Datum:
01.12.2000
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Zeitung:
taz
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Titel:
Kronzeuge tritt auf
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Kronzeuge tritt auf
Nach Mouslis Aussagen soll der im Opec-Prozess angeklagte Schindler
am Mord an Hessens Wirtschaftsminister Karry 1981 beteiligt gewesen
sein
Im Prozess um den Überfall auf die Ministerkonferenz Erdöl
exportierender Länder (Opec) 1975 hat gestern ein Zeuge den
Angeklagten Rudolf Schindler schwer belastet. Er beschuldigte Schindler, am
Mord am hessischen Wirtschaftsminister Heinz-Herbert Karry 1981 beteiligt
gewesen zu sein. Außerdem sei er als "Schütze" der
Revolutionären Zellen (RZ) verantwortlich für die Schüsse,
mit denen in Berlin 1986 der Chef der Berliner Ausländerbehörde,
Hollenberg, und 1987 der Vorsitzende des Asylsenats beim
Bundesverwaltungsgericht, Korbmacher, an den Beinen verletzt wurden.
Tarek Mousli, als Kronzeuge im Zeugenschutzprogramm, betrat den
Gerichtssaal mit kugelsicherer Weste. Schindler habe er in der RZ 1985 als
einflussreichen Mann und "Hardliner" kennen gelernt.
Selbstverständlich habe er damals als "Neuer" nach der
"Geschichte der Organisation", also auch nach dem Opec-Attentat
und dem Karry-Mord gefragt, sei aber nicht informiert worden: "Die
haben weit gehend gemauert." Er habe aber aus Andeutungen und gerade
dem hartnäckigen Schweigen über bestimmte Ereignisse geschlossen,
dass Schindler in die Taten "involviert" gewesen sei.
Einmal habe er, so Mousli, einen heftigen Streit zwischen RZ-Mitgliedern
über den Mord an Karry mitgehört. Dabei sei die Tat als
"glatter Mord" kritisiert worden. Bei der folgenden Diskussion
sei gesagt worden, Karrys Tod sei "ein Unfall" gewesen. Man habe
ihn eigentlich nur verletzen wollen. Vor dem Haus Karrys sei es am
Tatmorgen dunkel gewesen. Außerdem habe die ans Schlafzimmerfenster
gelehnte Trittleiter gewackelt. Es sei zwar von "wir" geredet
worden. Das aber könne sich auch auf die RZ allgemein bezogen
haben.
Zum Opec-Attentat habe er ebenfalls nichts Genaues erfahren können.
Er wisse nur, dass sich Schindler und seine damalige Freundin vor Aussagen
des in Frankfurt als Opec-Attentäter Hauptangeklagten Hans-Joachim
Klein gefürchtet hätten. Nach Kleins Ausstieg aus dem Terrorismus
1976 habe Mousli sich gefährdet gesehen und sei deshalb untergetaucht.
Aber auch hier habe nie jemand deutlich gesagt: "Ich bin dabei
gewesen." Mousli selbst ist wegen Mitgliedschaft in einer
terroristischen Vereinigung und Beteiligung an Sprengstoffanschlägen
angeklagt. Sein Prozess beginnt nächste Woche in Berlin. Unterdessen
hat die Bundesanwaltschaft ebenfalls beim Berliner Kammergericht Anklage
gegen vier weitere Menschen wegen Mitgliedschaft bei den RZ erhoben.
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