Datum:
24.11.2000
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Zeitung:
Frankfurter Rundschau
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Titel:
Cohn-Bendit erinnert an Lebensgefahr für Klein
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Cohn-Bendit erinnert an Lebensgefahr für Klein
Lepp FRANKFURT A. M., 23. November. Als Zeuge im Opec-Prozess hat Daniel
Cohn-Bendit auf erhebliche Gefahren hingewiesen, die dem wegen Mordes und
Geiselnahme angeklagten Hans-Joachim Klein als "Verräter"
nach seinem Ausstieg aus dem Terrorismus gedroht hätten. Wie der
Europa-Abgeordnete der Grünen am Donnerstag vor dem Frankfurter
Landgericht erklärte, habe für Klein solange Lebensgefahr
bestanden, wie der internationale Terroristenführer Carlos nicht
gefasst war.
Um zu beweisen, dass er mit seiner Einschätzung nicht allein
dastehe , überreichte Cohn-Bendit dem Gericht ein Schreiben des
Bundesamtes für Verfassungsschutz. Daraus geht hervor, dass Kleins
1977 vollzogener Ausstieg bei den Revolutionären Zellen (RZ)
"eine mit Lebensgefahr verbundene Trennung von Carlos war".
Carlos war Anführer des sechsköpfigen Kommandos, das 1975 in Wien
die Konferenz Erdöl exportierender Länder (Opec) überfallen
hatte, wobei drei Menschen erschossen wurden.
Vor allem mit seinem 1979 erschienen Buch "Rückkehr in die
Menschlichkeit" habe Klein Strukturen und Aktivitäten der RZ
enthüllt, die bis dahin nicht bekannt gewesen seien, sagte
Cohn-Bendit. Ihm sei es zu verdanken, dass der Plan zum Anschlag auf
führende Mitglieder der jüdischen Gemeinde in der Bundesrepublik
nicht in die Tat habe umgesetzt werden können. Die Familien Galinski
und Lipinski seien Klein dafür "dankbar gewesen"
Als ehemaliger Sprecher der Frankfurter Sponti-Szene bedauerte
Cohn-Bendit, dass es ihm damals nicht gelungen sei, Kleins Weg in den
Terrorismus zu verhindern. "Das ist auch für mich eine
Niederlage", sagte er. Nachdem Klein in Frankreich untergetaucht war,
habe er über Jahre hinweg darauf bestanden, dass dieser sich
freiwillig den Behörden stelle. Kleins Angst vor Gefängnis sei
aber "einfach zu groß" gewesen.
Wegen Verdacht auf Strafvereitelung ist gegen den Europa-Abgeordneten
ein Strafverfahren anhängig, in dem von der Staatsanwaltschaft
Aufhebung der Immunität beantragt ist.
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