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Zum Brief von Hans- Joachim Klein im PS Nr.46
Hans- Joachim, zu deinem letzten Brief im Pflasterstrand. Du hast
es zwar geschafft, klarzumachen, daß es mit den moralisierenden
Bewertungen deiner Person nicht so einfach ist wie in manchen Reaktionen
auf deine ersten 'Veröffentlichungen'. Ich habe auch das Gefühl,
daß du dir gegenüber ehrlicher geworden bis - vielleicht
durch die Reaktionen aus der Linken.
An einem Punkt befindest du dich aber auf dem Holzweg. Du streitest
die Möglichkeit ab, daß die verschiedensten Geheimdienste
aus den von dir angegebenen Fakts Nutzen ziehen konnten. Sie hätten
diese Informationen schon längst aus gefangengenommenen Kommandos
herausgefoltert. Das klingt ganz plausibel, hat aber einen Haken.
Es ist ein Unterschied, ob eine Information auf der Folterbank aus
einem Menschen herausgezogen wird oder ob ein ehemaliger Insider
aus dem Nähkörbchen plaudert - zwanglos, Jede Information
hat einen Authentizitätsgrad , einen quantitativen und einen
qualitativen, Quantitativ: je mehr Leuten dieselbe Information herausgepreßt
oder je mehr Leute sich freiwillig dazu äußern, desto
wahrscheinlicher wird für die Geheimdienste deren Wahrheitsgehalt.
Qualitativ: einer unter Folter zustande gekommene Information wird
vom Geheimdienst mehr Distanz entgegengebracht als einer freiwillig
an die große Glocke gehängten, Jeder Gefolterte wird
doch versuchen, irgend etwas zu verändern, zu verwischen, zu
verschweigen, im Unklaren zu lassen.
Was für eine Funktion ergibt sich da für dich, was für
eine wird dir zugeschoben? Gelten deine Aussagen da nicht als Bestätigung,
als zusätzliches Mosaiksteinchen im großen Aufklärungsspiel?
Ist das nicht eine Art , verdeckter Verrat'?
Aber weiter: Was glaubst du wohl, haben z.B. die Geheimdienste
mit deinen Hinweisen auf
- die besondere Bedeutung der RZ und deren Unterschätzung
durch die Polizei, - die Berghütte in den italienischen Bergen,
die als RZ- Ruheraum dient, angefangen? Ist nicht dein Hinweis auf
die Stellung der RZ eine zusätzliche Bestätigung eines
Insiders, der es ja wissen muß? Die Fahndungsaktivitäten
zeigen bzw. werden es zeigen, wie die Staatsgewalt deinen Hinweis
zu bewerten weiß. In den letzten Tagen ging die Nachricht
von einem ausgehobenen Versteck der Roten Brigaden in den Bergen
über die Fernschreiber. Nach der bekanntgewordenen Zusammenarbeit
von BKA - italienischer Polizei ist es verständlich, daß
dort almauf- und almabwärts gesucht wurde. Ins Bild paßt,
daß auch Deutsche unter den Festgenommenen gewesen sein sollen.
Diese Auflistung ließe sich fortführen.
Was sollst du jetzt machen? Das beste wäre wohl: SCHWEIGEN.
Der breiten Öffentlichkeit bist du nur so lange interessant,
wie du Informationen, Fakts lieferst- oder den bewaffneten Kampf
nicht nur abschwörst (das geht ja nur EINMAL), sondern zum
offenen Verrat übergehst. Bei diesem Deal bist du immer der
Verlierer.
Die Guerilla aber lieferst du mit jeder weiteren Insider - Information
immer näher ans Messer. Und DIE Guerilla, das ist nicht irgend
etwas abstraktes, sondern jeden, den du verrätst, daß
ist ein Mensch mit Hoffnungen, Ängsten und Zielen.
In Solidarität
Frank
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