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RZ / Rote Zora

Noch was zum RZ Papier

"Die Masse", sagt Rosa Luxemburg, sei " wie die Thalatta, das ewige Meer, (das) alle latenten Möglichkeiten: tödliche Windstille und brausenden Sturm, niedrigste Feigheit und wildesten Heroismus in sich birgt. Die Masse ist stets das, was sie nach den Zeitumständen sein muß, und sie ist stets auf dem Sprung, etwas anderes zu werden, als sie scheint."

Es scheint zur Zeit eine starke Strömung im linken Zeitgeist zu sein, aus der Fülle der Fragen, den sich uns stellenden Aufgaben und den fehlenden Antworten die Konsequenz zu ziehen, alles in einen Strudel von Auflösungen zu kippen. Eine Revolutionäre Zelle aus dem Ruhrgebiet, so scheint es, springt gleich komplett hinterher. Der mit der Selbstauflösungserklärung gegebene Einblick in den Diskussionsstand der Zellen ernüchtert, dem militanten Widerstand ist ein weiterer Teil "traditioneller Avantgarde" genommen. Die eingangs in der Erklärung formulierte Selbstbescheidenheit steht im Widerspruch zu der rigorosen Allgemeingültigkeit. mit der beispielsweise von der Zelle die Etapppe des Bewaffneten Kampfes für beendet erklärt wird. Daß diese Erklärung mit all den darin enthaltenen Fragestellungen einen weiteren Anstoß zur revolutionären Debatte darstellt, ist gut. Einige Schlußfolgerungen halte ich für vorschnell. verfrüht.

Um das zu begründen, muß hier ziemlich weit ausgeholt werden.

Die Etablierung illegalen/militanten/bewaffneten Kampfes in der BRD entstand u.a. aus den Erkenntnissen, daß

  1. die Konfrontation mit dem imperialistischen Staat/Gesamtsystem ohne illegale, bewaffnete Gegenmacht aussichtslos ist (Der Sturz der demokratisch gewählten sozialistischen Allende-Regierung durch Pinochet, US-Kapital, CIA usw. war 1973 klarer Beweis dieser These und auch Anlaß der ersten RZ- Anschläge in der BRD)
  2. der Aufbau illegaler, bewaffneter Kerne von anfang an Strukturelement revolutionärer Bewegung sein muß, will diese sich nicht gänzlich der Gefahr der Vernichtung durch Konterrevolution und Faschismus aussetzen. Historische Erfahrungen belegen, daß die Bewaffnung revolutionärer Massenbewegungen nicht erst kurz vor der Revolution auf die Tagesordnung gesetzt werden darf, wie das bislang die orthodoxe kommunistische Bewegung vertreten hatte.
  3. das Kontroll- und Überwachungsinstrumentarium des imperialistischen Staates derartig weit entwickelt ist, daß auf Legalität beschränkte Opposition dem Staat und dessen Repressions- und Manipulationsmöglichkeiten chancenlos ausgeliefert ist.
  4. ein phantasievolles, dialektisches Sich-auf-einander-Beziehen der legalen Organe der Volksmacht und der politisch-militärischen Kerne der revolutionären Linken, der Stadtguerilla, erst die Möglichkeiten des bevorstehenden langwierigen revolutionären Prozesses eröffnet.

Dieser Versuch, einige theoretische Begründungen für bewaffneten Kampf aus dieser Phase zusammenzufassen, spiegelt unverkennbar die historische Aufbruchstimmung wieder, andererseits aber auch die Einsicht in die Langwierigkeit revolutionärer Perspektiven.

Letztere Einsicht kollidierte besonders im letzten Jahrzehnt mit der "Wir wollen alles und zwar sofort"- Spontanität. die ihren Schatten der Ungeduld unverkennbar auch auf die Abschlußgesangs -Diskussion der Revolutionären Zelle geworfen hat. Die RZs hatten sich vor allem am Anfang ihrer Geschichte relativ ausführlich zum Konzept vom bewaffneten Kampf geäußert. So unterschieden sie sich bsp. durch ihr "'Nachwuchsförderungsprogramm":

"Schafft viele revolutionäre Zellen" von den damaligen anderen Stadtguerilla- Gruppen in der BRD.

Letztmalig tauchte diese Losung 1981 unter einer Erklärung auf und blieb fortan verschwunden - ohne jegliche Begründung. Seit ca. 10 Jahren hat es "Zellwucherungen" in diesen Sinne, soweit die erkennbare Kontinuität der regionalen Aktionsschwerpunkte solche Schlußfolgerungen zulassen, nicht gegeben. Ausnahme: Als hier in Berlin sich 1988 eine ". Jung- RZ.' Aus der Taufe hob, blieb deren relativ ausführliches Konzeptpapier ohne jegliche öffentliche Reaktion seitens der "UR- RZs".

1981 war zur Organisationsfrage noch folgendes zu lesen gewesen:

"Zur Frage, wie sich organisieren. Wir meinen nicht, daß es richtig ist, die militanten GenossInnen aus allen möglichen Bereichen herauszuziehen und geson dert zu organisieren. Vielmehr geht es gerade darum,in möglichst vielen Bereichen diese Kampfformen innerhalb der bestehenden Gruppen zu erlernen und anzuwenden. Das bedeutet schließlich auch die Parole:

Schafft viele Revolutionäre Zellen!

Sie ist politisch richtig, weil sie auf Autonomie, Eigeninitiative und Verantwortung baut, und sie ist aus Gründen der Sicherheit richtig, weil nur eine Organisation, die auf selbständig operierenden Gruppen basiert, in diesem Überwachungsstaat die Chance hat, nicht aufgerollt und zerschlagen zu werden... (Revolut. Zorn Nr. 8, Jan, 1981)

In den Selbstauflösungspapier steht dazu:

"Das Konzept "Schafft viele Revolutionäre Zellen" ging nur insofern auf, als eine Parallelität der Kampfmethoden entstand. Es war uns jedoch nicht gelungen, in den Teilbereichsbewegungen Fuß zu fassen oder die Militanten aus ihren Zusammenhängen heraus für eine revolutionäre Perspektive und Organisationzu gewinnen."

In den vergangenen zehn Jahren hat es aber keine öffentlich nachvollziehbaren Diskussionen der RZs mehr über dieses Problem gegeben. D.h. eine Debatte Organisierung - Verankerung, hat nicht mehr stattgefunden oder sie ist nicht mehr transparent gelmmacht worden. Ursachen der heute beklagten Isolierung der RZ könnten u.a. in diesem Versäumnis begründet sein.

Desgleichen ist still und leise Anfang der 80ziger Jahre ein weiteres wichtiges Element in RZ- Konzept aufgegeben worden:

Damit militanter/bewaffneter Widerstand tatsächlich vermassbar sein kann, müssen die Aktionsformen und -mittel einer Gruppe wie der RZs nachmachbar sein. Deswegen wurde in den Publikationen der RZs mehr oder minder regelmäßig Wissen um Subversionstechniken veröffentlicht (Anleitungen, Neuheiten zum Fälschen, Basteln usw. ).

Eine Begründung, weshalb dieser öffentliche Austausch von Hits und Tips für den subversiven Alltag eingestellt wurde, hat es meines Wissens nicht gegeben.

"Unsere eigenen Aktionen der letzten Jahre sind im luftleeren Raum verlaufen, waren nicht mehr Bestandteil einer breiteren sozialen Praxis. Unser Koordinatensystem: bewaffnete Opposition -Vermittlung, -Verankerung, -Vermassung stimmt nicht mehr, der Bezugsrahmen hat sich verschoben", schreibt die Zelle in ihrem Resümee.

Dies könnte den Eindruck erwecken, als hätte es in der Geschichte des bewaffneten Kampfes in der BRD so etwas wie die kontinuierliche Praxis bewaffneter Opposition gegeben. Unter dem Begriff: "Bewaffnete Opposition" verstehe ich ein politisch ziemlich weit entwickeltes Verhältnis, wie es beispielsweise die Roten Brigaden oder die Tupamaros erreicht hatten. In der fast 25-jährigen Geschichte des bewaffneten Widerstandes in der BRD sehe ich nur ganz wenige Momente, wo Aktionen materiell in den gesellschaftlichen Konsens eingegriffen haben. Massenmilitanz in Regional- oder Stadtbewegungen hat da teilweise politisch mehr transportiert. Anschläge waren Momente darin, Wir sind zu oft dem Schein als dem Sein aufgesessen. Der Klamauk, das Gezeter, das die Bourgeoisie, die, Medien, die Repressionsagenturen veranstaltet haben, ist hochgerechnet worden zur sozialen Bedeutung bewaffneter Politik.

Ich denke, wir haben die Phase der sog. Bewaffneten Propaganda nie verlassen, deren Aufgabe es ist, erst mal das bewaffnete politische Element in der politischen Landschaft zu verankern. Bewaffnete Aktionen haben darin einen symbolischen Charakter. Sie stellen den antagonistischen Bruch zu den herrschenden Verhältnissen damit immer wieder durch Praxis zur Diskussion. Sie sind der Beweis, daß im versteinerten Sozialbewußtsein der BRD der Antagonismus existent ist, daß es Risse gibt im scheinbar intakten Gefüge. Das macht auch bis heute die Bedeutung, die Verantwortung der politischen Gefangenen in der BRD aus: nämlich daß sie nicht integrierbar sind.

Es ist ein Unterschied, ob in einem Land in Buchläden Schriften zu revolutionärer Politik stehen oder ob Menschen durch ihre Praxis, ihren Einsatz, ihre persönliche Konsequenz revolutionäre Politik zur Diskussion stellen. Fazit ist: die Zelle hat in ihrer Auflösungsbegründung die Meßlatte an Bewaffneten Widerstand viel zu hoch angesetzt. Das Ergebnis muß dann negativ ausfallen.

Weiter ist mir das Fazit zur Flüchtlingskampagne der RZ zu kurz gegriffen, Ihr Versuch; "die Verkrustungen und Eindimensionalität des vorherrschenden linken Internationalismus jener Jahre aufzubrechen" blieb nicht ohne Resonanz bzw, es gab parallel dazu ettliche Debatten um konkreten Antiimperialismus hier, Zumindest von Westberlin weiß ich, daß nicht nur die RZ mit militanten Aktionen, Anschlägen versucht haben, Antiimperialismus in den Metropolen praktisch zu definieren, Z,B. wird eine erfolgreiche Vernichtungsaktion von Asylbearbeitungsakten in Berlin fälschlicherweise immer wieder den RZs zugerechnet, obwohl eine ganz andere Gruppe sich dazu erklärte, Kampagnen zur Situation von Flüchtlingen in Berlin gab es immer wieder, spätestens seit der Bombardierung Libyens 1986; der lWF- Kongress in Berlin hat BRD- weit zu wichtigen Auseinandersetzungen und auch praktischen Konsequenzen im Antiimperialismusverständnis vieler Linker geführt, Dabei gab es immer wieder Ansätze, nicht nur die Auswirkungen der globalen patriarchal- imperialistischen Weltbevölkerungspolitik und deren Instrumente zu thematisieren, sondern es wurde auch versucht, die Politik des transnationalen Kapitals und die geostrategische imperialistische Politik insgesamt als eine Ursache der weltweiten Vertreibungs- und Wanderungsströme anzugehen. Gleichzeitig entstanden wichtige Diskussionen und neue Widerstandsansätze, die patriarchalen Wurzeln und Zusammenhänge des imperialistischen Systems angriffen. Daß die Linke sich nicht auf den von der Avantgarde gesetzten Schwerpunkt gestürzt hat, liegt hauptsächlich an der Eindimensionalität der Interventionsrichtung der RZ.

Es wäre müßig, die Schwächen und Fehler linksradikaler Politik dieser Ebene hier ausführlich zu diskutieren, nur die totale Schwarzmalerei der NRW- RZ kann ich aus hiesiger Sicht bei aller Kritik/Selbstkritik unseres "Bewegungverhaltens" nicht teilen.

Eher wundert mich, daß in dem Resümee dieser RZ eine weitere politische Eindimensionalität ihrer Kampagne kaum belichtet wird, Es gab in den 70zigern bei großen Teilender, revolutionären Linken eine wichtige Kritik an der Politik der RAF, etwa in dem Sinne, daß sie sich mit der Konzentration auf antiimperialistische Aktionen und später auf Gefangenenbefreiung ("Befreit- die Guerilla- Guerilla" ) aus der sozialen Realität hier in der BRD selbst politisch hinauskatapultiert hätten, Demgegenüber stand das Verständnis, daß linksradikale Politik sozusagen auf zwei Säulen immer gleichzeitig basiert:

  • sozialrevolutionär, d.h. Widerstand aus der eigenen sozialen Realität, dem Zusammenhang von Widerstandsgeschichte der Stadt, Region, den subjektiven Bedürfnissen und objektiven Widersprüchen, als Kampf gegen die Entmenschlichung, Zerstörung individuellen und gesellschaftlichen Seins/Bewußtseins, als Aufstand gegen die Versteinerung der Gefühle und Gedanken,
  • antiimperialistisch als moralische Bastion, als notwendige Voraussetzung für eine revolutionäre Perspektive aufgrund des weltweit organiserten imperialistischen Gegners, als Ausdruck grenzenloser humaner Solidarität und das Willens, nicht eher Ruhe geben zu wollen, bis Ausbeutung und Unterdrückung weltweit bekämpft sind.

Es ist nun nicht nur das Manko der RZ- Politik, seit etwa Mitte der 80ziger Jahre der sozialen Realität der BRD hinterher zu rennen, Dieses Grundleiden autonomer Politik, wird seit Jahren immer wieder diagnostiziert. Gerätselt wird, ob das nun an und oder an der sozialen Realität liegt, Aber mit ihrer "Flüchtlingskampagne" hat sich die NRW-RZ ziemlich ausschließlich auf die Politik konkreten Antiimperialismus in der Metropole beschränkt, Das, was die Politik der RZ der ersten zehn Jahre gekennzeichnet hat, nämlich sowohl in der Theorie als auch in der Praxis sozialrevolutionär und antiimperialistisch, ist in der letzten Dekade immer mehr verschwunden. Daß sich die, "wenn auch sehr widerspruchsreiche Realität der hier immer noch ausgebeuteten und unterdrückten Frauen und Männer, (multinational,.. .und die Kinder nicht vergessen) in der linksradikalen Politik seit Jahren nur noch in Versatzstücken wieder spiegelt, hat uns der qualitative Sprung des BRD-Kapitals zum Projekt Großdeutschland erst so richtig vor die eigenen Füße geworfen. Unsere seit Jahren durch Selbstspiegeleien kaschierte gesellschaftliche Bedeutungslosigkeit ist auf den Punkt gebracht. Das ist nicht nur eine Erfahrung der Revolutionären Zellen. Wir sind sozusagen auf unsere Grundwerte entblättert.

Und hier genau setzt auch meine Kritik zu den Konsequenzen der NRW-RZ ein. Auch wenn ihreIl lang begründeten Abgesang am Schluß noch eine kleine Passage rangehängt wird, daß sie "mit diesem Papier nicht der Selbstaufgabe revolutionärer Politik das Wort reden" wollen, so vermiß ich in allem einen Trotzen den ja hinlänglich beschriebenen Verhältnissen. Wie oft in seiner fast 25-jährigen Geschichte hat sich der militante/illegale Widerstand in dem Bereich des Trotzalledem bewegt?! Militanz entsprang oft genug auch dem Trotz der Verzweiflung den "Totalitarismus eines industriellen Systems" (Rev. Zorn Nr.4/78) gegenüber. Nur im offensiven Bruch/Widerstand schien, scheint sich menschliche Identität noch gegen die Verhältnisse setzen zu lassen, Diese subjektive Haltung des "Trotzalledems" läuft natürlich Gefahr, in die irrationalen Sphären einer Glaubensrichtung abzutauchen, führt zur Verselbständigung der Mittel, zur Menschenfeindlichkeit. Infragestellen, permanente politische Bestimmung und Debatte, Suchen nach neuen Ufern, alles als offener, durchsichtiger gemeinsamer Prozeß sind Möglichkeiten, der Erstarrung im subjektiven Sich- Widersetzen vorzubeugen.

Genau da. liegen auch weitere Bruchstücke im Scherbenhaufen der RZ. Zu lang war das politische Diskussionsschweigen der Zellen in den letzten Jahren, als daß ich die vorgeknallte Konsequenz auch nur annähernd akzeptieren könnte. Ein hochkompliziert vorgetragener Diskussionsbeitrag von RZs zur Patriarchatsdiskussion vor etwa drei Jahren blieb ohne nennenswerte Resonanz. Seitdem herrscht Funkstille von ihnen zu diesem Thema. Erst mit dieser Abgesangserklärung läßt sich erahnen, welche Verwerfungen in den letzten Jahren im Traditionsgefüge der RZs - auch zur Patriarchatsdebatte -sich abgespielt haben müssen. Dieses Verschweigen solch interner Auseinandersetzungen (das jahrelange Schweigen zum Tod von Gerd Albartus ist dabei besonders krass) zeigt, daß der sogenannte Mythos um die RZs nach innen stärker gewirkt hat als nach außen und damit die frühzeitige Öffnung der Diskussion blockiert hat. Jetzt werden nur noch Ergebnisse vorgeknallt, wo Kampf um Kontinuität als lebendiger, offener Prozeß angesagt wäre.

Viele Diskussionsbeiträge in den letzten Monaten in den Regionalzeitungen deuten daraufhin, daß dieser Prozeß im Gange ist. Das Ringen Um neue politische Ansätze ist vorhanden, die Mängel autonomer Kampagnen- und Ghettopolitik, fehlender gesellschaftlicher Bezug und mangelhafte Organisierung sind ausführlich beklagt. Daß eine autonome, militante Linke, die seit Jahren schon um ihre politische Identität kämpft, von den Entwicklungen neuer imperialistisch- patriarchaler Weltordnung, dem Sprung zum Projekt Großdeutschland/ Europa überrollt worden ist, wen wunderts. Diesen ungeheuren qualitativen Sprung der imperialistischen Verhältnisse zu sehen, zu begreifen und zu beantworten, ist auch keine Sache von ein paar Monaten. Gerade in dieser Entwicklung haben Zusammenhänge mit längerer politischer Erfahrung eine besondere Verantwortung, sie sind das Bindeglied zu den bisher gemachten politischen Erfahrungen. So wie die NRW-RZ ihre Geschichtsaufarbeitung angeht, ist das eher ein Debakel im Umgang mit politischer Verantwortung. "Die globale Ausbreitung eines dreckigen, geheimdienstlich durchsetzten Terrorismus" , was ja alles andere als eine neue Form der Konterrevolution ist, wird zum entscheidenen Problem für den Einsatz revolutionärer Gewalt gemacht. Bei allen Feststellungen wird nicht mehr gefragt, wie läßt sich das anders machen. Wenn der Verlust von Spontanität und sozialer Verankerung durch eine verselbständigte klandestine Struktur beklagt wird, so fehlt jeglicher Ansatz, diese Erfahrung auch nach vorne zu diskutieren, aus den Fehlern zu lernen, in die Gruppen, die sich ernsthafter um eine illegale Struktur bemühen, ja immer wieder schnell geraten können. Welche Momente waren am wichtigsten in diesem Verselbständigsprozeß gewesen?

Wie stark wart ihr eigentlich noch in der Organisierung von sog. Massenmilitanz vertreten oder habt ihr euch diese wichtige Erfahrungsebene aus konspirativen Überlegungen heraus grundsätzlich abgeschnitten?

Wie ist es dazu gekommen, daß in dem Kampf "Um die Herzen und Köpfe der Menschen" nur. noch in Anschlagsdimensionen gedacht wurde und die Ebene der Gegenpropaganda, der phantasievollen Vermittlung vollkommen weggefallen ist. Die Anonymität der GenossInnen der RZ kann wohl nicht ernsthaft, so wie ihr schreibt, der Grund für die Grenzen der Ausweitung der Propaganda gewesen sein.

Wo habt ihr in den letzten zehn Jahren gewohnt, gelebt, daß ihr zu den Auseinandersetzungen um die Zerstörung der Städte, den gigantischen Umstrukturierungsprozessen mit den sattsam überall diskutierten Auswirkungen für Wohnungssuchende und Mieterlnnen nichts gesagt habt?

Das sind nicht Fragen - einige von vielen möglichen -ans "ZK", sondern an eine Gruppe, die ihre fehlende Verankerung beklagt, aber seit Jahren die Diskussion zwischen ihr und der Szene als Einbahnstraße begriffen hat.

Die Selbstauflösung ist darin nur noch die letzte scheinbar mögliche Konsequenz. Vielleicht ist's auch nur politisch arg verbrämte Müdigkeit, die nicht unverständlich wäre, aber so aufgeplustert vorgetragen unehrlich und ein Schlag ins Gesicht all derer wäre, die sich hier versuchen durchzubeißen.

Daß ihr als Rahmen eurer Veröffentlichung das Alt- Herren- Magazin "Konkret" gewählt habt, ist ein konsequenter Schlußpunkt, "., .daß es im Gegenteil darauf ankommt, eine historische Etappe abzuschließen",(letzter Abschnitt der Auflösungserklärung) hat die Zelle doch hoffentlich nur auf sich selbst bezogen, Die Anforderungen des antifaschistischen, antirassistischen und antisexistischen Widerstandes lassen der Linken in Moment nicht viel Zeit zum Zurückzug ins "Studierzimmerchen". Daß konspirative, militante und auch bewaffnete Gruppen Momente in dieser Bewegung sind, sein werden, liegt auf der Hand, will diese Bewegung nicht zwischen Neonaziterror und Repression zerrieben werden. Das ist für viele schon länger praktische Erfahrung und Notwendigkeit geworden, Dieser Abwehrkampf hat aber längerfristig nur eine Chance. wenn es uns gelingt, mit eigener Praxis greifbar in den anderen Bruchstellen dieser Gesellschaft präsent zu sein. Und es wird dabei kaum noch einen Konflikt in der "Großdeutschen Gesellschaft'" geben, der nicht im Hintergrund durch imperialistische Konkurrenz, durch imperialistische Globalstrategien und durch Ausbeutung und Unterdrückung der Trikont- Gesellschaften bestimmt ist, Für die vor uns liegenden Auseinandersetzungen werden wir die Erfahrungen vor allem auch der Stadtguerillagruppen der BRD benötigen" Das ist eine Aufforderung an alle noch bestehenden RZ- Zusammenhänge, sich konstruktiv und nachvollziehbar mit ihrer Geschichte auseinanderzusetzen und wieder Teil einer. wenn auch ein wenig strauchelnden linksradikalen Bewegung zu sein.

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