Datum:
01.03.2002
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Zeitung:
tageszeitung
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Titel:
"Auch Glöde muss raus"
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"Auch Glöde muss raus"
Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck zum Stand des RZ-Verfahrens, nachdem
gestern nun auch der vierte von fünf Angeklagten aus der Untersuchungshaft
entlassen worden ist
taz: Die Angeklagten Rudolf Schindler, Sabine Eckle, Matthias
Borgmann und Axel Haug sind aus der Untersuchungshaft entlassen
worden. Was bedeutet das für den Fortgang des RZ-Prozesses?
Wolfgang Kaleck: Das bedeutet, dass die unerträgliche
Situation der Untersuchungshaft für vier der Angeklagten beendet
ist. Es ist davon auszugehen, dass in den Prozess nun die erforderliche
Ruhe eintritt, sich auf den Kern des Verfahrens zu konzentrieren
und die Aussagen des Kronzeugen der Bundesanwaltschaft, Tarek Mousli,
auf ihren Wahrheitsgehalt hin abzuklopfen. Zuvor muss aber auch
der fünfte Angeklagte, Harald Glöde, entlassen werden.
Was ist mit Harald Glöde, beißen den Letzten die
Hunde?
Ich gehe davon aus, dass das Gericht auch bei ihm einlenken wird.
Die Tatsache, dass die anderen vier haftentlassen sind und das Verfahren
problemlos weiterläuft, zeigt, wie absurd die Befürchtung
der Fluchtgefahr war. Es ist auch zu keinen Störungen des Verfahrens
gekommen.
Ist hier ein unheimlicher Popanz aufgebaut worden?
Es war eine irrationale Angst da, dass sich die Angeklagtem dem
Verfahren entziehen würden. Dabei war klar, dass keiner sein
persönliches und berufliches Umfeld durch eine Flucht aufgeben
würde.
Müssen die Angeklagten mit einer neuen Inhaftierung nach
dem Urteil rechnen?
Selbst wenn das Gericht trotz der unsicheren Beweislage einzelne
Angeklagte verurteilen wird, ist dem Maß der zu erwartenden
Freiheitsstrafe schon dadurch eine Grenze gesetzt, dass dem als
Rädelsführer angeklagten Rudolf Schindler vom Gericht
eine Höchstrafe von 3,9 Jahren zugesagt worden ist.
Rudolf Schindler und Axel Haug haben in ihren Aussagen den Darstellungen
des Kronzeugen Tarek Mousli widersprochen. Wie stark ist dadurch
die Anklage der Bundesanwaltschaft durch die Aussagen ins Wanken
geraten?
Haugs Einlassung hat bewiesen, dass Mousli keine plausible Erklärung
für die angebliche Existenz des Sprengstoffdepots im Mehringhof
geben kann. Haug hat eine Reihe ojektivierbarer Tatsachen benannt,
warum das ausgeschlossen war. Unter anderem, dass kein Hausmeister
vom Mehringhof das Überleben des Projekts durch die Lagerung
von Sprengstoff gefährden würde.
Warum haben die Angeklagten so lange mit einer Einlassung gewartet?
Das ist eine Frage von Prozessstrategie. Schindler hat sich ja
selbst schwer belastet. Er hat das unter dem Druck der Untersuchungshaft
gemacht, die immer auch den Zweck erfüllt, Aussagen zu erzwingen.
Wird Harald Glöde heute rauskommen?
Dass er nach zwei Jahren und drei Monaten immer noch drin ist,
ist durch nichts mehr zu rechtfertigen. Zumal seine beiden Verteidigerinnen
hervorragend herausgearbeitet haben, warum Harald Glöde weder
an den Vorbereitungstreffen noch an den Anschlägen in den Jahren
1986/87 beteiligt gewesen sein kann.
INTERVIEW: PLUTONIA PLARRE
Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck, 41, verteidigt in dem RZ-Verfahren
den Angeklagten Matthias Borgmann.
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