An die
Vorsitzende des 1. Strafsenats
des Kammergerichts Berlin
Frau Vorsitzende Richterin
am Kammergericht Hennig
EIßholzstraße 30-33
10781 Berlin
Bearbeiter/in OStA b. BGH Bruns (0721) 81 91.248
16. Juni 2003
Betrifft:
Strafverfahren gegen
Sabine Eckle,
Harald Glöde,
Matthias Borgmann,
Axel Haug
wegen Mitgliedschaft In einer terroristischen Vereinigung u.a.;
hier: Antrag des Angeklagten
Haug vom 13. Juni 2003 auf Aufhebung des Haftbefehls vom 4.
Februar 2000
Es wird beantragt,
den Antrag des Angeklagten Haug vom 13. Juni 2003 auf Aufhebung
des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes
vom 4. Februar 2000 abzulehnen.
Begründung:
Der Antrag des Angeklagten auf Aufhebung des Haftbefehls Ist unbegründet.
Das bisherige Ergebnis der Hauptverhandlung rechtfertigt keine neue
Beurteilung der Frage des Vorliegens der tatsächlichen und
rechtlichen Voraussetzungen des Haftbefehls vom 4. Februar 2000.
Hinsichtlich des Angeklagten Haug bestehen nach wie vor dringender
Tatverdacht I. S. der Anklagevorwürfe sowie die Haftgründe
nach § 1 12. Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 StPO.
Die hier gegen vorgetragenen Schlussfolgerungen der Verteidigung
beruhen auf einer -vorsichtig formuliert - eigenwillig verkürzten
Wahrnehmung der Vorgänge in der bisherigen Beweisaufnahme.
Ein beredtes Beispiel hierfür bietet bereits die Behauptung
der Verteidigung der Zeuge Mousli habe in seiner Vernehmung vom
7. April 2000 ..sogar- angegeben, "das Sprengstoffdepot und
den Sprengstoff selbst gesehen zu haben", Ausweislich des in
der Hauptverhandlung durch den Zeugen Dr. Wolst bestätigten
Protokolls der richterlichen Vernehmung vom 7. April 2000 hat der
Zeuge Mousli jedoch wörtlich erklärt:
"Ich erinnere mich noch, dass ich selbst einmal ein blau verpacktes,
mit Klebestreifen versehenes Paket sah. Ich präzisiere, es
waren mehrere Pakete, Es hieß damals bei unseren Gesprächen,
darin sei Sprengstoff. In den damaligen Beratungen. wo dieser Sprengstoff
verwahrt werden könnte, schlug Lothar vor, ihn im Mehringhof
zu deponieren. ... Er nannte einen Hohlraum am Boden eines Aufzugsschachtes,
der durch eine Metallplatte nach oben abgedeckt war -Ich weiß
noch, dass sich am Boden dieses Raumes meist etwas Wasser befand.
Wir stimmten diesem Vorschlag zu. So wurde der Sprengstoff. meiner
Erinnerung nach auch noch zusammen mit einer Maschinenpistole oder
einer oder mehreren Pistolen dort verwahrt."
In ähnlicher Welse "modelliert" die Verteidigung
sich die Ausführungen des Sachverständigen Dr. Kolla zurecht,
indem sie von dem Sachverständigen vorgetragene, wesentliche
Einschränkungen bei der Feststellbarkeit von Sprengstoffspuren
unerwähnt lässt und damit den Eindruck erweckt. als habe
der Sachverständige vorliegend aufgrund des Fehlens von Sprengstoffspuren
den Rückschluss auf das Nichtvorhandensein eines Sprengstoffdepots
als zulässig erachtet, Das Gegenteil ist jedoch der Fall. So
hat der Sachverständige Dr. Kolla deutlich gemacht, dass eine
Vielzahl von Parametern für das Überdauern von Sprengstoffspuren
erheblich .sein kann. so u.a. die Verpackung des Sprengstoffs, die
Spurenempfindlichkeit des Ablageorts, die sonstigen Umweltbedingungen,
insbesondere auch das Einwirken von Wasser, so dass jedenfalls das
Fehlen von Sprengstoffspuren nicht den Schluss zulässt, es
sei tatsächlich kein Sprengstoff eingelagert worden.
Vollends entfernt sich das Vorbringen der Verteidigung von den
Vorgängen in der Hauptverhandlung, wenn es dort heißt,
die Zeugin K. habe bekundet, dass in der Zelt ihrer Hausmeistertätigkeit
der Stromraum möglicherweise einmal. der Garagenraum jedoch
nicht überschwemmt gewesen sei. Vielmehr hat die Zeugin K.
anlässlich Ihrer Vernehmung am 3. Mai 2002 ausgeführt,
dass es im Mehringhof auch In den Räumen oberhalb des Kellers
immer wieder von der Kanalisation ausgehende Überschwemmungen
gab. Die Zeugin beschrieb dies anschaulich mit den Worten: "In
der Kneipe kamen aus den Toiletten manchmal richtige Fontänen
hoch, auch aus anderen Rohren. Auch der Hof war öfters mal
überschwemmt." In diesem Zusammenhang führte die
Zeugin K.r weiterhin aus, im Garagenraum habe es Ihres Wissens einmal
einen Wasserschaden gegeben. An einen Wasserschaden Im Elektroraum
konnte sie sich dagegen nicht erinnern (vgl. auch die Berichterstattung
zum 72. Prozesstag auf der Internetseite www.freilassung.de).
Die Behauptung der Verteidigung, die Angaben des Zeugen Mousli
zu dem Sprengstoffdepot Im Mehringhof seien "nachgewiesenermaßen
falsch", entbehrt damit jeder tatsächlichen Grundlage.
Zu Zweifeln an der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen Mousli
gibt die vorliegende Antragsbegründung keinen Anlass.
Das Vorbringen der Verteidigung der Angeklagten Haug zum Fortfall
die Haftgründe vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Die
aus den Im Haftbefehl vom 4, Februar 2000 bezeichneten Gründen
fortbestehende Fluchtgefahr wird nicht dadurch gemindert, dass sich
der Angeklagte bislang unter dem Druck einer drohenden Wiederinvollzugsetzung
des Haftbefehle den Haftverschonungsauflagen unterworfen hat. Zudem
besteht nach wie vor der besondere Haftgrund des § 112 Abs.
3 StPO.
Im Auftrag
Bruns
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