GBA: Anklage gegen ein weiteres Mitglied der "Revolutionären
Zellen (RZ)"
Der Generalbundesanwalt hat mit Anklageschrift vom 28. Januar 2001 beim
2. Strafsenat des Kammergerichts Berlin gegen
den deutschen Staatsangehörigen Rudolf Sch.
Anklage wegen Rädelsführerschaft in der terroristischen
Vereinigung "Revolutionäre Zellen (RZ)" und des
Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion erhoben.
In der inzwischen zugestellten Anklageschrift ist im wesentlichen
folgender Sachverhalt dargelegt:
Der 58 Jahre alte Angeschuldigte gehörte der "Berliner
Zelle" der terroristischen Vereinigung "Revolutionäre
Zellen (RZ)" von 1985 bis 1990 an. Ziel der "RZ" und
damit auch der "Berliner Zelle" war die gewaltsame
Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse in der
Bundesrepublik Deutschland durch die Begehung schwerer Straftaten wie
Schusswaffen-, Brand- und Sprengstoffanschläge. Ab etwa 1985 richteten
sich die Aktionen der "RZ" vorrangig gegen die Ausländer-
und Asylpolitik in der Bundesrepublik Deutschland. In Berlin gab es seit
Ende 1985 zwei Gruppen, die gemeinsam die "Berliner Zelle" der
"RZ" bildeten. Die führenden Mitglieder der ersten Gruppe
waren der Angeschuldigte und die anderweitig verfolgte Sabine E.. Als
Gründungsmitglieder gehörten sie zur
"Führungsebene" innerhalb der "Gesamt-RZ" und
übten auch in der "Berliner Zelle" einen bestimmenden
Einfluss aus. Anschläge verübten regelmäßig die
Mitglieder beider Gruppen gemeinsam und arbeitsteilig. Seit ihrer
Gründung bekannte sich die "RZ" in
Selbstbezichtigungsschreiben zu mindestens 186 Anschlägen. Mindestens
40 dieser Anschläge erfolgten in Berlin und Umgebung und lassen sich
der "Berliner Zelle" zurechnen. Der bislang letzte
Sprengstoffanschlag der "Berliner Zelle" erfolgte in der Nacht
zum 3. Oktober 1993 auf Einrichtungen und Fahrzeuge des Bundesgrenzschutzes
in Frankfurt/Oder und Görlitz. Die autonome Frauengruppe der
"RZ", die "Rote Zora" verübte den bislang
letzten Sprengstoffanschlag aus dem "RZ"-Zusammenhang in der
Nacht zum 24. Juli 1995 auf eine Werkshalle einer Werft bei Bremen.
Der Angeschuldigte steht in dem Verdacht, an folgenden Anschlägen
der "Berliner Zelle" der "RZ" beteiligt gewesen zu
sein:
1. Am 28. Oktober 1986 kurz vor 8.00 Uhr wurde der damalige Leiter der
Berliner Ausländerbehörde Harald Hollenberg beim Verlassen seines
Hauses in Berlin-Zehlendorf durch zwei gezielte Pistolenschüsse in die
Beine verletzt.
2. Am 1. September 1987 kurz nach 9.00 Uhr wurde der damalige
Vorsitzende Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Günter Korbmacher
vor dessen Wohnhaus in Berlin-Lichterfelde durch gezielte
Pistolenschüsse am Unterschenkel verletzt.
3. Am 6. Februar 1987 wurde an der Aussenmauer des Gebäudes II der
Zentralen Sozialhilfestelle für Asylbewerber (ZSA) in der
Torfstraße 34-36 in Berlin-Wedding ein selbst hergestellter
Sprengsatz zur Explosion gebracht, der die zentrale Gasversorgung des
Gebäudes treffen sollte. Die Explosion riss lediglich ein Loch.
Personenschaden entstand nicht.
Die Schusswaffenanschläge sind unter dem rechtlichen Gesichtspunkt
eines Körperverletzungsdelikts verjährt, haben aber als
mitgliedschaftliche Beteiligung des Angeschuldigten in der "RZ"
Bedeutung.
Der Angeschuldigte war jeweils unmittelbar am Tatort eingesetzt. Die
Schüsse auf die Geschädigten Hollenberg und Dr. Korbmacher wurden
von ihm abgefeuert. Die Sprengvorrichtung an der Aussenmauer des
Gebäudes II der Zentralen Sozialhilfestelle für Asylbewerber
hatte er zusammen mit dem anderweitig verfolgten Lothar E. installiert und
zur Explosion gebracht.
Im Jahr 1990 löste sich die Gruppe um den Angeschuldigten und
Sabine E. auf. Beide hatten beschlossen, in die
"Legalität" zurückzukehren. Im Sommer 1990
verließen sie Berlin.
Am 15. Februar 2001 hat das Landgericht Frankfurt am Main den
Angeschuldigten vom Vorwurf der Beihilfe an dem
"OPEC-Überfall" am 21. Dezember 1975 in Wien
freigesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Dieses beim
Landgericht Frankfurt am Main gegen den Angeschuldigten anhängige
Strafverfahren steht der Strafverfolgung in dieser Sache nicht entgegen, da
die Tatvorwürfe nicht identisch sind.
Rückfragen bitte an:
Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA)
Pressestelle, OStA'in b. BGH, Frauke-Katrin Scheuten
Telefon: (0721) 8191 410
Fax: (0721) 8191 492
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