Datum:
25.08.2001
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Zeitung:
taz
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Titel:
Er will nur Schmiere gestanden haben
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Er will nur Schmiere gestanden haben
Bei der Fortsetzung des Prozesses um die "Revolutionären
Zellen" zeigt der Kronzeuge Tarek Mousli kaum detailliertes
Wissen zum Anschlag auf den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Günter Korbmacher im Jahre 1987
Mit der Sommerpause geht auch die Schonfrist für den Kronzeugen zu
Ende. Gestern und am Donnerstag wurde nach vierwöchiger Unterbrechung
der Prozess gegen fünf angebliche Mitglieder der
"Revolutionären Zellen" (RZ) vor dem Kammergericht
fortgesetzt. Dabei vernahm der Erste Strafsenat erstmals den Kronzeugen
Tarek Mousli zum Knieschussattentat auf den Vorsitzenden Richter am
Bundesverwaltungsgericht Günter Korbmacher vom September 1987. Zu dem
Anschlag auf den als Vorreiter einer restriktiven Asylrechtsprechung
geltenden Korbmacher hatten sich damals die RZ bekannt. Sie hatten den
Richter als "Schreibtischtäter" bezeichnet, "der
Menschen in die Folter oder einen drohenden Tod schickt".
Kronzeuge Mousli, der als nahezu einziges Beweismittel in dem Verfahren
gilt, bezichtigte gestern in seinen Aussagen vier der fünf
Angeklagten, an dem Anschlag beteiligt gewesen zu sein. Jedoch habe er die
Tat selbst nicht gesehen und kenne die Beteiligung Einzelner nur aus dem
Vorbereitungsstadium oder vom Hörensagen. Er selbst habe lediglich den
Tatort vor dem Berliner Haus Korbmachers ausgekundschaftet, das bei der Tat
verwendete Motorrad zur Probe gefahren und während der Ausführung
den Polizeifunk abgehört.
Nachdem der Kronzeuge bei seiner Vernehmung durch das Gericht erhebliche
Erinnerungslücken gezeigt und sich erneut in Widersprüche
verwickelt hatte, gab die Verteidigung ihre zunächst
zurückhaltende Befragungspraxis auf. Ihre intensive Befragung zielte
vor allem auf seine eigene Rolle bei dem Korbmacher-Anschlag und die
Widersprüche zu den Aussagen seiner ehemaligen Lebensgefährtin
Karmen T. ab. Diese hatte bei einer mehrstündigen Vernehmung durch das
BKA 1999 angegeben, dass Mousli sich ihr gegenüber selbst als
Motorradschütze bei dem Korbmacher-Anschlag ausgegeben habe. Der
Kronzeuge hingegen behauptet, dass der unter dem Decknamen "Jon"
agierende Rudolf Sch. die Schüsse abgefeuert habe. Wer die zweite
Person auf dem Motorrad gewesen sei, wisse er nicht mehr. Auch bei der
gestrigen Aussage des Kronzeugen konnte er sich an konkrete Bilder und
Situationen auch auf Nachfrage nur selten erinnern.
Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck nannte es "absolut
auffällig", dass sich Mousli ausgerechnet nicht mehr an die
Identität des zweiten Motorradfahrers erinnere. Zwar habe der
Kronzeuge stets "große Unsicherheiten und
Erinnerungslücken" gezeigt, aber hierbei handele es sich doch um
ein zentrales Detail.
Der Prozess wird am Donnerstag mit der Vernehmung des Kronzeugen zum
Anschlag auf die Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber 1987
fortgesetzt.
TOBIAS SINGELNSTEIN
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