Datum:
28.09.2001
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Zeitung:
tageszeitung
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Titel:
Unterschlagene Beweismittel
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Unterschlagene Beweismittel
Aus Abhörprotokollen des BKA ergibt sich im Berliner RZ-Prozess
ein neues Bild zur Vorgeschichte des Verfahrens. Es überführt
nicht nur den Angeklagten der Falschaussage. Anwältinnen fordern
deshalb eine Aussetzung des Verfahrens
Drei Wochen lang belog der wegen Rädelsführerschaft in den
Revolutionären Zellen verdächtigte Tarek Mousli im November 1999
sogar seinen eigenen Anwalt Frank Assner. Erst am 14. Dezember gestand er
ihm, bei der Bundesanwaltschaft (BAW) als Kronzeuge längst umfassende
Aussagen zu machen.
Dies ist nicht das einzige brisante Detail, das die Anwältinnen
Silke Studzinsky und Andrea Würdinger gestern im Berliner RZ-Prozess
in einem Antrag zur Aussetzung des Verfahrens vortrugen. Seit Montag stehen
ihnen 23 Leitz-Ordner und 955 Tonbänder mit Protokollen der
Telefonüberwachung von Tarek Mousli in der Zeit vor seiner Verhaftung
zur Verfügung. Bisher konnten sie nur stichprobenhaft
hineinhören, eine komplette Auswertung würde mindestens 18 Wochen
in Anspruch nehmen. Das Bundeskriminalamt (BKA) stufte die Unterlagen als
unerheblich für das Verfahren ein. Die beiden Anwältinnen sehen
darin eher eine Beweismittelunterschlagung.
Auf den Bändern befindet sich etwa ein stundenlanges
Telefongespräch zwischen BKA-Beamten und Mousli aus dem Herbst 1999,
in dem diese ihm schon Wochen vor seiner Verhaftung einen Kronzeugenstatus
anbieten. Sowohl Mousli als auch der BKA-Chefermittler Klaus Schulzke
hatten ausgesagt, darüber sei erst nach Mouslis zweiter Verhaftung im
November 1999 geredet worden.
Die Anwältinnen enthüllten zudem ein weiteres Detail aus der
Telefonüberwachung: Der sich ansonsten gern als Traum aller
Schwiegermütter darstellende Mousli bestellte sich im Herbst 1998 eine
Prostituierte in sein Sportstudio Snoops.
Richterin Gisela Hennig vertagte daraufhin das Verfahren auf kommenden
Donnerstag, um bis dahin über mehrere Anträge der Verteidigung
auf Aussetzung des Verfahrens zu entscheiden.
Christoph Villinger
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