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Datum:
04.01.2001
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Zeitung:
Tagesspiegel
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Titel:
Der Außenminister bekennt: Wir haben Steine geworfen
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Joschka Fischer
Der Außenminister bekennt: Wir haben Steine geworfen
Der Grüne Spitzenpolitiker über seine militante Vergangenheit
/ Fraktionsvize der Union legt ihm den Rücktritt nahe
Außenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Grüne)
hat sich öffentlich dazu bekannt, in der Vergangenheit Gewalt
angewendet zu haben. "Ja, ich war militant", sagte Fischer
in einem Interview mit der Hamburger Illustrierten "Stern".
"Wir haben Steine geworfen. Wir wurden verdroschen, aber wir
haben auch kräftig hingelangt." Fischer war in den siebziger
Jahren in Frankfurt (Main) in der Hausbesetzer-Bewegung aktiv. Er
soll Mitte Januar im Prozess um den Opec-Anschlag gegen das frühere
Mitglied der "Revolutionären Zellen" Hans-Joachim
Klein als Zeuge aussagen.
In seiner aktuellen Ausgabe veröffentlicht der "Stern"
Fotos von 1973, die zeigen, wie eine Gruppe von Demonstranten auf
einen Polizisten losgehen. Mehrere Demonstranten reißen den
Beamten zu Boden und treten auf ihn ein. Der "Stern" identifiziert
den heutigen Außenminister als einen der mit Helmen ausgerüsteten
Gewalttäter, der mit der Faust auf den Polizisten einschlage.
Auf die Bilder angesprochen antwortete Fischer, es habe sich nach
seiner Erinnerung um eine Demonstration in Bornheim gehandelt. "Die
Polizei war dabei, Demonstranten zu verfolgen unter Einsatz des
Schlagstocks", so Fischer. "Damals lief ich allein und
mit nichts als meinen Händen zum ersten Mal nicht mehr weg,
sondern der Polizei entgegen." Ein ähnliches Foto hatte
der Tagesspiegel im November veröffentlicht. Damals hatte sich
Fischer nicht dazu äußern wollen.
Fischer war in Frankfurt Mitglied der so genannte "Putzgruppe",
eines militanten Zirkels der Sponti-Szene, der auch bei Demonstrationen
auftrat. "Es war eine Zeit, in der auf Rudi Dutschke geschossen
wurde, eine Zeit der härtesten Konfrontation, des öffentlich
gepredigten Hasses gegen die Studenten", sagte Fischer dem
"Stern".
Fischer weist allerdings Gerüchte zurück, er habe auch
mit Molotow-Cocktails auf Polizisten geworfen. "Das ist eine
Behauptung, die immer wieder aufgestellt wurde. Sie ist falsch."
Bereits 1998 waren in einem Buch über Fischer zwei Situationen
beschrieben worden, in denen Demonstranten Polizisten mit Molotow-Cocktails
angegriffen hatten. Unter den Protestierenden befanden sich auch
Mitglieder der "Putzgruppe". Ein Polizist wäre dabei
fast verbrannt. "Mir wurde vorgeworfen, ich sei dabei gewesen",
sagte Fischer jetzt, "aber ich bin damals nicht mal dem Haftrichter
vorgeführt worden, sondern wurde wieder auf freien Fuß
gesetzt." Er habe allerdings trotz der "Faszination revolutionärer
Gewalt" nie Sympathien für den bewaffneten Kampf gehabt:
"RAF und Revolutionäre Zellen waren nie mein Fall."
Der Vize-Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Wolfgang Bosbach, sagte
dem Tagesspiegel, er sei "sprachlos, dass sich die Bundesrepublik
einen solchen Repräsentanten leistet". Fischer sei "geradezu
stolz" auf seine Mitgliedschaft in der "Putzgruppe"
gewesen. "Wer sich so verhalten hat, ist kein glaubwürdiger
Repräsentant einer gewaltfreien Zivilgesellschaft."
Holger Stark
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