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Früchte des Zorns

Aktion gegen die Siegessäule, Berlin

(2/91)

Else kämpft, Herr- Mann Denk- mal

Am Vorabend eines möglichen Krieges in der arabischen Region beziehen wir uns mit unserer Aktion gegen die Siegessäule, einem Symbol, das den Krieg und die Männergewalt verherrlicht, auf den Widerstand gegen den Krieg.

Nationalismus, Rassismus, Sexismus und Patriarchat

In unserem Verständnis von Internationalismus haben wir "Nation" als Widerspruch zur Sozialen Revolution gesehen. Heute fangen wir an, die Zusammenhänge von Patriarchat, Nationalismus, Rassismus und Sexismus zu begreifen. Es fällt uns dabei noch immer leichter, das Patriarchat im Nationalismus zu erkennen, als den Sexismus in uns. Es ist ein alter Trick im Patriarchat, wenn jetzt die Neubestimmung des "Nationalen" als eine Debatte um das "Selbstbestimmungsrecht der Nationen" verkauft wird.

Nation war stets das Vehikel zur Durchsetzung der Ökonomie des Patriarchats, und Nationalismus wurde mit immer bestialischeren Mitteln des Rassimus und Sexismus verzahnt. So war es doch immer, wie der Blick in die Vergangenheit der Männerbünde zeigt; darüber hat die feministische Theorie ausführlich aufgeklärt:

SiegessäuleIn der Gründerzeit, wo die neue Bourgeoisie sich ausdrücklich auf die "Brüderlichkeit" berief, die Frauen als persönliches Eigentum der Männer definierte und in die Kleinfamilien zwang.

Im 1. Weltkrieg, wo sich die Arbeiteraristokraten aller Länder im Nationalismus einreihten und sich dafür mit der Teilhabe an der Ausbeutung der SklavInnen des Trikonts belohnen ließen.

Im Nationalsozialismus, wo der Kampf und der Widerstand gegen die kapitalistische, rassistische und sexistische Ausbeutung in der völkischen Gemeinschaft erstickt werden sollte und sich der "deutsche Mann" in der faschistischen Neuordnung als "Herr der Welt" einsetzte.

Heute wird der neue deutsche Nationalismus mit verbaler Distanz zur faschistischen Vergangenheit garniert, mit Teilhabeangeboten an Frauen gesüßt und mit garantiert echter Suche nach einem wirklich guten Nationalismus gewürzt. Und nicht einmal die Erinnerung an Auschwitz kann große Teile der Linken daran hindern, Hilfestellung dabei zu leisten, den deutschen Nationalismus in einen europäischen zu überführen: "ein vereintes Deutschland in einem vereinigten Europa" soll die Erfahrungen aus der Geschichte tilgen helfen. Es ist bezeichnend, daß die Diskussion um die "nationale Frage" auch in linker Verkleidung geführt wurde. [4] Sie soll verschleiern, daß diese Teile der Linken am Profit der erstarkenden Nation teilhaben wollen. Ohne das Reinigungsbad der "nationalen Frage" können keine neuen männlichen Identitäten für die nächste Etappe männlicher Herrschaftssicherung geschaffen werden. Wir sehen, wie sie den Zugang zu allen Teilen des "europäischen Hauses" suchen, wie sie neue nationale Eliten zu einem neuen patriarchalen Bündnis verketten wollen. Sie wollen den männlichen Schulterschluß herstellen, egal, ob in Freundschaft oder in Feindschaft. Denn wie immer taugt beides gleich gut, um die sozialen Konflikte zu überspülen und im Rassismus noch den Sexismus zu verdecken.

Als einen Beitrag zur notwendigen Diskussion über die skizzierten Zusammenhänge von Patriarchat, Nationalismus, Rassimus und Sexismus haben wir die Siegessäule - die "Goldelse" erschüttert. Sie steht wie kaum ein anderes Symbol für die verschiedenen Etappen männlicher Gewalt.

Bei der Gründung des zur Nation erstarkten Bundes wurde sie 1870 aufgestellt, feierte die Kriege von 1864/1866/1870 und erhob zugleich den Anspruch auf die Kolonien und den "Raum im Osten". Mit der Umsetzung und der Aufstockung 1936 steht es für die Unterwerfung neuer Heere von ArbeitssklavInnen. Es steht damit auch für die "Verwertung" und Vernichtung in den Konzentrationslagern.

Frischvergoldet ist sie heute wieder in das Zentrum eines neuen imperialen Anspruchs gerückt, der die DDR einverleibt hat, der die Bevölkerung Osteuropas und des Trikonts ausgrenzt und den europäischen Großraum unter deutscher Vorherrschaft anstrebt.

Wir wollen unseren Beitrag nicht allein als eine Warnung vor dem Schatten der Vergangenheit verstanden wissen. Wir meinen die rassistische und die sexistische Gewalt, die der Nationalismus transportiert. Seine europäische Variante ist nicht friedensstiftend, sondern ein aggressives Werkzeug zur Neuformierung männlicher Gewalt.

Wir meinen das kapitalistische "Selbst" in der "Bestimmung" der Ökonomie. Wir meinen das rassistische "Selbst" in der "Bestimmung" anderer Völker. Wir meinen das männliche "Selbst" in der "Bestimmung" der Frauen.


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