Datum:
14.12.2000
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Zeitung:
Tageszeitung
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Titel:
Der letzte Kronzeuge ist ein Volltreffer
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Der letzte Kronzeuge ist ein Volltreffer
Dank Tarek Mousli weiß das BKA nahezu alles über die
"Berliner Zellen" und einen unbemerkten Postbetrug der RZ
Ohne den Kronzeugen Tarek Mousli wäre es den Terrorismusverfolgern
nicht gelungen, in Berlin "irgendeine Person der Mitgliedschaft in den
Revolutionären Zellen (RZ) zu bezichtigen". Das hat gestern ein
RZ-Spezialist des Bundeskriminalamtes (BKA) als Zeuge vor dem Kammergericht
ausgesagt.
Der 41-jährige Karatelehrer Mousli steht seit vergangener Woche
wegen seiner Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung RZ zwischen
1985 und 1995 vor Gericht. Um eine Bewährungsstrafe zu bekommen, hat
er als Kronzeuge der Bundesanwaltschaft sechs weitere angebliche
RZ-Mitglieder belastet.
Der Prozess gegen Mousli ist reine Formsache. Schon am Montag soll das
Urteil verkündet werden. Die Beweisaufnahme beschränkte sich auf
das Geständnis des Angeklagten und das Verlesen von
RZ-Bekennerschreiben und Artikeln aus der Zeitschrift
Revolutionärer Zorn. Als einzige Zeugen wurden eine frühere
Freundin Mouslis sowie gestern zwei BKA- Beamte vernommen.
Der RZ-Spezialist berichtete, Mousli habe das BKA in die Lage versetzt,
"die Strukturen der RZ in Berlin aufzuhellen, von denen wir bis 1988
überhaupt nichts wussten". Bis auf einen Unbekannten mit dem
Decknamen "Toni" hätten sämtliche Mitglieder der
Berliner Zellen namhaft gemacht werden können. Untermauert würden
Mouslis Angaben durch Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit
mit Angaben zur Struktur und Decknamen von RZ-Mitgliedern.
Durch Mousli hätten die Ermittler auch die so genannte
RZ-Postsparbuch-Aktion aufklären können, sagte der Beamte. Der
von Mousli der RZ-Mitgliedschaft bezichtigte Harald Glöde war Ende der
80er-Jahre zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden, weil er
über eine gefälschte Postsparbucheintragung versucht hatte, 2.000
Mark abzuheben. Mousli hatte seinen Vernehmern eröffnet, dass
Glödes Tat im Zusammenhang mit einer bundesweiten
Geldbeschaffungsaktion der RZ gestanden habe, bei der über 300.000
Mark erbeutet wurden. Erst durch Mousli habe man erkannt, dass es am 20.
April 1987 über 40 Fälle von Postsparbuchfälschungen gegeben
habe. Ein elektronischer Datenabgleich bei der Post sei damals noch nicht
möglich gewesen, so der BKA-Spezialist.
Nachdem Mousli im November 1999 zum zweiten Mal verhaftet worden war,
hatte er angefangen auszupacken. Daraufhin wurde der Mehringhof durchsucht,
drei Personen wurden festgenommen. Doch das reichte dem BKA nicht.
"Wir hatten den Eindruck, dass Mousli zu der einen oder anderen Person
noch mehr sagen könnte, und ihm deutlich gemacht, dass die
Kronzeugenregelung nur greift, wenn er rückhaltlos Angaben zur Sache
macht", so der Beamte gestern. Im Hinblick darauf, dass die
Kronzeugenregelung Ende 1999 auslief, belastete Mousli kurz vor Neujahr
auch seinen besten Freund, den nach Kanada ausgewanderten Lothar Ebke.
Danach hatte der Kronzeuge keine Hemmungen mehr, packte im neuen Jahr
über die gesamte Kreuzberger Szene aus und erstellte anhand von 50 bis
100 vorgelegten Lichtbildern ein Szeneprofil.
PLUTONIA PLARRE
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