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Datum:
07.02.2001
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Zeitung:
Frankfurter Rundschau
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Titel:
"Höchstens acht Jahre für Klein"
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"Höchstens acht Jahre für Klein"
Plädoyers im Opec-Prozess / Freispruch für Schindler
gefordert
Für eine Freiheitsstrafe, die acht Jahre nicht übersteigen
sollte, hat sich die Verteidigung des wegen Mordes und Geiselnahme
angeklagten Hans Joachim Klein am Dienstag im Frankfurter Opec-Prozess
ausgesprochen. Von der Staatsanwaltschaft sind dagegen 14 Jahre
Haft gefordert worden. Das Urteil des Landgerichts soll nächste
Woche verkündet werden.
FRANKFURT A. M., 6. Februar. Ebenso wie die Anklagevertreter kommen
Kleins Anwälte Eva Dannenfeld und Eberhard Kempf nach mehr als 20
Tagen Beweisaufnahme zum Ergebnis, dass ihr Mandant beim Überfall auf
die Konferenz Erdöl exportierender Länder (Opec) 1975 in Wien
selber keines der drei Opfer getötet habe. Auf gemeinschaftlichen Mord
wie im vorliegenden Fall stehe zwar auch lebenslange Haft. Doch lägen
bei Klein "außergewöhnliche Umstände" vor, die
eine zeitlich begrenzte Freiheitsstrafe erlaubten.
"Auch wenn mir persönlich die Kronzeugenregelung
rechtspolitisch nie behagt hat", so Anwalt Kempf, sei objektiv
festzustellen, dass sie sich im Fall Klein bewährt habe. Dass der
Mitangeklagte Rudolf Schindler als Angehöriger der Revolutionären
Zellen (RZ) sowohl an der Rekrutierung des sechsköpfigen
Terroristenkommandos wie auch an der Vorbereitung des Überfalls
beteiligt gewesen sei, habe Klein nicht erst kurz vor dem Prozess
behauptet. Bereits bei seiner Festnahme 1999 in der Normandie habe der aus
der Sponti-Szene kommende Frankfurter einen Zettel mit dem Namen Schindler
bei sich gehabt.
Kempf zufolge verdient Klein allein schon Strafmilderung wegen seines
1979 erschienenen Buches "Rückkehr in die Menschlichkeit".
Mit diesem "Appell eines ausgestiegenen Terroristen" habe der
Angeklagte "einen Beitrag geleistet, der geeignet war, weitere
Straftaten zu verhindern". Im Gegensatz dazu ist die
Staatsanwaltschaft der Auffassung, für das Buch stünde Klein kein
Rabatt als Kronzeuge zu. Dass irgend jemand damit vom Weg in den
Terrorismus abgehalten wurde, sei "Spekulation".
Ob Klein allein wegen des Buches von der Kronzeugenregelung profitieren
kann, ist nach Ansicht von Beobachtern für den Fall von Bedeutung,
dass die Beweise gegen Schindler für eine sichere Verurteilung nicht
ausreichen sollten. Während die Staatsanwaltschaft wegen Beihilfe
fünf Jahre Freiheitsentzug beantragt hat, forderte Schindlers
Verteidigung am Dienstag Freispruch. "Klein irrt sich", so Anwalt
Hans-Wolfgang Euler, wenn er behaupte, Schindler sei zur logistischen
Unterstützung des Überfall mit in Wien dabei gewesen.
Möglicherweise verwechsele er Schindler mit einem damals
ähnlich aussehenden RZ-Mann, der inzwischen nach Nicaragua
ausgewandert ist.
Norbert Leppert
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