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RZ / Rote Zora

Hans- Jochaim Klein:

Memoiren eines Großmauls!?

Das Erscheinen des lange erwarteten großen Klein- Auspacks in der französischen Liberation hat den Pflasterstrand vor eine schwierige Situation gestellt, in der es keine "richtige" Entscheidung gibt.

Spätestens nach Hans- Joachims grossem zweiten Machwerk im Spiegel, das dieser erbarmungslos zu einer Terror- Horror- Story hochstilisieren konnte und bei dem die Grenze zum Denunziantentum für viele überschritten war, wurden wir mißtrauisch, welche Ziele H.-J. verfolgt, welches Spiel er spielt. Wir dachten, Klein würde in seinem angekündigten Großwerk dazu Stellung nehmen und eine andere Eben der Auseinandersetzung suchen. Eine, die weniger kolportagehaft ist, der es nicht um die geilen Waffenhistörchen und Terror- Berühmtheit -Storys geht, kurz, daß er aufhört, den Breiten zu machen.

Aber dem ist nicht so. Kleinklein geht so breit aus der Guerilla raus, wie er reingegangen ist, er schwätzt, plaudert - wir wissen nicht, ob er lügt. Das, was vor einem Jahr eine wichtige Diskussion begann und eine kritische Auseinandersetzung mit der Guerilla eröffnete, ist heute zur Farce erstarrt. Für diese Farce hat der Pflasterstrand das, "Alleinabdrucksrecht" in der BRD, das heißt, wir müssen erstmal entscheiden, was mit dem Text geschieht.

Die Meinungen in der Redaktion sind kontrovers und festgefahren. Gegen den Abdruck spricht, daß wir dieses elende Spiel mitmachen, Klein managen und seine Ebene von Auseinandersetzung an die Kneipentheken und in die Köpfe verlängern: Storys, Geschichten, Gerüchte. Das kann nicht unsere Ebene von Auseinandersetzung sein, vielmehr verwischt es sie, macht sie unmöglicher. Nichtveröffentlichung wäre eine Geste, mit der wir signalisieren könnten, wie egal uns diese Ebene von Auseinandersetzung ist, für wie unproduktiv wir sie halten, daß das Großmaul schreiben soll, wo er will, im Spiegel oder in der bunten Illustrierten: Wir machen dieses Ausschlachten des heißen Terrorlebens nicht mit! Zum Argument Verrat: Das ist in der Tat eine Tatsache: Durch Kleins Ausplaudern internationaler Verbindungen (mit dem arabischen Minister auf du und du) ist die RZ zur internationalen Terrorgruppe hochstilisiert. Das verändert Prozesse, das bringt Leute länger in den Knast, und dieses ist auch schon im Laufen; Nur:

Dieser "Verrat" ist gelaufen, der Spiegel- Artikel hat seine Wirkung getan, mit der Veröffentlichung des Libe- Interviews ändert sich nichts.

Gravierend sind aber auch die Argumente dafür: Nichtveröffentlichung heißt Schweigen, heißt zu sagen, ,das gibt es nicht". Aber das ist gerade die Erkenntnis, daß die Guerilla Strukturen besitzt, wie Klein in seiner Größe sie widerspiegelt. Als Django in die Guerilla reingehen - niemand zeigt es besser als er, niemand ist in seiner Kaputtheit deutlicher, niemand kritisiert die Guerilla konsequenter. Und auch die Kolportage ist ein Ausdruck davon, wie die internen Strukturen sind.

Eine radikale Kritik an der Guerillamaschine zu entwickeln - das ist allerdings unser Ziel. Klar, daß wir uns den Vorwurf des Staatsschutzblattes immer wieder einhandeln. Rekrutierungen und Sauerein zu verhindern - das wollen wir. Aber so nicht! Nur: Im Moment haben wir keine Alternative, das Schweigen um diese Auseinandersetzung zu brechen.

Gut. Wenn Klein ein großmäuliger Verräter ist, dann soll man das auch drucken. Erscheinen wird es sowieso irgendwo, und man kann über nichts reden, daß niemand kennt. Das spricht auch gegen die Kürzung: Die Kürzung als Mittel der Glättung - den Text zu differenzieren in "verwertbares" und "Schrott". Wenn, dann ungekürzt, unzensiert, auch, wenn sich nur an gewissen Stellen des Textes eine produktive Auseinandersetzung entfachen läßt. ..

Die Pflasterstrand- Redaktion entschloß sich, das Interview mit Jochen Klein in der Zeitung nicht abzudrucken. Damit wollen wir ein Zeichen setzen. Diese Entscheidung ist eine politische, die unser Entsetzen über die Art und Weise der Auseinandersetzung, wie sie Jochen führt, ausdrückt.

Gleichzeitig gibt ein Teil der Redaktion das Interview als Dokument heraus. Diese Broschüre wird in den linken Buchläden erhältlich sein. Einzelbestellungen nehmen wir beim Pflasterstrand nur aus solchen Orten entgegen, in denen es keine linken Buchläden gibt.

Diese Entscheidung befriedigt niemanden und trotzdem war sie bei dem Stand der Auseinandersetzung nicht anders möglich. Wir werden auch in Zukunft keine Beiträge im PS abdrucken, gegen den Willen eines Teils des Kollektivs. Die Form der Abstimmung wird es auch in Zukunft bei uns nicht geben.

MAIL
http://www.freilassung.de/div/texte/rz/ps40a.htm