Anklage gegen weitere Mitglieder der
"Revolutionären Zellen (RZ)"
Der Generalbundesanwalt hat mit Anklageschrift vom 30. Oktober 2000 beim
2. Strafsenat des Kammergerichts Berlin gegen die deutschen
Staatsangehörigen
Sabine Barbara E., Harald G., Matthias B. und Axel H.
Anklage wegen Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung
"Revolutionäre Zellen (RZ)", des Herbeiführens von
Sprengstoffexplosionen und anderer Straftaten erhoben.
In der inzwischen zugestellten Anklageschrift ist im wesentlichen
folgender Sachverhalt dargelegt:
Die Angeschuldigten gehörten der "Berliner Zelle" der
terroristischen Vereinigung "Revolutionäre Zellen (RZ)" an,
die 54 Jahre alte Sabine E. von 1985 bis 1990, der 52 Jahre alte Harald G.
von 1989 bis 1995, die 52 Jahre alten Matthias B. und Axel H. von 1985 bis
1995. Ziel der "RZ" und damit auch der "Berliner Zelle"
war die gewaltsame Veränderung der gesellschaftlichen
Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland durch die Begehung
schwerer Straftaten wie Schusswaffen-, Brand- und
Sprengstoffanschläge. Ab etwa 1985 richteten sich die Aktionen der
"RZ" vorrangig gegen die Ausländer- und Asylpolitik in der
Bundesrepublik Deutschland. In Berlin gab es seit Ende 1985 zwei Gruppen,
die gemeinsam die "Berliner Zelle" der "RZ" bildeten.
Die Angeschuldigten Sabine E. und Harald G. gehörten der ersten Gruppe
an. Die Angeschuldigten Matthias B. und Axel H. waren Mitglieder der
zweiten Berliner Gruppe. Anschläge verübten die Mitglieder beider
Gruppen gemeinsam und arbeitsteilig. Seit ihrer Gründung bekannte sich
die "RZ" in Selbstbezichtigungsschreiben zu mindestens 186
Anschlägen. Mindestens 40 dieser Anschläge erfolgten in Berlin
und Umgebung und lassen sich der "Berliner Zelle" zurechnen. Der
bislang letzte Sprengstoffanschlag der "Berliner Zelle" erfolgte
in der Nacht zum 3. Oktober 1993 auf Einrichtungen und Fahrzeuge des
Bundesgrenzschutzes in Frankfurt/Oder und Görlitz. Die
Gesamtvereinigung "RZ" verübte ihren bislang letzten
Sprengstoffanschlag in der Nacht zum 24. Juli 1995 auf eine Werkshalle
einer Werft bei Bremen.
Die Angeschuldigten stehen in dem Verdacht, an folgenden Anschlägen
der Berliner Zelle der "RZ" beteiligt gewesen zu sein:
1. Am 28. Oktober 1986 kurz vor 8.00 Uhr wurde der damalige Leiter der
Berliner Ausländerbehörde Harald Hollenberg beim Verlassen seines
Hauses in Berlin-Zehlendorf durch zwei gezielte Pistolenschüsse in die
Beine verletzt. Der Angeschuldigte Harald G. war an diesem Anschlag nicht
beteiligt. 2. Am 1. September 1987 kurz nach 9.00 Uhr wurde der damalige
Vorsitzende Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Günter Korbmacher
vor dessen Wohnhaus in Berlin-Lichterfelde durch gezielte
Pistolenschüsse am Unterschenkel verletzt. 3. Am 6. Februar 1987 wurde
an der Aussenmauer des Gebäudes II der Zentralen Sozialhilfestelle
für Asylbewerber (ZSA) in der Torfstraße 34-36 in Berlin-Wedding
ein selbst hergestellter Sprengsatz zur Explosion gebracht, der die
zentrale Gasversorgung des Gebäudes treffen sollte. Die Explosion riss
lediglich ein Loch. Personenschaden entstand nicht. 4. Am 15. Januar 1991
wurde ein Sprengstoffanschlag auf die Siegessäule in Berlin-Tiergarten
verübt. Das eigentliche Ziel, die auf der Siegessäule befindliche
Figur "Victoria" abzusprengen, konnte nicht erreicht werden. Als
Folge der Explosion entstanden im unteren Bereich der Figur Risse an den
Bleieingüssen. Die Angeschuldigte Sabine E. war an diesem Anschlag
nicht beteiligt. Sie hatte sich im Laufe des Jahres 1990 von der
"RZ" gelöst.
Der Angeschuldigte Axel H. bewahrte zusammen mit einem anderen
"RZ-Mitglied" für die Berliner Zelle der "RZ" von
Mitte 1987 bis März 1995 im MehringHof in Berlin etwa 20 kg des
gewerblichen Sprengstoffes Gelamon 40 sowie Sprengschnur auf, die
unbekannte Mitglieder der "RZ" am 4. Juni 1987 aus dem Zweigwerk
einer in Salzhemmendorf ansässigen Firma entwendet hatten. Axel H. war
zum damaligen Zeitpunkt Hausmeister vom MehringHof. Der gelagerte
Sprengstoff und die Sprengschnur sollten bei Sprengstoffanschlägen der
"Revolutionären Zellen (RZ)" zum Einsatz kommen. Dies war
dem Angeschuldigten bekannt. Kurz vor Mitte März 1995 übergab er
den Sprengstoff dem Angeschuldigten Harald G. der seinerseits ein paar Tage
später mindestens 48 Stangen des gewerblichen Sprengstoffes Gelamon 40
sowie 4,15 m Sprengschnur an das "RZ"-Mitglied Tarek M. zur
Aufbewahrung aushändigte.
Die Angeschuldigten Sabine E., Harald G. und Axel H. befinden sich seit
dem 20. Dezember 1999 und der Angeschuldigte Matthias B. seit dem 19. April
2000 in Untersuchungshaft. Die Schusswaffenanschläge auf Harald
Hollenberg und Dr. Günter Korbmacher sind unter dem Gesichtspunkt
eines Körperverletzungsdelikts verjährt, haben aber als
mitgliedschaftliche Beteiligung der Angeschuldigten in der "RZ"
rechtliche Bedeutung. Wegen einer früheren Verurteilung des
Angeschuldigten Harald G. am 27. Februar 1989 wegen Betruges, die im
Zusammenhang mit seiner Betätigung für die "RZ" stand,
ist die Strafklage hinsichtlich der vor dieser Verurteilung liegenden
mitgliedschaftlichen Betätigungsakte des Angeschuldigten verbraucht.
Dies gilt auch für seine Beteiligung an dem Anschlag auf Dr.
Günter Korbmacher.
Rückfragen bitte an:
Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) Pressestelle,
Osta´in b. BGH, Frauke-Katrin Scheuten Telefon: (0721) 8191 410 Fax:
(0721) 8191 492
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