Datum:
19.01.2002
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Zeitung:
tageszeitung
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Titel:
Da warens nur noch drei
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Da warens nur noch drei
Nach dem Teilgeständnis von Rudolf Schindler im Berliner
RZ-Prozess setzt das Kammergericht die Haftbefehle gegen ihn und
Sabine Eckle außer Vollzug.
Übrige Angeklagte werfen den Richtern "Handel mit der
Gerechtigkeit" vor
Stundenlang mussten die zahlreich erschienenen Zuschauer vor dem Saal 500
des Berliner Kriminalgerichts ausharren, doch gegen 12 Uhr war es schließlich
soweit. Je länger das Warten dauerte, umso größer wurden die
Spekulationen um den Inhalt der angekündigten "Einlassung zur Sache"
des Angeklagten Rudolf Schindler (59) im Berliner Prozess gegen angebliche Mitglieder
der Revolutionären Zellen (RZ). Schließlich verlas Hans Euler, Anwalt von
Schindler, die 25-seitige Erklärung. Darin bekennt sich Schindler zur
Mitgliedschaft in den RZ und seiner Beteiligung an den Knieschussanschlägen
1986 auf den Chef der Berliner Ausländerpolizei, Harald Hollenberg, und 1987
auf den Vorsitzenden Asylrichter Günter Korbmacher. Die Ausführungen
unterscheiden sich fundamental von den in den vorigen Monaten vom Kronzeugen der
Bundesanwaltschaft, Tarek Mousli, vorgetragenen Anschuldigungen.
Seit Mai 2001 wird im Saal 500 nun gegen fünf Angeklagte, darunter
Schindler und seine Ehefrau Sabine Eckle (55), wegen angeblicher Mitgliedschaft
in der Berliner RZ verhandelt. Die Beschuldigungen beruhen vor allem auf den
Aussagen von Mousli. Der zuvor als "Rädelsführer der Berliner
RZ" Beschuldigte wurde im Dezember 2000 für seine Aussagebereitschaft
mit einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren belohnt.
Die Verzögerungen zu Beginn des Prozesses ergaben sich, weil hinter
den Kulissen heftig verhandelt wurde. Die Vorsitzende Richterin Gisela Hennig
hatte wiederholt bei Haftprüfungen angedeutet, dass sie bei einer Einlassung
in der Haftfrage mit sich reden lasse. Nun stellte sich die Frage, ob Schindlers
Einlassung auch für seine Ehefrau Sabine Eckle gilt.
Nach einer Stunde kam es zu einem ersten Anlauf für die Prozesseröffnung.
Hennig gab bekannt, dass es seit Ende November Gespräche zwischen dem Gericht,
der Staatsanwälte und Euler gegeben habe. Die Verteidigerinnen von Harald
Glöde, Andrea Würdinger und Silke Studzinski, fielen aus allen Wolken,
da sie vom Gericht nicht "zeitnah" über diese Vorgänge
informiert worden seien. Nach einer weiteren Stunde Unterbrechung präsentierten
sie einen Befangenheitsantrag. Das Gericht betreibe "einen Handel mit der
Gerechtigkeit".
Der Deal sah im Fall Schindler konkret so aus: Das Gericht gab bekannt, dass
im Falle einer Einlassung das Strafmaß drei Jahre und neun Monate nicht
überschreiten werde. Eine Abschrift von Schindlers konkreter Einlassung wurde
dem Gericht am Donnerstag übergeben, so genannte Eckpunkte waren allerdings
schon vorher abgeklärt.
Nach dem Verlesen der Einlassung erfüllte das Gericht sein Versprechen
und ließ Schindler und Eckle noch im Gerichtssaal frei. Direkt davor hatte
es sich allerdings noch auf Donnerstag nächster Woche vertagt. Der Plan mehrerer
Verteidiger, Mousli sofort mit den für ihn unbekannten Aussagen zu konfrontieren,
war somit gescheitert. Auch was Schindlers Einlassung für den Wahrheitsgehalt
von Mouslis Beschuldigungen gegen die anderen drei Angeklagten bedeutet, blieb
offen.
Christoph Villinger
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