Unsere Sprache...
Welche Schwierigkeiten wir mit bestimmten Begriffen, mit der Sprache
hatten. kommt im Text selbst in den vielen Anfiihrungszeichen zum
Ausdruck. Oft fiel uns kein passendes Wort ein, obwohl die patriarchale
und/ oder hierarchische Definition auf der 1-land lag, z.B.: unversöhnlich.
Dritte Welt etc. Oft verwenden wir Begriffe aus der linken Terminologie
(Revolution, Produktivkraft, Guerilla etc.), wohl wissend, daß
auch diese vor einem patriarchalen Hintergrund entstanden sind.
Eine feministische Umwandlung der Bedeutungsinhalte geht jedoch
nur langsam, und allgemeinverständliche neue Begriffe, die
das ausdrücken, was wir meinen und wollen. gibt es (noch) nicht.
Ein anderes Problem war es, den unterschiedlichen Lebensrealitäten
von Frauen auch sprachlich Geltung zu verschaffen. Die in den FrauenLesbenzusammenhängen
seit einigen Jahren geführte "Unterschiedsdiskussion" war/ist
ein wichtiger und notwendiger Prozeß, um sich die Unterschiede
unter uns Frauen, die ja für soziale Ungleichheiten und Machthierarchien
stehen, als Voraussetzung für Unsere Widerstandspraxis bewußt
zu machen. Schwarze Frauen forderten von uns, daß wir uns
mit unserer Identität auseinandersetzen, unsere Täterinnenposition
wahrnehmen und damit umgehen. Allerdings verkommt die Selbstdefinition
(weiß. christlich säkularisiert. Mittelschicht. Lesbe/Hetera
etc.) häufig zu einem ritualisierten Schuldbekenntnis und dient
gleichzeitig als Ent- Schuldigung. Die ständige Benennung unserer
Herkunft läuft Gefahr. zum ldentitätssiegel zu werden,
womit soziale Kategorien zur quasi biologischen Unveränderbarkeit
gemacht werden, aus denen es kein Entrinnen gibt. Diese Ent- Schuldigung
tritt an die Stelle der Entwicklung eines feministischen Selbstverständnisses.
das die eigenen Maßstäbe infrage stellt und die rassistischen
und sexistischen Gewalterfahrungen anderer Frauen mitdenkt.
Zentral ist und bleibt die Praxis. die wir im Umgang mit und quer
zu den sozialen Differenzen entwickeln. Selbstbezichtigung ist kein
Weg der Auseinandersetzung mit eigenen Machtpositionen.
Wir verwenden im Text den politischen Begriff "Schwarze Frauen"
und meinen damit Frauen mit asiatischer, afrikanischer, pazifischer,
arabischer usw. Herkunft bzw. Abstammung, obwohl wir darin eine
Vereinfachung und Homogenisierung sehen. Es gibt von Schwarzen Frauen
lange Ausführungen iu diesem Problem. und viele Migrantinnen
lehnen für sich den Begriff "Schwarze Frau" ab. weil für
sie damit der Kampf der Frauen vom schwarzafrikanischen Kontiiient
(seit der Sklaverei) verschwindet und die Tatsache übergangen
wird, daß es Unterschiede in der Konfrontation mit Rassismus
gibt. Frauen nennen sich heute "women of colour" oder "Frauen aus
..." (entsprechendes Herkunftsland) oder Afro (entsprechendes Land,
WO sie leben). Trotzdem benutzen wir noch den Begriff "Schwarze
Frauen". um damit ihre Unterdrückung durch den Imperialismus
und den Rassismus des weißen Patriarchats zu benennen, von
welchem wir weißen Frauen Teil sind. Und wir beziehen uns
damit auf die Selbstdefinition von nicht- weißen Frauen und
Männern. Schwarz nicht als Hautfarbe. sondern als politisches
Befreiungsinteresse zu verstehen.
Unterschiede benennen wir dort, wo sie von Bedeutung sind und/ oder
zum Selbstverständnis politischer Zusammenhänge gehören
- z.B. FrauenLesben.
Den Begriff FrauenLesben finden wir - wie viele andere - nicht
zufriedenstellend: es kann der Eindruck entstehen, als seien Lesben
keine Frauen, ausgeklammert aus der sozialen Bedingung des Frauseins:
die Differenz zwischen heterosexuellen Frauen und Lesben wird in
diesem Begriff nicht auf gleicher Ebene sichtbar... "Heterosex und
lesbische Frauen" jedoch betont zu sehr die unterschiedliche sexuelle
Orientierung. wo doch viel mehr an sozialen und ldentitätsunterschieden
daran hängt. "Lesben und andere Frauen" entspricht wiederum
überhaupt nicht den gescllschaftl. (Macht- )Verhältnissen.
Die mangelnde sprachliche Alternative kann aber nicht zur Konsequenz
haben, Lesben gar nicht zu erwähnen. Das würde die Bedeutung
verschweigen, die lesbische Existenz und Identität für
Unsere Zusammenhänge hatte und hat, und würde erkämpfte
Positionen aufgeben. So benutzen wir an den entsprechenden Stellen
den sich mittlerweile in der FrauenLesbenszene durchgesetzten Begriff
FrauenLesben trotz der oben benannten Probleme.
"Wir/ Uns" steht für größere FrauenLesbenzusammenhänge.
wenn aus dem Text nicht klar hervorgeht, ob mit "wir" unsere Gruppe
oder der größere Zusammenhang gemeint ist. Ansonsten
benutzen wir für beides das kleine "wir", weil die Bedeutung
meist aus dem Kontext hervorgeht.
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