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Presse

Datum:
19.01.2002

Zeitung:
Die Welt

Titel:
Angeklagter in Linksradikalen-Prozess gibt Schüsse zu

Angeklagter in Linksradikalen- Prozess gibt Schüsse zu

Im Verfahren um früheres Mitglied der Revolutionären Zellen legt 59-Jähriger ein Teilgeständnis ab: Er habe auf einen früheren Bundesrichter geschossen

Berlin - Acht Monate nach Beginn des letzten großen Prozesses um die linksradikalen "Revolutionären Zellen" (RZ) hat der Hauptangeklagte Rudolf Schindler am Freitag ein Teilgeständnis abgelegt. Der 59-Jährige räumte vor dem Berliner Kammergericht unter anderem ein, auf einen damaligen Bundesrichter geschossen zu haben. Im Gegenzug für seine Einlassung sicherte das Gericht Schindler eine maximale Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten Haft zu. Zudem kamen er und seine mitangeklagte Ehefrau Sabine Eckle auf Grund seiner Aussage am 53. Verhandlungstag nach etwa zwei Jahren Untersuchungshaft frei.

Schindler war im vorigen Jahr im Frankfurter Prozess um den Überfall auf die Wiener Opec-Konferenz 1975 freigesprochen worden. Im Berliner Prozess wird ihm Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Neben Schindler und Eckle müssen sich drei weitere Männer als mutmaßliche RZ-Mitglieder verantworten. Sie sollen an insgesamt vier Anschlägen der RZ zwischen 1986 und 1991 beteiligt gewesen sein. Der gelernte Werkzeugmacher Schindler sagte, er habe 1987 dem damaligen Bundesverwaltungsrichter Günter Korbmacher ins Knie geschossen. Das Attentat sei ein Protest gegen die "harten Urteile" des von Korbmacher geleiteten Asylsenats des Bundesverwaltungsgerichts gewesen. 1986 sei er an dem Anschlag auf den damaligen Leiter der Berliner Ausländerbehörde, Harald Hollenberg, beteiligt gewesen, dem ebenfalls ins Knie geschossen worden war. Den Schuss auf den Beamten habe jedoch nicht er, sondern eine Frau abgegeben. Bei dem Sprengstoffanschlag auf die Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber 1987 habe er Aufpasserdienste geleistet.

Schindler sagte, er sei nie Rädelsführer der RZ gewesen und nach dem Korbmacher-Anschlag aus der Gruppe ausgestiegen. Seine Frau habe sich entgegen den Äußerungen des Kronzeugen nie direkt an einem Anschlag beteiligt. Zu den weiteren Angeklagten äußerte er sich nicht. Der Prozess wird am kommenden Donnerstag fortgesetzt.

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