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Datum:
19.12.2000
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Zeitung:
taz
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Titel:
Eine verpasste Chance
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rz-urteil
Eine verpasste Chance
Zwei Jahre auf Bewährung für die Mitgliedschaft in einer
terroristischen Vereinigung. Das klingt zunächst überraschend. 13
Jahre nach den Schüssen der Revolutionären Zellen und einem
Sprengstoffanschlag könnte man fast meinen, die Justiz hätte
Vernunft vor Recht und Rache walten lassen. Zu anderen Zeiten hatte es
härtere Urteile gegeben, mit oder ohne Kronzeugenregelung.
Doch der gestern zu Ende gegangene Prozess gegen Tarek Mousli
war zum Schluss kein Verfahren gegen das RZ-Mitglied Mousli mehr. Er war
bereits der Auftakt zum eigentlichen Berliner RZ-Prozess, bei dem der
Karatelehrer nicht mehr auf der Anklage-, sondern auf der Zeugenbank sitzen
wird. Das erklärt auch das Strafmaß, mit oder ohne
Kronzeugenregelung.
Ist Mousli, der Kronzeuge, nun ein Verräter, wie viele seiner
ehemaligen "Genossen" meinen? Im Grunde haben er und die vier
Personen, die wegen seiner Aussagen in Untersuchungshaft sitzen, vieles
gemeinsam. Die Taten, derer sie beschuldigt werden, sind verjährt,
andere Lebensabschnitte haben begonnen, bei manchen sogar Karrieren. Die
einzige Drohung, die die Bundesanwaltschaft in der Tasche hatte, lautet
"Mitgliedschaft".
Doch das ist dann das Ende der Gemeinsamkeit. Mousli hat sich gegen eine
politische und für eine private Lösung entschieden. Ohne seine
Aussagen hätte der Prozess gegen ihn ein Akt von
Vergangenheitsbewältigung sein können, ein Schlussstrich unter
die Auseinandersetzungen der 80er-Jahre, zumindest in Berlin. So aber soll
beim Prozess im Frühjahr wohl ein Exempel statuiert werden. Mousli,
der Reuige, sowie die Bundesanwälte auf der einen, die vermeintlich
"Unbelehrbaren" auf der anderen Seite.
Ist das Verrat? Wohl eher eine verpasste Chance. Nun liegt es an der
Justiz, dieselbe noch einmal wahrzunehmen. Doch das Säbelrasseln beim
gestrigen Urteil lässt nichts Gutes erwarten.
Kommentar von UWE RADA
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