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Presse

Datum:
01.12.2000

Zeitung:
Frankfurter Rundschau

Titel:
Neue Hinweise auf Mörder des Ministers Karry

Neue Hinweise auf Mörder des Ministers Karry

Zeuge im Opec-Prozess belastet RZ-Mitglied Schindler

Der Fall des 1981 erschossenen hessischen Wirtschaftsministers Heinz Herbert Karry (FDP) steht möglicherweise vor der Aufklärung. Bei der Vernehmung eines ehemaligen Mitglieds der Revolutionären Zellen (RZ) im Opec-Prozess vor dem Frankfurter Landgericht gab es am Donnerstag Hinweise, die nach Einschätzung von Fahndern zu den Tätern führen können.

FRANKFURT A. M., 30. November. Im Mordfall Karry kommt der wegen des Überfalls auf die Opec-Konferenz von Wien mitangeklagte Rudolf Schindler (57) als dringend Tatverdächtiger in Betracht. Das ergibt sich aus der Aussage eines Zeugen im Opec-Prozess, des 41 Jahre alten Tarek Mousli. Er berichtete vor der Frankfurter Schwurgerichtskammer, der RZ-Mitbegründer Schindler - ein gelernter Feinmechaniker - sei der "zuverlässigste Schütze" der RZ gewesen. Karrys Tod am 11. Mai 1981 in dessen Haus in Frankfurt-Seckbach sei nach Schindlers eigener Darstellung jedoch kein Mord, sondern "ein Unfall" gewesen, sagte der Zeuge unter Eid aus. Mousli selbst hatte sich der RZ 1985 in Berlin angeschlossen.

Laut Mouslis Angaben löste das Attentat auf Karry in den RZ heftige Diskussionen aus. So habe der Journalist Gerd Albatus, der 1987 in Syrien unter mysteriösen Umständen zu Tode kam, Schindler vorgeworfen: "Das war glatter Mord." Erregt habe Schindler dagegen gehalten, dass man nicht die Tötung des Ministers geplant habe, sondern diesem "nur ins Bein schießen wollte". Da es am Tatort aber sehr dunkel gewesen sei, habe man die Position Karrys, der neben seiner Frau im Bett gelegen habe, nur ungenau ausmachen können. Überdies habe die zum Schlafzimmer der Eheleute Karry führende Trittleiter "so gewackelt", dass man nicht präzise habe zielen können und Karry von den Schüssen so getroffen worden sei, dass er verblutete.

Der Zeuge, der unter Polizeischutz steht, stellte auf Fragen des Gerichts klar, dass Schindler ihm nicht gesagt habe: "Ich war der Täter, ich habe damals geschossen." Bei anderen RZ-Attentaten - so 1986 und 1987 in Berlin auf den Verwaltungsrichter Günter Korbmacher und den Leiter der Ausländerbehörde, Harald Hollenberg - wisse er dagegen definitiv, dass Schindler der Schütze gewesen sei. Anders als Karry seien diese Opfer mit Knieverletzungen davongekommen. Abweichend von Mouslis Aussage sollen die beiden Berliner Opfer indes erklärt haben, Frauen hätten auf sie geschossen.

Ebenfalls als Zeuge im Opec-Prozess hatte vorige Woche Bundesanwalt Peter Morré aus Karlsruhe angedeutet, dass er bei der Aufklärung des Falls Karry, bei dem die Ermittler von mehreren Tätern ausgehen, "die Hoffnung noch nicht aufgegeben" hat.

Offensichtlich nahm Morré damit Bezug auf Mouslis Angaben, die dieser als Kronzeuge für einen in Berlin geplanten Prozess gegen die RZ als terroristische Vereinigung vor der Ermittlungsbehörde zu Protokoll gab. In dem für nächstes Jahr geplanten RZ-Prozess soll sich auch Sabine Eckle verantworten, die Schindler vor kurzem in Untersuchungshaft geheiratet hat.

MAIL
http://www.freilassung.de/presse/mousli/fr011200b.htm