Datum:
31.5.2000
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Zeitung:
tageszeitung
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Titel:
Kronzeugen-TV bei Razzia
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Kronzeugen-TV bei Razzia
Das Bundeskriminalamt sucht im Kreuzberger Mehringhof erneut nach
Sprengstoff der Revolutionären Zellen. Dabei lenkt der Kronzeuge Tarek
M. die Beamten per Videoschaltung
Das linke Szeneprojekt Mehringhof ist gestern zum zweitenmal innerhalb
weniger Monate auf Geheiß der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe
durchsucht worden. Dabei führten die Beamten des Bundeskriminalamtes
erstmals eine Online-Videodurchsuchung durch und bedienten sich dabei der
Hilfe eines Kronzeugen: Die Polizei nahm die Räume des Kreuzberger
Projektes per Video auf und übertrug die Daten online an den
Kronzeugen, der die Polizei per Telefon Kopfhörer lenkte.
Anlass sowohl der gestrigen Durchsuchung als auch der Razzia im
vergangenen Dezember war ein lange zurückliegender politischer
Zusammenhang: die Revolutionären Zellen (RZ). Die Bundesanwaltschaft
hoffte, bei der gestrigen Durchsuchung im Mehringhof Spuren von Sprengstoff
zu finden, der in den 90er-Jahren bei Anschlägen der RZ verwendet
worden war.
Die Sprengstoffspuren sollen als Beweismaterial gegen fünf
Männer und eine Frau aus Berlin dienen, die derzeit in Haft sitzen.
Ihnen wird vorgeworfen, Mitglied einer terroristischen Vereinigung und an
Sprengstoffanschlägen beteiligt gewesen zu sein.
Einer der Inhaftierten nahm gestern per Videokonferenz an der
Durchsuchung teil. Tarek M., der selbst beschuldigt wird,
Rädelsführer der RZ gewesen zu sein und verschiedene
Anschläge ausgeführt zu haben, gab den BKA-Beamten per
Videoschaltung, Kopfhörer und Telefon Tipps, wo Sprengstoffspuren zu
finden seien.
Tarek M. hatte bereits zuvor bei der Bundesanwaltschaft ausgesagt. Als
Kronzeuge hofft er, seinen eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. M. hat
angegeben, dass ein Hausmeister des Mehringhofs dort Sprengstoff versteckt
habe.
Da bei der ersten Razzia im vergangenen Dezember die Polizei in Sachen
Sprengstoff nicht fündig geworden war, suchte man nun mit Hilfe von M.
Spuren. "Weiter rechts, weiter rechts, stopp", so dirigierte der
Kronzeuge, der in einer geheimgehaltenen Haftanstalt einsitzt, die Polizei
durch die Fahrstuhlanlage des Mehringhofes, auf den der Durchsuchungsbefehl
zunächst beschränkt war. Ein anwesender Staatsanwalt erweiterte
den Durchsuchungsbefehl später auch auf die weitere Umgebung des
Schachtes.
Die Polizei stellte einen alten Müllsack und zahlreiche Proben
sicher, die das BKA jetzt auswertet. Wann das Ergebnis der Untersuchung
vorliegen wird, ist unklar.
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