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RZ / Rote Zora

RZ - Berlin - Frankfurt

Viele haben es wahrscheinlich gar nicht registriert, aber in der letzten Ausgabe der Radikal war das RZ- Papier nur unvollständig abgedruckt, ein großer Teil fehlte. Von einigen, die es bemerkten, kam dann auch gleich der Vorwurf der Zensur. Es war aber rein menschliches Versagen, Schlampigkeit sozusagen, - wegen Produktionsstreß und so. Das meinte der Layouter der unvollständigen Seite zumindest. Aber warum gerade bei dem Papier!? Bei jedem anderen hätte das ruhig passieren dürfen. Da auch ich dem ansonsten so gewissenhaft arbeitenden Menschen das nicht abnehme behaupte ich mal frech: er wollte nur die schöne Hintergrundcollage mehr zur Geltung kommen lassen! Wie dem auch sei, Spekulation hin, Zorn her, wir bringen deshalb das ganze Papier ohne irgendeine Kürzung nochmal:

Wir finden die Kritik an der Startbahn- Broschüre und an der RZ weitgehend danebengegangen und konstruiert. Es wird verdreht, diffamiert, unterstellt und schon hat mensch sich ein Feindbild (Führungsanspruch, Avantgardevorwurf, Rohrstockpädagogen der Bewegung) zurechtgezimmert, ohne inhaltlich Stellung beziehen zu müssen. Uns und den Autoren des Kreuzbergers Häuserkampfartikels "radikal Nr.120" wird vorgeworfen, Strategen zu sein, die sich erdreisten aus Fehlern und Niederlagen zu lernen, die nicht wieder bei jeder "neuen" Bewegung bei Null anfangen wollen, die Kontinuität, entwickeln wollen. Diese Vorwürfe ziehen sich wie ein roter Faden durch fast alle Artikel der radi 121. Politische Zusammenhänge werden als , "langweiliges Wiederholen von Atbekanntem" dargelegt oder die in der Karlsruher Stadtzeitung popagierten sozialrevol. Ansätze werden als politische Heilslehren diffamiert. Das einzige, das noch zählen soll ist der eigene Bauch. Wen interessieren schon die Strukturen und Erfahrungen von Bewegungen, die angeblich doch nur von "Mythen und Symbolen" zusammengehalten und bestimmt werden.

Militanz und Aktionen werden zwar noch für gut befunden, aber nur solange sie keine polit. Zusammenhänge herstellen bzw. Kontinuität beweisen. "Hingehen, abfackeln, abhauen". Alles was darüber hinausgeht, wird als potentielle Kaderpartei. Beschimpft und gipfelt in der Unterstellung vom Aufbau eines neuen Staates. Politik als schmutziges Geschäft - deshalb nie wieder Politik.

Was zählt ist die "neue Subjektivität". wie fühl ich mich hier am Wohlsten? Ausdruck ist das krampfhafte Suchen nach Nischen (Neue Kultur) in denen auf die nächste Bewegung gewartet werden kann, ohne daß eine Aufarbeitung der letzten Bewegungen stattfand. Nachdem in Berlin die nicht verhandlungsbereiten Häuser geräumt oder in eine politische auswegslose Situation gedrängt wurden, steigt die Zahl der alternativen Aussteiger kräftig an. Dazu werden die Verhandler- Häuser auch noch vom Senat subventioniert. Warum wohl? Die Spaltung hat mal wieder perfekt geklappt und wir sollen schon wieder nichts daraus lernen oder wie ihr das messerscharf formuliert: "Das Spektakel sucht nach neuen Rythmen". Die "surrealistischen Träumer" in der radi haben anscheinend endgültig die Oberhand gewonnen, oder wie ist das mit den zwei Fraktionen innerhalb der Redaktion und warum wird das nicht öffentlich diskutiert?

In der radi 118/119 habt ihr Euer Selbstverständnis noch so formuliert:

" Wir machen also die Zeitung, um dieses unkontrollierbare Gebräu von Widerstand und Subkultur weiterbrodeln zu lassen und etwas Lebensnotwendiges zu garantieren, das Führen von Diskussionen und der Austausch von Informationen darüber... Die radikal kann nur existieren als Bindeglied und Verbreiterungsmöglichkeit der beschriebenen Diskussionen. Ohne immer wiederkehrende Ansätze sich und die vorhandenen Strukturen und Aktionen zu reflektieren, damit beweglich zu halten... kann die Bewegung - und damit als Bestandteil dieser auch wir - einpacken."

Soweit sogut. Die wesentliche Aussage in der radi 121 zeigt genau das Gegenteil. Ihr "radikalster" Ausdruck ist die Forderung nach dem "Leben jetzt ", ohne politische Zusammenhänge mit ein zubeziehen. Radikale Politik bzw. Widerstand orientiert sich nur noch an Alltäglichkeiten, ist subjektiv und wird so zur reinen Oberlebensfrage innerhalb dieses Systems. Die radi hat eine wichtige Funktion als Diskussionsforum des militanten Widerstands und ist als legale Zeitung gerade jetzt verstärkter Verfolgung, besonders dem § 129a, ausgesetzt. Aber anstatt sich Möglichkeiten zu überlegen, wie mann / frau dem Druck begegnen könnte, wird dieser offensichtlich zum Anlaß genommen, um intern einen anderen Kurs in der Zeitung durchzusetzen, ohne daß dies öffentlich diskutiert wird.

Organisierte Militanz wird zum Feindbild aufgebaut, um sie auszugrenzen. Durch eine scheinbar logische Kritik an der Startbahn- Broschüre wird versucht, die RZ aus der Startbahn- Bewegung auszugrenzen. Wie gesagt, wir haben den Eindruck, daß es nur vordergründig um eine Kritik an uns und/oder der Broschüre geht, sondern um unsere Ausgrenzung bzw. die Ausgrenzung des Kleingruppenkonzepts. Das Ergebnis stand schon vorher fest, es mußten nur noch die passenden Gründe dafür gefunden werden. So wird uns unterstellt, wir hätten der BI Klassenverrat vorgeworfen.

Um das noch einmal klarzustellen, wir denken, daß wir in dem Diskussionsbeitrag klar zum Ausdruck gebracht haben, daß der Widerstand der BI von ihrer Klassenlage - als Mittelstand bestimmt war und versuchten zu zeigen, welche Auswirkungen dies auf, die Bewegung hatte und noch hat.

Über diese Konstruktion schustert ihr Euch einen Führungsanspruch der RZ zurecht. Da wird unterstellt, uns würde es nur noch um die Organisationsfrage gehen. Den traurigen Höhepunkt findet ihr aber mit dem Vergleich zur, schnellen Eingreiftruppe

Die RZ wird zur Überorganisation stilisiert, die "die Massen mittels Aktionen zur Militanz und Offensive erziehen will', die "statt Teil zu sein, Lehrer spielt". Kurzum: kein Bezug zur Bewegung. Hier wird mit Behauptungen und Unterstellungen operiert, die entweder schlicht und einfach falsch sind, oder völlig aus der Luft gegriffen sind. "Ihre selbstgesteckten Ziele, Sabotage massenhaft werden zu lassen, den Bau der Startbahn zu be - oder zu verhindern und zu einer sozialrevolutionären und antiimperialistischen Bewegung beizutragen, sind, mit Ausnahmen, nicht erreicht worden." Ja was denn nun? Warum benennt ihr denn nicht die Ausnahmen? Wäre es nicht gerade wichtig da weiter zu diskutieren?

Die Art der Auseinandersetzung mit der Startbahnbroschüre wie überhaupt Tendenz und Inhalt der drei letzten radi- Nummern (120-122) wiesen gewisse Parallelen mit dem Frankfurter Sponti- Blatt "Pflasterstrand" (auch Plastikstrand, d. ätzer) auf. In diesem Zusammenhang finden wir interessant, daß gerade der Abschnitt über die Geschichte der Frankfurter Spontibewegung aus dem radi- Abdruck herausgekürzt wurde, in dem versucht wurde, eine Erklärung für die desolate Situation der Frankfurter Autonomen zu finden, die vielleicht auch für Berlin eine Auseinandersetzung wert wäre. Das können und wollen wir hier nicht nachholen, sondern uns auf die genannten Parallelen beschränken.

Am Beginn der Anti- Guerrilla und späteren Anti- Militanz- Kampagne des "Pflasterstrands" und der Frankfurter Sponti- Linken stand die Entgegensetzung von organisierter Kleingruppenmilitanz und Massenmilitanz. so u. a. die Rede des heutigen MdB Joschka im Rahmen des Pfingstkongresses des Sozial. Büros 1976: "Genossen, schmeißt die Knarre weg!" - statt dessen ein Plädoyer für Pflastersteine. Daß dies bereits damals keine reale politische bzw. strategische Auseinandersetzung sondern Popaganda mit dem Ziel Entsolidarisierung und Distanzierung war, zeigte sich sehr bald.

Den legal lebenden Millitanten der Zellen wurde vorgeworfen, Politisch außerhalb der Bewegung/Scene dahin zu vegitieren. Sinngemäßes Zitat: "abgeschottet in Ein- Zimmer- Appartments lebend und als stille Beobachter mit Spazierstock und Hut am Straßenrand Demos beobachtend"- kein Ausfluß absonderlicher Phantasien,' sondern bewußter Springer Abklatsch als Argumentationsersatz. Erklärungen zu Aktionen wurden soweit überhaupt - nur noch mit distanzierenden Vor-/Zwischen-/Nachbemerkungen abgedruckt und schließlich als besonderer Witz ein Formblatt für Erklärungen veröffentlicht, dessen Schlagwörter anzukreuzen zu seien...

Am Ende von all dem standen interne schwarze Listen von vermeintlichen Mitgliedern und Symphatisanten der Zellen, die Diffamierung aller Versuche und Ansätze autonomer Politik (Schwarzer Block, Hausbesetzungsversuche) und schließlich die parlamentarische Realpolitik.

Nicht exakt wie im zitierten historischem Beispiel aber doch für uns vergleichbar wird in der radi 121' organisierte und unorganisierte Militanz gegeneinander- und auseinandergestellt i.S. von strategisch/putschistisch / reformistisch / avantgardistisch/staatsgeil wie - tragend auf der einen und authentisch / subjektiv / revolutionär auf der anderen Seite. War der Artikel in der radi 114 (Tenor: "Ab in die Bewegung") noch kritischsolidarisch, wird in der 121 nur noch mit Unterstellungen und bewußten Verdrehungen gearbeitet. Altbekannt auch der wiederholte Vorwurf, daß die Zellen weit außerhalb der Startbahn- Bewegung stehen, umgekehrt diese "etwas fremdes, eigendynamisches und unkontrollierbares" sei.

Die Erklärung zum MAN- Anschlag wird den Lesern/innen vorenthalten - stattdessen zwei Seiten übelstes Gerotze und Gekotze. Als Krönung dann, in der radi 122 ein Formblau zum Ankreuzen ...gegenüber dem "Pflasterstrand" in aktualisierter Form.

eine RZ

(Mit der Option auf ein zukünftiges Ministerium zur Abschaffung von Lust und Leidenschaft)

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