|
Datum:
07.02.2001
|
Zeitung:
taz
|
Titel:
Verteidiger bittet um Milde für Klein
|
Verteidiger bittet um Milde für Klein
Im Frankfurter Opec-Prozess fordert Anwalt von Hans- Joachim Klein
die Kronzeugenregelung für seinen Mandanten
Am Ende seines Plädoyers bat Rechtsanwalt Eberhard Kempf gestern
vor der 21. Großen Strafkammer in Frankfurt am Main um Milde für
seinen Mandanten Hans-Joachim Klein. Er bat das Gericht, den wegen des
Attentats auf die Ministerkonferenz Erdöl exportierender Länder
(Opec) in Wien 1975 angeklagten Klein wegen dreifachen Mordes, Mordversuchs
und Geiselnahme nicht lebenslänglich ins Gefängnis zu
schicken.
Die Höhe des Strafmaßes stellte Kempf dem Gericht anheim.
Dieses solle aber, forderte er, möglichst unter acht Jahren liegen.
Der Verteidiger berücksichtigte dabei, dass das Gericht bei Mord wenig
Spielraum hat.
Kempf, eigentlich entschiedener Gegner der Kronzeugenregelung, forderte,
diese in Kleins Fall mehr noch als in anderen Präzedenzfällen
anzuwenden. Klein habe alle Kriterien dafür übererfüllt. Da
sei zum einen sein Brief an den Spiegel, in dem er 1977 vor
geplanten Anschlägen der Roten Zellen warnte, also Straftaten
verhinderte. Dann ein Buch und Interviews, mit denen Klein zur Umkehr
aufrief, Strukturen des Terrorismus offengelegte und den
Ermittlungsbehörden damit geholfen habe.
Klein selbst sei bei der Tat schwer verletzt worden, habe 23 Jahre als
kranker Mann versteckt gelebt, seine Tat nie geleugnet und den
Behörden auch nach seiner Verhaftung 1999 wichtige Hinweise gegeben,
die auch zur Ergreifung des wegen Beihilfe Mitangeklagten Rudolf Schindler
geführt hätten. Strafmildernd wertete Kempf auch die Kindheit
Kleins. Bis 1995 habe er gedacht, seine Mutter sei als Jüdin im KZ
umgekommen. Dann erst habe er erfahren, dass sie sich kurz nach seiner
Geburt mit der Dienstwaffe des Vaters, eines Polizisten, erschossen habe.
Er sei in Heimen, bei Pflegeeltern, dann beim prügelnden Vater
aufgewachsen.
Klein habe sich den seit 1968 rebellierenden Studenten angeschlossen,
weil er dort Anerkennung erfahren habe. Der Sponti-Szene habe er sich
entfremdet. Den Revolutionären Zellen sei es danach leichtgefallen,
ihn für ihre Zwecke zu rekrutieren.
Zur Teilnahme am Opec-Überfall habe er sich entschlossen, weil er
dies als eine "von ihm nie erfahrene Ehre" empfunden habe. Er sei
stolz darauf gewesen, "gebraucht zu werden" und "der Sache
der Palästinenser" zu helfen. Die Konsequenzen habe er nicht
abschätzen können. Klein habe nicht töten wollen und auch
selbst niemanden umgebracht. Zuvor hatte Rechtsanwältin Eva
Dannenfeldt den Tathergang minutiös rekonstruiert. Beide Verteidiger
werteten die Aussagen des Entlastungszeugen S., der den Mitangeklagten
Schindler als Opfer einer Verwechslung entlastet hatte, als
unglaubwürdig. Klein habe, als er Schindler belastete, "in jedem
Punkt die Wahrheit gesagt".
Das bestritten Schindlers Verteidiger am Nachmittag in ihrem Plädoyer
vehement und forderten Freispruch.
|