt. Die Freiheitsrechte gelten
aber unabhängig von etwaigen Verfahren.
Wenn aber schon die Festnahme nicht legal war, wie kann dann das
Auslieferungsverfahren weitergehen? Die Lösung von Wes Wilson war,
dass der Haftbefehl aufgehoben und das restliche Verfahren ausgesetzt
werden müsse.
Der Richter warf daraufhin die Frage auf, ob eine Aussetzung des
Verfahrens die einzig mögliche Konsequenz sei, oder ob nicht die
Tatsache, dass es noch eine Berufungsinstanz gebe, die auch die Rolle des
Ministeriums überprüfen könne, einen Rechtsfehler verhindern
könne.
Wilson blieb bei seiner Forderung, den Haftbefehl aufzuheben und das
Verfahren auszusetzen.
(Excurs 2: Ablauf eines Auslieferungsverfahrens, am Fall orientiert. Die
(deutsche) Polizei/Staatsanwaltschaft hat einen Verdacht, ermittelt und
erwirkt einen Haftbefehl, bei den Ermittlungen ergibt sich aber, dass
Bürger X. in Canada lebt. Über einen Verbindungs-Polizeioffizier
in der Canadischen Botschaft in Berlin wird Kontakt zur örtlichen
canadischen Polizei gesucht, um heraususzufinden ob es sich evtl. um den
fraglichen Bürger handelt. Falls ja, schaltet man eine Arbeitsgruppe
ein, die auf Auslieferung spezialisiert ist und beim canadischen
Justizministerium angegliedert ist. Diese Arbeitsgruppe kooperiert mit den
dt. Behoerden, damit bei der Antragstellung alles richtig gemacht wird.
Dieses Material/Ersuchen wird dann auf diplomatischem Wege dem canadischen
Justizministerium zugestellt, gleichzeitig bereitet die örtliche
Polizei den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls vor. Das Justizministerium
bescheinigt sich selbst, alles richtig gemacht zu haben und bei Vorliegen
aller Unterlagen beantragt ein canadischer Polizist beim örtlichen
Richter den Erlass des Haft/Durchsuchungsbefehls.
Nach dessen Ausführung geht es zurück zum Gericht, um Haft
anzuordnen oder zu verschonen und um die Kriterien für die
Auslieferung festzulegen, nicht aber um das Hintergrundmaterial einer
Prüfung zu unterziehen. Das Gericht legt dann fest, anhand welcher
Paragraphen ausgeliefert werden kann, da die urspruenglichen Straftaten
auch in Canada Straftaten sein müssen. Falls das Gericht zur
Entscheidung gelangt, dass ausgeliefert werden kann, geht das Verfahren an
das Justizministerium zurück. Entschliesst sich das Ministerium zur
Auslieferungsverfügung, kann diese, ebenso wie die Entscheidung des
Gerichtes, vor einem Berufungsgericht angefochten werden. Erst diese
Instanz hat die Möglichkeit, Handlungen des Ministeriums zu
überpüfen.
Erklärt auch diese Instanz die Auslieferung für rechtens,
bleibt nur noch der Weg zum Verfassungsgerichtshof, falls Grundrechte
verletzt wurden und es ein exemplarischer Fall ist, anhand dessen
Grundsatzentscheidungen getroffen werden können.)
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