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Subversiver Kampf in der Anti- AKW- Bewegung
1980
Die
Massenbewegung gegen AKW ist 1974/75 aufgekommen. Sind dazu Impulse
von euch ausgegangen? Wie habt ihr sie am Anfang eingeschätzt?
Die Bewegung gegen Atomkraftwerke, die in den Jahren 74/75 entstand,
war uns fremd. Wir hatten zwar viel Sympathie für die Platzbesetzer
von Wyhl [1] (Frühjahr
75), aber gleichzeitig war uns die soziale Basis dieser Bewegung
sehr suspekt.
Was hatten wir gemeinsam mit Bauern, Naturschützern und umweltbewußten
Lehrern und Wissenschaftlern? Grundsätzlich waren wir zwar
auch gegen AKW, aber wir hielten das Problem für einen Nebenaspekt.
Letztlich erschien es uns egal, ob die Zerstörung, Versteinerung
und Entmenschlichung dieser Gesellschaft und unseres Lebens durch
die Atomenergie oder durch das Öl stattfindet. Auch die potentielle
Gefährlichkeit der AKWs war für uns kein entscheidendes
Argument.
So beschäftigte uns der Tod von Holger Meins viel mehr, der
1974 im Knast ermordet wurde. Dieses langsame Verhungernlassen eines
Menschen im Knast räumte bei uns die letzten Illusionen auf,
die wir über diesen Staat noch hatten. Es ist schwierig, um
zukünftige Gefahren durch die Atomenergie zu bangen, wenn Tag
für Tag Menschen sterben oder langsam umgebracht werden: am
Arbeitsplatz, in den Betonsilos, auf den Straßen, in den Knästen
und psychiatrischen Anstalten.
Wir hatten die Einschätzung, daß diese damals entstehende
Anti- AKW- Bewegung sowohl von ihrem inhaltlichen Bezugspunkt als
auch von ihrer sozialen Basis nur eine reformistische Perspektive
entwickeln könnte. Die Auswüchse des kapitalistischen/patriarchalen
Systems sollten abgeschafft werden, an ihren Ursachen aber nicht
gerührt werden. Der Einbruch der kapitalistischen Auswüchse
in scheinbar heile Lebens- und Arbeitszusammenhänge, Naturabläufe,
Traditionen etc. auf dem Lande sollte abgewehrt werden. Im Hinterkopf
hatten wir noch die Vorstellung vom Proletariat als einzigem legitimen
revolutionären Subjekt in der Geschichte. In dieser festgefügten
Vorstellung hatte aber das neue Verständnis der Frauenbewegung
schon Veränderungen bewirkt. Diese Sichtweise des anfänglichen
Anti- Atom- Kampfes wird noch verständlicher, wenn man/frau
weiß, in welchen Bereichen wir zu dieser Zeit sowohl legal
als auch illegal unsere Schwerpunkte hatten. Dies waren die Fahrpreiskämpfe,
die Jugendzentrumsbewegung, die Häuserkämpfe, die Frauenbewegung
und der Internationalismus.
Wie habt ihr euch in den Hauptphasen der Mobilisierung a) bis
Brokdorf[2] II/III b) bis
Grohnde[3] /Kalkar c) mit
Gorleben eingebracht?
Einige von uns haben sich an den drei Brokdorf- Demos und der Grohnde-
Demo beteiligt. Um ehrlich zu sein, lag zu diesem Zeitpunkt unser
Interesse an der Anti- AKW- Bewegung hauptsächlich darin, daß
sich dort eine breite Militanz entwickelte, daß es dort Putz
gab.
Die Möglichkeit von illegalen Aktionen haben wir diskutiert,
aber dann nicht gemacht, weil wir dachten, daß wir damit die
weitere Entwicklung der Massenmilitanz erschweren könnten.
Ein anderer Punkt war, daß bei uns noch Unsicherheiten in
der Einschätzung der AKW- Bewegung als neue Massenbewegung
bestanden.
Nach
Grohnde war uns klar, daß eine Steigerung der Massenmilitanz
am Bauzaun keine realistische Perspektive mehr war. Albrecht [4]
hat später zugegeben, daß während der Grohnde- Demo
der Einsatz von Schußwaffen in Erwägung gezogen wurde.
Damit war aber auch die Hoffnung am Ende, das Atomprogramm durch
eine Serie von Bauplatzbesetzungen relativ kurzfristig zu stoppen.
Unsere Vorstellung ging dahin, die Atommafia da anzugreifen, wo
das Atomprogramm konzipiert, wissenschaftlich vorbereitet, propagandistisch
aufbereitet und materiell durchgeführt wird, also nicht den
Bauplatz als Schlußpunkt des Programms, sondern die gesamte
Struktur des Atomprogramms zum Angriffspunkt zu machen. Wir glauben
immer noch, daß dadurch die Möglichkeit einer kontinuierlichen
politischen und militanten Praxis in jeder Stadt gegeben ist, wir
die Möglichkeit der überraschenden Initiative behalten
und uns nicht ausschließlich einige Standorte zu "Entscheidungsschlachten"
aufdrängen lassen brauchen.
Die notwenige Dezentralisiierung des Widerstandes wird heute im
übrigen durch die neue Taktik der Betreiber - viele Standorte
für Zwischenlager, WAA usw. zu benennen - bestätigt. Dies
schließt natürlich nicht aus, daß die Entwicklung
z.B. in Gorleben, Ahaus, Nordhessen einen ganz entscheidenen Einfluß
auf die Gesamtbewegung hat.
Die inhaltliche Auseinandersetzung, die damals in der AKW- Bewegung
geführt wurde, bewirkte bei uns, daß wir im Sommer 1977
ausführlich über den politischen und ökonomischen
Hintergrund der AKW- Bewegung diskutierten. Für uns standen
damals folgende Punkte im Mittelpunkt:
- Das Bewußtsein darüber, wie weit die ökologische
Grundlage - die Basis unseres Lebens - bereits zerstört ist,
mit welcher Geschwindigkeit wir uns auf die ökologische Katastrophe
hinbewegen und welche entscheidende Rolle dabei die Energiepolitik
hat, insbesondere die Atomtechnologie.
Die Entfaltung der Produktivkräfte hat den Punkt erreicht,
wo um des Profits willen die Zerstörung der elementaren Grundlagen
alles Lebens in Kauf genommen wird.
- Die Einsicht, daß es einen Zusammenhang gibt zwischen
der Form zentralisierter Energieerzeugung in Atomkraftwerken und
der immer weiter gehenden Zentralisierung staatlicher Macht. Der
unglückliche Begriff des "Atomstaats" verspricht
scheinbar, daß der Überwachungsstaat, repressive Polizeieinsätze
mit der Atomtechnologie entstanden seien und mit dem Abschied
davon auch wieder verschwinden würden. In Wirklichkeit verdoppelt
die vielbeschworene "technologische Notwendigkeit" stabiler,
d.h. kapitalistischer, gesellschaftlicher Verhältnisse die
Anstrengungen des Staatsapparates, die gesamte Bevölkerung
unter Kontrolle zu bekommen und oppositionelle Minderheiten einzuschüchtern,
die "Unbelehrbaren" auszumerzen.
- Der internationale Aspekt der Atomtechnologie.
Das Interesse der BRD (seit dem ersten Atomminister Strauß
[5]) war es, Atomverträge
mit solchen Ländern abzuschließen (Südafrika,
Brasilien, der Iran des Schahs, Argentinien), in denen es möglich
war oder schien, innerhalb kurzer Zeit Atombomben zu bauen und
über sie zu verfügen. Erfahrungen mit den technologischen
Problemen zu sammeln, was in der BRD unmöglich und verboten
war. Nur ein grenzenloser Optimist kann heute übersehen,
daß die BRD atomare, militärische Potenziale in strategisch
wichtigen Ländern wie Südafrika und Brasilien aufgebaut
hat oder dabei ist, es zu tun: daß sie selbst gegen den
Willen der USA an dieser Zusammenarbeit festhält und die
diktatorischen Verhältnisse in diesen Ländern geradezu
als Garantie für die Zukunft betrachtet werden.
Nach der Ölkrise (1973) und den zunehmenden innenpolitischen
Auseinandersetzungen um Atomenergie sah die BRD im Export der Atomtechnlogie
die Chance, ihre führende Rolle auf dem Weltmarkt zu sichern
und weiter auszubauen. Der ökonomische Aspekt gewann an Bedeutung.
Die Aggressivität des westdeutschen Imperialismus zeigte sich
besonders deutlich im Gerangel um das "Bombengeschäft"
mit Brasilien und den kürzlich zustande gekommenen Vertrag
mit Argentinien. Von enormer Bedeutung ist andererseits, daß
der Kampf um die knapper werdenden Energien und Rohstoffe zu einer
Wiederbelebung aggressiver imperialistischer Raubkriege noch in
diesem Jahrzehnt führen kann. Die derzeitige Krise im Iran,
in Afghanistan, die aktuelle Kriegsgefahr nach der vorerst fehlgeschlagenen
Intervention [6] der USA
im Iran sind nur die Vorzeichen dieser Entwicklung. Die westlichen
Länder werden sich nicht mit Lieferbeschränkungen, Erdölboykott,
Rohstoffkontingentierungen abspeisen lassen. Wenn sich die Länder
der dritten Welt - insbesondere des Nahen Ostens - nicht in neokoloniale
Abhängigkeiten einbinden lasen, wird auch die BRD sich an militärischen
Interventionen beteiligen. Gleichzeitig erhöht diese Situation
den innenpolitischen Druck zur Errichtung von Atomkraftwerken und
erleichtert die ideologische Formierung der Bevölkerung "gegen
die Ölscheichs und Kanaken". Ergebnis der Diskussion war,
daß die Energie- und damit verbunden die Ökologiefrage
für uns zu einem zentralen Punkt wurde.
Nicht zu übersehen war auch die Änderung der sozialen
Basis der Anti- AKW- Bewegung. Die explosive Kraft der Bewegung
(die sich in Brokdorf und Grohnde zeigte) ergab sich für uns
aus der Mischung von Naturschützern, die Angst vor dem "wildgewordenen"
Kapitalismus hatten und den Linken und "Alternativlern",
die in der Atomtechnolgie die ganze Unmenschlichkeit des Systems
versinnbildlicht sahen.
Diese Pluralität der Bewegung schloß von vorneherein
eine logische Abfolge von Aktionen aus, zuerst Unterschriften und
Prozesse, dann militante Aktionen. Verschiedene Kampfformen waren
von Anfang an nebeneinander vorhanden.
Vor diesem Hintergrund:
- Massenmilitanz am Bauzaun war mit Grohnde an ihre Grenze gestoßen,
- die Ökologiefrage war für uns zu einer zentralen
Frage geworden,
- die Ungleichzeitigkeiten in der Bewegung brachten ein Nebeneinander
verschiedener Kampfformen hervor,
diskutierten wir illegale Aktionen.
Schwerpunkt der illegalen Aktionen sollten praktische Verhinderungsaktionen,
Sabotage sein. Die Legitimität des praktischen Widerstands,
die nach Grohnde auf "gewaltlose" Formen festgelegt wurde,
sollte gestärkt werden. Angriffspunkte unserer Aktionen sollten
nicht die Standorte sein, sondern das Spinnennetz der Betreiber,
Firmen und Institutionen, die den Bau der Atomkraftwerke überhaupt
möglich machen. Malville und Kalkar bestätigten unsere
Einschätzung von der Grenze der Massenmilitanz. Der deutsche
Herbst, mit der Entführung von Schleyer und der Ermordung der
drei Genossen in Stammheim, führte bei uns zu Verunsicherungen.
Wir diskutierten die Perspektive illegaler Aktionen mit dem Gespenst
der totalen Repression im Kopf. Die Auswirkungen waren unter anderem,
daß wir eine Reihe von Aktionen, die wir geplant hatten, nicht
durchführten. Zu diesem Zeitpunkt verließen einige Genoss/inn/en
die RZ.
Die AKW- Bewegung war im Herbst 77 auf einem Tiefpunkt, massenmilitanter
Widerstand schien unmöglich geworden und neue Formen des Widerstandes
waren kaum sichtbar. Bei uns führte der deutsche Herbst und
die Krise der AKW- Bewegung dazu, daß wir andere als illegale
Aktionen für unmöglich hielten und die politische Wirkung
anderer Widerstandsformen unterschätzen.
So fanden im Sommer 1977 noch zwei Aktionen statt. Der Sprengstoffanschlag
auf die Firma MAN in Nürnberg und die Aktion gegen die Firma
Klein, Schanzlin und Becker AG in Frankenthal. Beide Aktionen richteten
sich gegen Firmen, die ohne Skrupel durch die Atomtechnologie ihre
Profite steigerten. So hilft MAN mit, daß es möglich
ist, in Südafrika Atombomben zu bauen und die Firma KSB konnte
durch ihre Beteiligung am Atomgeschäft ihre Gewinne um 30%
vergrößern.
Die beiden nächsten Aktionen gegen die Atommafia waren im
Mai 78, einmal eine Aktion gegen den Einsatzleiter in Kalkar und
ein Anschlag auf das Gebäude der Wako (Wach- und Kontrollkommando
Nord GmbH). Die Wako hat die Sicherheitsaufgaben in Brokdorf und
Esensham und bespitzelt im Landkreis in übler Weise die Bevölkerung.
Der Anschlag auf das Gebäude der Wako war unser erster Versuch,
zu Gorleben ein Aktion zu machen. Die Reaktionen, die wir mitbekamen,
waren nicht sehr ermutigend. Es wurde kaum darüber gesprochen.
Die Aktionen bewirkten zwar keine Spaltung der Bewegung, aber populär
(wie z.B. die Mistaktion im Wendland [7])
waren sie sicher nicht.
Wir werden unsere beiden letzten Aktionen in Ahaus und Hamburg
im Zusammenhang mit der Frage nach populären und unpopulären
Aktionen genauer untersuchen.
Wir denken, daß man an den Aktionen sehen kann, daß
unser Anspruch sich nicht immer durchgesetzt hat. Der Treck nach
Hannover [8] und die folgende
Großdemo in Hannover zwangen uns insofern zum Umdenken, als
wir die politischen Möglichkeiten eines breiten Protestes der
Bevölkerung unterschätzt hatten. Es ist nicht wegzuleugnen,
daß der Protest der Bevölkerung im Wendland und die breite
Unterstützung, die dieser Protest gefunden hat, den Bau der
WAA in Gorleben verzögert hat.
Im Verlauf der Massendemonstrationen gab es mehrere Rückschläge
angesichts der vermeintlichen oder auch realen Übermacht der
Polizei.
Gab es in den unmittelbaren Auseinandersetzungen Möglichkeiten,
auf diese Übermacht phantasievoll zu antworten und die Initiative
zurückzugewinnen? Beispiele?
Wie seht ihr den Zusammenhang zwischen der Frustration über
die Übermacht des Polizeistaates und der Entwicklung der sogenannten
Gewaltfreiendebatte?
Was haltet ihr vom jüngsten Integrationsversuch der Grünen
Partei?
Wie wir schon sagten, haben wir nur individuell an den Demonstrationen
teilgenommen. Wir denken, daß die ganze Initiative und Kraft
darauf gerichtet war, die Bauplätze wieder zur Wiese zu machen
und daß wenig Phantasien entwickelt wurden, z.B. die politische
Initiative nach Grohnde wieder zu gewinnen.
Zur Frage des Zusammenhangs von Frustration über die Übermacht
der Polizei und der Entwicklung der "Gewaltfreiheitsdebatte"
meinen wir, daß wir den direkten Zusammenhang, den diese Frage
suggeriert, nicht sehen.
Eine Polarisierung der Anti- AKW- Bewegung in einen reformerisch/
gewaltfreien Flügel und einen militanten Flügel war recht
früh sichtbar. Eine Ursache liegt in der Pluralität der
Bewegung, der Ungleichzeitigkeit von Bewußtseinsprozessen
innerhalb der Bewegung. Offensichtlich wurde diese Spaltung in der
Auseinandersetzung um die Demo in Itzehoe und Brokdorf III. Die
Repression, die Grohndeprozesse, Kalkar und der deutsche Herbst
haben dann dazu geführt, daß verschiedene politische
Gruppen und Personen versucht haben, ihre Position der Gewaltfreiheit/
Legalität stärker durchzusetzen. Es war eine gute Gelegenheit.
Die Gruppen, die Gewaltfreiheit als "politisches Prinzip"
vertreten, wollen die Legitimität des Widerstandes gegen AKWs
auf gewaltfreie/legale und damit letztlich unwirksame Protestformen
beschränken. Das wesentliche Argument dieser "prinzipiell"
Gewaltfreien ist, daß sich das Ziel einer besseren, friedlichen
Gesellschaft und Gewalt, um dieses Ziel zu erreichen, gegenseitig
ausschließen. Diese Argumentation ist nicht neu und man/frau
kann manchmal schwer unterschieden, ob sie taktisch ist oder ernsthafte
Überzeugung. Auf jeden Fall hilft sie nicht, die herschende
Gewalt anzugreifen. Gewalttätig ist nicht der Staat mit seinem
Atomprogramm, sondern derjenige, der dagegen rebelliert und sich
befreien will.
Letztlich halten die prinzipiell Gewaltfreien in sich selber etwas
mit Gewalt zurück: ihre Wut und ihren Zorn gegen die Unmenschlichkeit
dieses Systems.
Zu fragen wäre noch ob die Bezeichnung "gewaltfrei"
nicht als Schutz empfunden wird gegen die brutale Gewalt des Staates.
Bemerkenswert ist noch, daß es innerhalb der "Gewaltfreien"
Gruppen gibt, die sich an dem Charakter nach illegalen Aktionen
beteiligen, wie Bäume besetzen, Blockaden usw. Wir würden
deshalb einen Unterschied machen zwischen den gewaltfrei- legalistischen
Gruppen und Personen, die die Rückführung der Bewegung
an diesen Staat zum Ziel haben, die Friedhofsruhe in diesem Land
wollen und den "Gewaltfreien" aus Überzeugung, die
sich aber ihre Aktionsmöglichkeiten nicht durch das bürgerliche
Gesetzbuch vorschreiben lassen.
Und nun den Grünen. Die relative Stärke der Grünen
ist für uns ein Indikator für die Schwäche der radikalen
Anti- AKW- Bewegung. Objektive Funktion der Grünen Partei ist
es, den Protest gegen AKWs zu befrieden, ihn zu institutionalisieren.
Wie jede andere Institution dienen auch die Grünen dazu, den
Wunsch der Menschen, irgendetwas sofort zu ändern, zu blockieren,
aufzuschieben. Durch die Grünen wird zum anderen die Bindung
an den Staat wieder gefördert und die Proklamierung der Gewaltfreiheit
ist nichts anderes als die Unterdrückung der Militanz der Anti-
AKW- Bewegung. Der letzte Parteitag in Saarbrücken ist ein
Indiz dafür, wie weit die Grünen schon wieder sind im
Aufbau traditioneller Parteistrukturen. Über 600 Anträge
wurden zur Abstimmung gestellt, der Parteitag wurde zur Abstimmungsmaschine
degradiert. Inhaltliche Diskussionen waren nicht mehr möglich,
es wurde um Macht und Einfluß gepokert.
Es nützt aber wenig, über den Erfolg der Grünen
zu jammern, wesentlicher ist, daß es den radikalen Teilen
der AKW- Bewegung gelingt, politische Perspektiven zu entwickeln,
die alternative Handlungsmöglichkeiten beinhalten. Dazu mehr
in den letzten beiden Fragen. Offene Fragen für uns sind:
- Welche Verschiebungen in den traditionellen Machtzentren bewirken
die Grünen?
- Kann die Grüne Partei Bevölkerungsteile ansprechen,
die für uns nicht erreichbar sind?
- Wie sind die Auswirkungen der Wahlerfolge der Grünen auf
die Parteienstruktur und bisher stabilen Zuordnung von Staatsparteien
und entsprechenden Bevölkerungsteilen einzuschätzen?
- Tragen die Grünen zur Sensibilisierung insbesondere von
jungen Leuten für politische und ökologische Fragestellungen
bei?
- Können die Grünen für die radikale Linke ein
(ernster) politischer Bündnispartner sein?
- Deuten sich in der sozialen und politischen Zusammensetzung
der Grünen Konstellationen an, auf die auch die radikale
Linke Antworten finden muß?
- Wie ist die Tatsache zu bewerten, daß vor 10 Jahren den
Staatsparteien die weitgehende Integration der Jugendrevolte durch
die Jusos [9] und Judos
[10] gelang, die SPD
und FDP heute aber offenkundig nicht mehr in der Lage ist, Protestpotentiale
zu binden?
Vor allem aus den Wyhler Erfahrungen kommt die Betonung der regionalen
Besonderheit der Anti- AKW- Kämpfe. Wie steht ihr generell
dazu?
Wir denken, daß es zur Zeit in Deutschland keinen Regionalismus
gibt, der zu vergleichen wäre mit den regionalen Bewegungen
im Baskenland, Katalonien, in der Bretagne, Korsika usw. Weiterhin
scheint uns deutlich zu sein, daß regionalistische Tendenzen
(vielleicht besser ein Geschichtsbewußtsein) als lebendige
Tradition des Widerstandes in Wyhl stärker sind als im Wendland.
Die Schwierigkeiten zwischen "Einheimischen" und "Auswärtigen
" sind in Gorleben sicher größer. Die Schärfe
der Auseinandersetzung hat damit zu tun, daß Gorleben der
zentrale Punkt im Atomprogramm ist bzw. war und viel mehr "Auswärtige"
sich in Gorleben engagierten als z.B. in Wyhl.
Aber
sichtbar wird auch, daß im Wendland ein starkes Bemühen
ist, die Geschichte dieses Landes aus dem Dunkel herauszuholen und
sie zu verbinden mit dem lebendigen Widerstand gegen die WAA. Der
Bauerntreck nach Hannover ist auch schon ein Stück Geschichte.
Die Zeiteinteilung verläuft vor dem Treck und nach dem Treck.
Im Moment ist Regionalismus in Deutschland wohl eher ein Wunschtraum,
hoffentlich nicht nur eine Modeerscheinung. Zu überlegen wäre
aber, ob sich in den autonomen Bewegungen in den Städten nicht
bestimmte Aspekte des Regionalismus wiederfinden. So die starke
Ablehnung aller Formen von Zentralierung und Führungsansprüchen,
die am stärksten in der Frauenbewegung zu finden ist. Der Kampf
um die Erhaltung alter Stadtteile, der Teil des Kampfes ist gegen
die Gleichmacherei einer öden Fernsehkultur.
Aus Richtung Whyl, teilweise auch aus dem Landkreis wird immer
wieder betont, daß Subversivität und Widerstand populär
sein müssen, weil im anderen Fall Isolationsgefahren drohen.
An dem Beispiel im Dreiecksland [11]
werden die Kampfaktionen der Schweizer Genossen genau verfolgt und
teilweise auch nachgemacht. Es wird dabei scharf getrennt zwischen
populären Aktionen, Aktionen auf Strommasten, Propaganda- Pavillon,
also alles was Angriff auf die Funktionen der AKW- Planung ist und
unpopulären Geschichten, wie etwa Angriff auf Landhäuser
bei denen Familien der AKW- Betreiber gefährdet werden.
Was haltet ihr davon?
Welchen Stellenwert hat bei euch die Frage, daß Aktionen
populär und so angelegt sein sollten, daß sie breit nachgemacht
werden können?
Widerstand ist in Deutschland nicht populär. Es gibt in unserem
Land keine Tradition der Nichtunterwerfung, der Revolte, des Widerstandes.
Wir sagen damit nichts Neues, aber es ist auch unsere Erfahrung
nach 7 Jahren Praxis. Für uns heißt das, es wäre
eine Illusion anzunehmen, daß subversive/illegale Aktionen
in der BRD auf eine breite Zustimmung stoßen, daß sie
populär sind. Aber sie können es werden und das ist unsere
Hoffnung. Aber nur dann, wenn es uns gelingt, die Ideen, Pläne,
Phantasien und Träume, denen wir im alltäglichen Widerstand
und in der AKW- Bewegung begegnen, in Aktionen umsetzen können.
Wir sagen nicht, daß uns dies bei allen unseren Aktionen
gelungen ist und wir wissen auch, daß bei illegalen Aktionen
Fehler schwerer wiegen, sie stärker kritisiert werden. Es ist
eine Gratwanderung, entweder man wirft uns vor, wir würden
uns an eine Bewegung anhängen oder wir würden uns isolieren.
Vielleicht können wir unser Problem mit den Begriffen populär/unpopulär
am Beispiel unserer letzten beiden Aktionen deutlicher machen. In
Ahaus haben wir versucht, den Wetterturm zu sprengen, das ist uns
nicht ganz gelungen. Die Reaktionen auf diese Aktion waren zwiespältig.
Die Bauern am Ort sagten: "Wenn wir solche Aktionen machen,
dann klappen sie auch". Für uns zeigt sich in einer solchen
Reaktion, daß "Helden" gewünscht werden, die
keine Fehler machen. Eine solche Haltung entspringt der Vorstellung
von "männlicher Stärke", die Gegengewalt mit
Leistung verbindet.
Positiv an der Reaktion der Bauern fanden wir, daß die Aktion
keine Angst gemacht hat. Auch die Reaktion der BI in Ahaus enthielt
zwar Kritik, aber sie machten sich die Mühe, sich mit der Aktion
auseinanderzusetzen. Im Gegensatz dazu der ID [12],
das war nur noch diffamatorisch, es wurde kein Versuch gemacht,
die Aktion ernsthaft zu diskutieren, uns wurde nur vorgeworfen,
wir würden uns an die Bewegung anhängen, ein wirklich
läppisches Argument.
Wir können also wirklich nicht sagen, daß diese Aktion
Begeisterung ausgelöst hat oder auf breite Zustimmung gestoßen
wäre. Sie wurde von einem Teil der Anti- AKW- Bewegung als
legitimer Widerstand begriffen, als Aktion, mit denen man/frau sich
auseinandersetzen muß. Das ist nicht viel, aber vor dem Hintergrund
der Hetze gegen illegalen Widerstand ein Ansatz.
Die Ambivalenz der deutsche Linken gegenüber illegalen Aktionen
zeigt sich noch darin, daß über eine ähnliche Aktion
der Schweizer Genossen (es wurde ebenfalls ein Wetterturm gesprengt)
in linken Zeitungen euphorisch berichtet wurde. Je weiter weg der
militante Widerstand ist, desto unbefangener kann man/frau sich
damit identifizieren.
Dazu kommt, daß Aktionen, für die die RZ verantwortlich
zeichnet, sicher auf mehr Vorbehalte stoßen, als Aktionen
von Gruppen mit anderen Namen. Wir denken aber, daß wir unserer
Geschichte nicht davonlaufen können.
Wir meinen nicht, daß die Aktion in Ahaus und auch nicht
die in Hamburg das "non plus ultra" gewesen sind, aber
wir hoffen, daß klar geworden ist, welche Schwierigkeiten
in der Klassifizierung von Aktionen nach dem Begriffspaar populär/unpopulär
enthalten sind.
Zur Frage der Nachmachbarkeit. Wir haben immer gesagt, daß
Nachmachbarkeit für uns ein wichtiges Prinzip ist. Wir verstehen
es aber nicht absolut. Entscheidend ist, daß unsere Prinzipien,
sich zu organisieren, legale und illegale Arbeit miteinander zu
verbinden und den regionalen Bedingungen entsprechend Aktionen zu
machen, nachgemacht werden. Nicht das technische Niveau ist entscheidend,
sondern die politische Wirkung. Und an diesem Punkt sehen wir Erfolg.
Es gibt inzwischen vielen Gruppen in der BRD, die ähnlich arbeiten
wie wir, auch wenn davon wenig in der bürgerlichen Presse zu
lesen ist. Das macht uns optimistisch.
In den Regionen wird immer wieder kritisiert, daß städtische
Militante dort aktiv sind oder durch ihre Aktionen die Situation
bestimmen, obwohl in der Stadt selbst nichts läuft (z.B. keine
Radikalisierung der Strobo [13]-
Kampagne, keine Aktionen gegen Betreiber und gemischtwirtschaftliche
Stromverteiler). Haltet ihr das auch für eine wichtige Frage?
Aktuell macht die Anti- AKW- Bewegung ihre bisher schwerste Krise
durch. Die alten Demonstrationskampagnen werden sich totlaufen,
die innere Befriedung durch die Grünen bindet Potential, es
laufen sektiererische Selbstabgrenzungen, die Breite der Diskussion
zwischen den militanten Ansätzen schwindet.
Wie meint ihr darauf zu antworten?
Welches ist eure Perspektive im Verhältnis zu euren Erfahrungen
seit 74/75?
Wir denken, daß es sinnvoll ist, die beiden letzten Fragen
zusammen zu beanworten. Nach unserem Verständnis ist die Krise
der Anti- AKW- Bewegung vor allem eine Krise der Bewegung in den
Städten. Eine Ursache für die Krise sehen wir in der Beschränkung
auf das Problem der Atomkraft. Damit einher geht eine Fixierung
auf die Standorte: Gorleben, Brokdorf, Grohnde etc. Es ist nicht
gelungen, für umweltbewußte Leute in den Städten
eine politische Handlungsperspektive zu entwickeln. Die Strobo-
Initiative, die eine solche hätte sein können, wurde nicht
ausgeweitet und radikalisiert (und genau in diese Lücke stoßen
die Grünen, sie bieten eine Handlungsperspektive, aber eine
traditionelle , die die Bewegung wieder an den Staat binden soll).
Im Gegenteil, die Diskussionen um die Brokdorf- Demo im Mai machen
deutlich, daß in vielen Köpfen die Illusion war und ist,
man/frau könnte da weitermachen,wo man mit der 2. Brockdorf-
Demo aufgehört hat. Die Wiederbelebung einer breiten Massenmilitanz
könnte erneut zu einem Aufschwung des Widerstandes gegen das
Atomprogramm führen.
So verständlich der Wunsch ist, der Bauplatz in Brokdorf muß
wieder zu Wiese werden (wir haben ihn auch), so gefährlich
ist es, Wünsche zur alleinigen Grundlage politischen Handelns
zu machen.
Wir haben den Eindruck, es wird sich mit allen Mitteln und aller
Macht dagegen gesperrt, politische Realität zur Kenntnis zu
nehmen, aus Erfahrungen zu lernen, nämlich die positiven Erfahrungen
seit Anfang 1978 mit militantem dezentralem Widerstand als eine
Antwort auf die scheinbare Alternative von Resignation oder der
militärischen Eskalation am Bauplatz. An deren Stelle treten
Wunschträume, die zerplatzen, wenn sie mit der Realität
konfrontiert werden.
Auch bei der Diskussion um die geplante Bohrplatzbesetzung in Gorleben
zeigt sich die Schwäche der radikalen Anti- AKW- Bewegung.
Die Orientierung an Gorleben als dem Zentrum des Widerstandes (obwohl
die Atomindustrie längst ein dezentrales Konzept realisiert)
vernachlässigt die Entwicklung einer politischen Kraft, einer
radikalen Bewegung an den Orten, an denen man/frau lebt und arbeitet
oder nicht arbeitet. Die Auseinandersetzungen über eine Charakter
der Besetzung haben ihre Schärfe zum Teil dadurch bekommen,
daß ein Teil der "Auswärtigen" Gorleben zu
ihrem Kampfplatz machen wollte. Ein anderer Teil der "Auswärtigen"
ordnete sich allem unter, was von der BI Lüchow- Dannenberg
kommt und sei es auch noch so schwachsinnig. Das Argument, die Bauern
machen das nicht mit, zieht immer. Aber auch die BI Lüchow-
Dannenberg hat ihren Anteil an der Zuspitzung der Konflikte. Ihre
Taktik ist es, militante Aktionen, wenn sie gut gehen, für
sich in Anspruch zu nehmen und wenn es Probleme gibt, die "auswärtigen
Chaoten" dafür verantwortlich zu machen.
Einen Ausweg aus der Krise sehen wir darin, daß die Dezentralisierung
des Widerstandes nicht länger Anspruch bleibt, sondern Realität,
praktisch wird. Die Perspektive ist die Entwicklung einer radikalen/subversiven
Kraft in den Städten und auf dem Land, die politische Handlungsperspektiven
entwickelt, die sich nicht festlegen lassen auf nur Aufklärung
einerseits und militärische Aktionen andererseits. Dies hat
zur Vorbedingung, daß zu dem Kampf gegen das Atomprogramm
neue inhaltliche Bezugspunkte dazukommen, wie z.B.
- die besondere Umweltzerstörung in den Städten (Stadtsanierung,
Wohnungsnot, der Bau von Schnellstraßen, die Verpestung
der Luft und des Wassers usw.)
- der internationale Aspekt der Atomtechnologie (Atombombenproduktion,
allgemeine Kriegsproduktion, die Ausbeutung und Unterdrückung
der Dritten Welt durch imperialistische Mächte)
- der Überwachungs- und Atomstaat.
Einen zentralen Punkt möchten wir noch ansprechen, auch wenn
er bei uns noch wenig diskutiert ist und wir nur Fragen dazu stellen
können: Arbeit bekommt immer mehr den Charakter eines Krieges
gegen die Umwelt, die Produktivkräfte sind zu Destruktivkräften
geworden. Was bedeutet diese Tatsache im Hinblick auf Fabrikkämpfe?
Ist die Forderung nach einem "politischen Lohn" die richtige
Antwort?
Und nun zu unserer Perspektive. Vorweg müssen wir sagen, daß
wir hier nur für einen Teil der RZ sprechen können.
Wir denken, daß in den verschiedenen Antworten schon die
Grundlinien unserer Perspektive erkennbar sind. Wir werden jetzt
die wichtigsten Punkte noch einmal herausgreifen. Im Unterschied
zu 1974/75 ist die Ökologiefrage heute für uns ein entscheidendes
Problem. Es gibt für uns kein hierarchisches System von Aktionen,
ganz unten steht das Flugblattverteilen und ganz oben die bewaffnete
Aktion. Ein Denken in hierarchischen Kategorien sieht Aktionen unter
dem Gesichtspunkt der Leistung und bliebt so einem patriarchalisch/
kapitalistischem Denken verhaftet. Die Überwindung legaler
Strukturen und legalistischen Denkens ist die Voraussetzung der
Entwicklung einer freien Gesellschaft. Grundlage des legalistischen
Denkens ist, daß Aufklärung in der spätkapitalistischen
Gesellschaft leicht zum Konsum wird und so die den verrechtlichten
Verhältnissen verhafteten Denkstrukturen nicht aufgebrochen
werden könne. Die ökonomische Gewalt und andere Gewaltverhältnisse
sind als rechtmäßige verinnerlicht und diese Gewalt muß
wieder sichtbar gemacht werden durch Verletzung der Legalität.
Damit versuchen wir, auch in der Form des Widerstandes unser Ziel
zu verdeutlichen und erfahren dies gleichzeitig als ein subjektiv
befreiendes Moment. Unsere subversiven illegalen Aktionen sind ein
Mittel, legalistisches Denken zu brechen und zu einer Stabilisierung
der militanten anti- institutionellen Linken beizutragen.
Weiterhin meinen wir, daß es nicht darum gehen kann, daß
wir uns die tollen Aktionen ausdenken, sondern wir wollen Ideen
und Phantasien, denen wir begegnen, aufgreifen und praktisch machen.
Wir haben auch den Anspruch, daß unsere Aktionen populär
sein sollen, aber über die Schwierigkeit dieser Definition
haben wir schon etwas gesagt. Dieses Verständnis bestimmt auch
das Niveau unserer Aktionen. In unseren Diskussionen spielen die
Erfahrungen und Beispiele mit Sabotage eine große Rolle und
wir sehen darin die Möglichkeit, das Atomprogramm wirksam zu
behindern. Angriffspunkte sollen in erster Linie nicht die Standorte
sein, sondern das vielfältige Netz von Betreibern, Firmen usw.,
die mit der Atomtechnologie das große Geld machen. Wir verstehen
uns als Teil der Anti- AKW- Bewegung und nicht als deren bewaffneter
Arm.
Klar ist allerdings, daß wir niemals eine Aktion gegen ein
in Betrieb befindliches Atomkraftwerk unternehmen werden oder gegen
eine andere atomare Anlage, durch die ein Unfall innerhalb der Anlagen
oder ein Austritt von radioaktiven Stoffen verursacht werden könnte.
Unser Kampf ist ja gerade gegen diese Gefahr gerichtet, wir wollen
sie verhindern und nicht provozieren.
Wichtig ist es aus unserer Sicht, die Unterschiede zwischen uns
und den zahlreichen, in den vergangenen Jahren entstandenen militanten
Kernen herauszuarbeiten. Dieser Unterschied ergibt sich nicht aus
dem Niveau von Aktionen. Wir freuen uns darüber, daß
inzwischen einige Gruppen zum Teil wirkungsvollere Aktionen machen
als wir derzeit. Wir sehen den Unterschied mehr darin
- daß die Entscheidungen für Aktionen bei uns nicht
spontan fallen, sondern Ergebnis langwieriger Diskussionen und
Entscheidungen sind und einer prinzipiellen Entscheidung für
bewaffneten Widerstand;
- Widerstand führt zu Verfolgung;
- deswegen bemühen wir uns, unsere Praxis durch die Vorbereitung
der Illegalität abzusichern; dies bezieht sich sowohl auf
die politische Perspektive als auch auf die sachlichen Notwendigkeiten
illegalen Lebens;
- daß der Widerstand gegen die Zerstörung der natürlichen
Lebensbedingungen gegen die AKWs in unserer Organisation vermittelt
ist, zu Widerstandsperspektiven in anderen Bereichen (z.B.die
Unterdrückung der Frauen, der Widerstand gegen die staatliche
Politik, die Perspektive eines revolutionären Internationalismus).
Die Stärke der Anti- AKW- Bewegung und der militanten Gruppen
hängt zwar auch mit ihrer Beschränkung zusammen: es
ist aber ein Punkt erreicht, an dem diese Beschränkung in
Perspektivlosigkeit umzuschlagen beginnt.
Daraus ergibt sich auch unser Verhältnis zu der Anti- AKW-
Bewegung insgesamt. Wir sind im Rahmen unserer Praxis gegen Atomenergie
einer der vielen Teile dieser Bewegung, nicht aber ihr bewaffneter
Arm. Dies bedeutet, daß wir unsere Entscheidungen autonom
fällen, aber in einem spezifischen Abhängigkeitsverhältnis
zum Zustand dieser Bewegung, in dem Bewußtsein und der Rücksichtnahme,
daß unsere Aktionen Auswirkungen auf die gesamte Bewegung
haben können.
Wir wissen, daß es viele Probleme und Fragen an uns gibt,
auf die wir hier nicht eingegangen sind, wie z.B.
- Das Klein- Buch [14]
- das Problem Illegalität und Knast
- die Auseinandersetzung mit dem bewaffneten Widerstand in BRD
und West- Berlin seit 1970
- die Probleme eines revolutionären Internationalismus und
ein wesentlicher Widerspruch
- nämlich der zwischen Frauen und Männern.
Wir diskutieren seit langem über diese Fragen in unseren Gruppen
und haben den Anspruch, dies, sobald möglich, öffentlich
zu behandeln.
Zum Schluß noch ein paar Sätze zu uns:
Auch bei uns gibt es massenhaft Konflikte. Aber Widersprüche
sind für uns nichts Negatives. Entscheidend ist, wie wir damit
umgehend. Was wir versuchen, ist, uns nicht auf die Rolle des Militanten
zu reduzieren, sondern uns als ganze Personen zu sehen, die Wünsche
und Widersprüche haben und die Zuneigung, Freundschaft und
Liebe brauchen.
Wir denken, daß jede politische Gruppe (nicht nur die illegalen
Gruppen), der es nicht gelingt, freundschaftliche Gefühle füreinander
zu entwickeln, den Keim des Scheitern in sich trägt.
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