Kammergericht
Beschluß
(1) 2 StE 11/00 (4/00)
In der Strafsache gegen
[es folgen die Namen, Geburtsdaten und Meldeadressen der Angeklagten
sowie die Gefangenennummern und Adressen der Gefängnisse - den in dem
Beschluss voll ausgeschriebenen Nachnamen einer Zeugin haben wir
gekürzt und weitere eigene Veränderungen durch eckige Klammern
gekennzeichnet]
wegen Bildung terroristischer Vereinigungen u.a.
hat der 1. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin
am 25. September 2001 beschlossen:
Die Anträge der Angeklagten auf Aufhebung,
hilfsweise Außervollzugsetzung der Haftbefehle
werden abgelehnt.
Gründe:
1. Der dringende Tatverdacht gegen die Angeklagten besteht nach wie vor
und ist durch die bisherigen Beweisergebnisse der seit dem 17. Mai 2001
durchgeführten Hauptverhandlung nicht in Frage gestellt. Er
stützt sich neben den übrigen in den Anklageschriften genannten
Beweismitteln vor allem auf die im Ermittlungsverfahren und in der
laufenden Hauptverhandlung gemachten Angaben des Zeugen Tarek Mousli.
Bereits bei den vorangegangenen Haftentscheidungen sind (auch) die im
Ermittlungsverfahren gemachten Aussagen der Zeugin Karmen T[...],
insbesondere ihre Aussage vom 22. Juli 1999 (SAO Bl. 211)
berücksichtigt worden, wonach Mousli ihr gegenüber
eingeräumt haben soll, unmittelbar als Schütze an dem Anschlag
auf den geschädigten Dr. Korbmacher beteiligt gewesen zu sein.
Diese in Widerspruch zu den Angaben Mouslis über seinen Tatbeitrag
stehende Bekundung hat in den bisherigen Haftentscheidungen des
Bundesgerichtshofes und des Senats aufgrund des Gesamtergebnisses der
Ermittlungen nicht dazu geführt, den dringenden Tatverdacht gegen die
Angeklagten zu verneinen.
Die in der Hauptverhandlung durchgeführte Beweisaufnahme hat nach
vorläufiger Bewertung durch den Senat kein abweichendes Ergebnis
erbracht: Der Zeuge Mousli hat seine bisherigen Angaben im
Ermittlungsverfahren zum Anschlag auf Dr. Korbmacher wiederholt und
bekundet, der Zeugin T[...] nicht gesagt zu haben, daß er es gewesen
sei, der auf Dr. Korbmacher geschossen habe. Durch die Vernehmung der
Zeugin T[...] in der Hauptverhandlung sind nach vorläufiger
Würdigung diese Angaben nicht entscheidend erschüttert
worden.
2. Unverändert bestehen bei allen Angeklagten der Haftgrund der
Fluchtgefahr nach § 112 Abs. 3 Nr. 2 StPO sowie der besondere
Haftgrund nach § 112 Abs. 3 StPO und kommen mildere Maßnahmen
als der Vollzug der Untersuchungshaft (§ 116 StPO) derzeit nicht in
Betracht. Dazu nimmt der Senat auf seine bisherigen Haftentscheidungen
Bezug.
3. Die zwischenzeitlich verbüßte Untersuchungshaft führt
bei allen Angeklagten angesichts der Bedeutung der Sache und der
Straferwartung für den Fall einer Verurteilung noch nicht dazu,
daß die weitere Untersuchungshaft unverhältnismäßig
wäre.
Dadurch, daß die Bundesanwaltschaft erst kürzlich die
Ergebnisse umfangreicher Telefonüberwachungsmaßnahmen gegen den
Zeugen Mousli und sein Umfeld ab September 1999 vorgelegt hat, ist zwar ein
Umstand eingetreten, der dem Abschluß der Vernehmungen dieses Zeugen
derzeit entgegensteht. Eine Verzögerung des Verfahrens entsteht
dadurch aber nicht. In Übereinstimmung mit der Verteidigung der
Angeklagten Eckle soll zwar die weitere Vernehmung des Zeugen Mousli so
lange unterbleiben, bis die Prozeßbeteiligten Gelegenheit hatten, das
vorgelegte Material auf seine Beweisrelevanz zu prüfen, um
gegebenenfalls hieraus dem Zeugen Vorhalte machen zu können. Der
Senat wird aber, wie bereits in der Hauptverhandlung angekündigt, die
Beweisaufnahme durch die Ausschöpfung in der Anklageschrift benannter
weiterer wesentlicher Beweismittel (Zeugen, Sachverständige u.a.)
fortführen. Die weitere Vernehmung des Zeugen Mousli wird sich hieran
anschließen.
Hennig - Lechner - Alban - Hanschke -
Genthe
[25. September 2001]
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