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Anschlag gegen die Deutsche Gesellschaft für wirtschaftliche
Zusammenarbeit, Köln
(März 84)
"Was für die internationalen Banken der IWF, ist fürs
westdeutsche Kapital die DEG - die Deutsche Gesellschaft für
wirtschaftliche Zusammenarbeit (Entwicklungsgesellschaft mbH) -
Finanzierungsinstitut des Bundes zur Förderung deutscher Privatinvestitionen
in Entwicklungsländern."
Von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, arbeitet seit 1962 die
DEG in Köln als "Promoter der neuen internationalen Arbeitsteilung"
- eine zu 100% im Bundesbesitz befindliche Finanzierungsgesellschaft,
die jedoch keine "Stelle der öffentlichen Hand" ist
und damit rechenschaftspflichtig wäre, sondern bewußt
als GmbH aufgebaut wurde, um "frei von Einengungen nach planwirtschaftlichen
Grundsätzen arbeiten zu können". Diese unternehmerische
Freiheit ist selbstverständliche Voraussetzung, wenn es wie
bei der DEG darum geht, auf die Entwicklungsländer einzuwirken,
"dem internationalen Kapitalstrom jede nur mögliche Freiheit
zu gewähren". Welch wichtige Bedeutung dieser Gesellschaft
in Krisen des deutschen Kapitals und der Wirtschafts- und Außenpolitik
zukommt, spiegelt sich allein schon in der Besetzung des Aufsichtsratsvorsitzenden
mit Franz H. Ullrich, dem Vorstandssprecher der Deutschen Bank und
dem ehemaligen Außenminister und Bundespräsidenten a.D.
Walter Scheel wider.
Diese Zentrale des westdeutschen Wirtschaftsimperialismus haben
wir heute durch einen Bombenanschlag aus ihrer sorgsam gehüteten
Anonymität gerissen, die reibungslose Abwicklung der Geschäfte
gestört und alles in allem einen möglichst großen
Schaden angerichtet.
DEG- Experten aller Disziplinen checken seit 2 Jahrzehnten die
Länder der 3. Welt systematisch auf niedrigste Löhne,
längste Arbeitszeiten, freieste Produktionszonen undd politische
Stabilität durch. Und die Subjekte dieser Sondierungen sehen
sich gezwungen - angesichts ihrer Ruinierung durch die herrschende
Weltwirtschaftsordnung - sich gegenseitig zu unterbieten und zu
mörderischen Konditionen Land und Menschen anzudienen. Erhält
ein Land den Stempel "investitionswürdig", dann bietet
das die Garantie, daß die DEG dort für die spezifische
Struktur des westdeutschen Privatkapitals die maximalsten Profitquoten
herausgeschunden hat. In den "Investions- Merkblättern"
werden regelmäßig für potentielle Investoren die
einzelnen Länder prostituiert und in den sogenannten "Unternehmer-
Reisen" des DEG kann das Objekt der Begierde bezüglich
seiner bedingungslosen Ausbeutbarkeit in Augenschein genommen werden.
Selbst Kapitalschwäche der Interessenten ist kein Hinderungsgrund.
Im Bedarfsfall übernimmt die DEG Kapitalanteile an westdeutschen
Niederlassungen im Ausland. Allein im Jahr 1981 waren dafür
834 Millionen Steuergelder projektiert, die ausdrücklich nur
dann von den Privatinvestoren übernommen werden müssen,
wenn ihre Geschäfte "zum Erfolg geführt haben, das
heißt das Partnerschaftsunternehmen rentabel arbeitet."
Im Verlauf ihrer Aktivitäten hat die DEG auf diese Weise an
die 300 Firmengründungen und - erweiterungen in 70 Ländern
der 3. Welt gesponsert. Es sind dies Firmen, die in ihrer Gesamtheit
die berühmte "wirtschaftliche Potenz" der BRD ausmachen:
meist spezialisierte Mittelbetriebe der Metall- , Textil- und Elektrobranche,
denen noch kein übler Ruf als Blutsauger in den unterentwickelt
gehaltenen Ländern vorauseilt.
Es kann jedoch nicht nur an diesem schwer durchschaubaren Firmengeflecht
liegen, daß hierzulande der deutsche Wirtschaftsimperialismus
theoretisch und praktisch kaum kritisiert wird, genießen doch
selbst mörderische Ausbeutungsgiganten wie Siemens und VW ein
biederes und rechtschaffenes Ansehen. Ganz im Gegensatz zu entsprechenden
US- Multis, deren Geschäfte mühelos mit Ausbeutung, Hunger,
Elend, Folter und Mord in Verbindung gebracht werden. Es scheint,
als habe sich in der BRD bis heute die Unterscheidung der faschistischen
"Deutschen Arbeitsfront" [77]
zwischen "raffendem und schaffendem Kapital" erschreckend
ungebrochen halten können: das "raffende Kapital",
das sind die - meist US- amerikanischen - Multis, die bekanntlich
über Leichen gehen. Das "schaffende Kapital" dagegen
repräsentiert sich in der sozialpartnerschaftlichen Version
vom deutschen Unternehmertum, das die Aufgabe hat, "Arbeitsplätze
zu schaffen und zu sichern, unsere Wirtschaft auf dem Weltmarkt
wettbewerbsfähig zu erhalten und damit den allgemeinen Wohlstand
zu sichern. Selbstverständlich werden dabei auch Gewinne gemacht.
Aber eben keine ungebührlichen."
Auf diesem Hintergrund wird der spezifisch deutsche Wirtschaft-
Nationalismus erst verständlich. Es wird verständlich,
- warum die heftigen Fabrikkämpfe von 1968- 74 als wilde
Streiks auch gegen die Gewerkschaften geführt werden mußten;
- warum z.B. der Bankrott Brasiliens beklagt werden kann, ohne
daß so entscheidende Namen wie VW und Siemens fallen;
- und warum eine imperialistische Institutution wie die DEG völlig
aus dem öffentlichen Bewußtsein ausgeblendet ist.
Schon Ho und Che haben uns klargemacht, daß der beste Beitrag
zur internationalen Solidarität der Klassenkampf im eigenen
Land ist. In diesem Sinne.
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