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Internationale Prozessbeobachtung
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Gemeinsame Erklärung der Gruppe
internationaler ProzessbeobachterInnen anlässlich der
Prozesseröffnung des "Berliner RZ-Verfahren" am
22.03.01
Wir, die Gruppe internationaler ProzessbeobachterInnen, kommen aus
verschiedenen europäischen Ländern. Beruflich und politisch sind
wir in der Menschen- und Bürgerrrechtsarbeit bzw. als
Rechtsanwältinnen tätig. Wir nehmen als kritische BeobachterInnen
an diesem Prozess teil, da wir erhebliche Zweifel und viele Fragen in Bezug
auf die Anklageerhebung und den bisherigen Ermittlungs- und Prozessverlauf
anmelden. Unsere Kritik am Vorgehen der Bundesanwaltschaft (BAW) und dem
nun stattfindenden Prozess ist sowohl auf rechtlicher als auch auf
politischer Ebene angesiedelt.
Ganz grundsätzlich fragen wir: Warum überhaupt dieser Prozess
zum jetzigen Zeitpunkt und mit diesem außergewöhnlichen Aufwand?
Die lange Untersuchungshaft der Beschuldigten von 15 bzw. 11 Monaten ist
erschreckend und angesichts der nur vagen Vorwürfe durch nichts zu
rechtfertigen. Die angeführten Taten liegen teilweise sehr lang
zurück, zusätzlich werden verjährte Taten zur
Beweisführung herangezogen. Im Mittelpunkt stehen Vorwürfe
politischer Organisationsdelikte auf Grundlage des Paragraphen 129a, der
eine bestimmte Gesinnung pauschal unter Strafe stellt und wo einzelne
Straftaten von der Anklage nicht mehr nachgewiesen werden müssen.
Einzige Quelle aller Anschuldigen sind die Aussagen eines Kronzeugen, eines
von der Anklage absolut abhängigen Zeugen, der mit seiner Existenz und
seinem Gehalt vollständig auf die BAW angewiesen ist.
Der erhebliche Sicherheitsaufwand und die Sonderregelungen, die wir
sowohl beim Gefängnisbesuch bei einem Beschuldigten als auch am ersten
Prozesstag erfahren haben, erregen unsere Besorgnis. Hier liegt die
Vermutung nahe, dass die Bundesanwaltschaft über eine
Verschärfung der Prozessbedingungen jenen Beleg der
"Gefährlichkeit der Beschuldigten" herzuleiten versucht, der
sich eben aus der Beweislage nicht ergibt. Der angekündigte Auftritt
des Kronzeugen Tarek Mousli mit Personenschutz und Schusswaffen im
Gerichtssaal ist ebenso Beispiel für diese Inszenierung angeblicher
Gefährlichkeit wie das Kopieren der Ausweise sämtlicher
ProzessbesucherInnen am ersten Verhandlungstag. Wir protestieren in diesem
Zusammenhang dagegen, dass wir als internationale, unabhängige
BeobachterInnen an unserer Arbeit behindert wurden, da wir weder Stift und
Papier noch ein Übersetzungslexikon mit in den Gerichtssaal nehmen
durften. Die Durchsuchung der ZuschauerInnen mit Gummihandschuhen und
Schuheausziehen sowie die Äußerung der BAW, die den
Sicherheitsaufwand mit im Umfeld des Prozesses stattfindenden
Veranstaltungen zu rechtfertigen versuchte, hinterließ den Eindruck,
dass die Öffentlichkeit nur als Bedrohung wahrgenommen wird. Wir
protestieren gegen diese Diffamierung und Diskreditierung des Anliegens,
diesen Prozess kritisch zu verfolgen. Wir sehen darin auch den Versuch
einer Abschreckung seitens des Gerichts und der BAW.
Die extreme Unverhältnismäßigkeit im Umgang mit den
Beschuldigten, der "Gesinnungsparagraf 129a" und der inszenierte
Sicherheitsaufwand sind deutliche Hinweise darauf, dass hier ein
politischer Prozess stattfinden soll.
In diesem Sinne halten wir es für dringend erforderlich, dass das
laufende Verfahren von einer kritischen Öffentlichkeit beobachtet
wird. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang die Ankündigung
verschiedener bundesdeutscher Bürger- und Menschenrechtsorganisationen
dies zu tun. Als internationale ProzessbeobachterInnen werden wir uns nicht
nur weiterhin über den Fortgang des Verfahrens informieren, sondern
auch in unseren Ländern hierzu Öffentlichkeit herstellen. Die
Präsenz internationaler ProzessbeobachterInnen im Gerichtssaal wird an
weiteren Prozessterminen fortgesetzt.
Berlin, 26.03.01:
Sean McGuffin, Jurist und Autor, Derry
Saskia Daru, UNITED for Intercultural Action, Amsterdam
Frances Webber, Anwältin, Institute of Race Relations, London
Pierre Jourdain, Fédéracion des Association de Soutien
aux Travalleurs Immigrés, Paris Marcel Bosonnet,
Strafverteidiger und Mitglied der Demokratischen Juristen Schweiz,
Zürich
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