www.freilassung.de
Zurück zur Startseite  
Mili's Tanz auf dem Eis

Unsere Sprache...

Welche Schwierigkeiten wir mit bestimmten Begriffen, mit der Sprache hatten. kommt im Text selbst in den vielen Anfiihrungszeichen zum Ausdruck. Oft fiel uns kein passendes Wort ein, obwohl die patriarchale und/ oder hierarchische Definition auf der 1-land lag, z.B.: unversöhnlich. Dritte Welt etc. Oft verwenden wir Begriffe aus der linken Terminologie (Revolution, Produktivkraft, Guerilla etc.), wohl wissend, daß auch diese vor einem patriarchalen Hintergrund entstanden sind. Eine feministische Umwandlung der Bedeutungsinhalte geht jedoch nur langsam, und allgemeinverständliche neue Begriffe, die das ausdrücken, was wir meinen und wollen. gibt es (noch) nicht.

Ein anderes Problem war es, den unterschiedlichen Lebensrealitäten von Frauen auch sprachlich Geltung zu verschaffen. Die in den FrauenLesbenzusammenhängen seit einigen Jahren geführte "Unterschiedsdiskussion" war/ist ein wichtiger und notwendiger Prozeß, um sich die Unterschiede unter uns Frauen, die ja für soziale Ungleichheiten und Machthierarchien stehen, als Voraussetzung für Unsere Widerstandspraxis bewußt zu machen. Schwarze Frauen forderten von uns, daß wir uns mit unserer Identität auseinandersetzen, unsere Täterinnenposition wahrnehmen und damit umgehen. Allerdings verkommt die Selbstdefinition (weiß. christlich säkularisiert. Mittelschicht. Lesbe/Hetera etc.) häufig zu einem ritualisierten Schuldbekenntnis und dient gleichzeitig als Ent- Schuldigung. Die ständige Benennung unserer Herkunft läuft Gefahr. zum ldentitätssiegel zu werden, womit soziale Kategorien zur quasi biologischen Unveränderbarkeit gemacht werden, aus denen es kein Entrinnen gibt. Diese Ent- Schuldigung tritt an die Stelle der Entwicklung eines feministischen Selbstverständnisses. das die eigenen Maßstäbe infrage stellt und die rassistischen und sexistischen Gewalterfahrungen anderer Frauen mitdenkt.

Zentral ist und bleibt die Praxis. die wir im Umgang mit und quer zu den sozialen Differenzen entwickeln. Selbstbezichtigung ist kein Weg der Auseinandersetzung mit eigenen Machtpositionen.

Wir verwenden im Text den politischen Begriff "Schwarze Frauen" und meinen damit Frauen mit asiatischer, afrikanischer, pazifischer, arabischer usw. Herkunft bzw. Abstammung, obwohl wir darin eine Vereinfachung und Homogenisierung sehen. Es gibt von Schwarzen Frauen lange Ausführungen iu diesem Problem. und viele Migrantinnen lehnen für sich den Begriff "Schwarze Frau" ab. weil für sie damit der Kampf der Frauen vom schwarzafrikanischen Kontiiient (seit der Sklaverei) verschwindet und die Tatsache übergangen wird, daß es Unterschiede in der Konfrontation mit Rassismus gibt. Frauen nennen sich heute "women of colour" oder "Frauen aus ..." (entsprechendes Herkunftsland) oder Afro (entsprechendes Land, WO sie leben). Trotzdem benutzen wir noch den Begriff "Schwarze Frauen". um damit ihre Unterdrückung durch den Imperialismus und den Rassismus des weißen Patriarchats zu benennen, von welchem wir weißen Frauen Teil sind. Und wir beziehen uns damit auf die Selbstdefinition von nicht- weißen Frauen und Männern. Schwarz nicht als Hautfarbe. sondern als politisches Befreiungsinteresse zu verstehen.

Unterschiede benennen wir dort, wo sie von Bedeutung sind und/ oder zum Selbstverständnis politischer Zusammenhänge gehören - z.B. FrauenLesben.

Den Begriff FrauenLesben finden wir - wie viele andere - nicht zufriedenstellend: es kann der Eindruck entstehen, als seien Lesben keine Frauen, ausgeklammert aus der sozialen Bedingung des Frauseins: die Differenz zwischen heterosexuellen Frauen und Lesben wird in diesem Begriff nicht auf gleicher Ebene sichtbar... "Heterosex und lesbische Frauen" jedoch betont zu sehr die unterschiedliche sexuelle Orientierung. wo doch viel mehr an sozialen und ldentitätsunterschieden daran hängt. "Lesben und andere Frauen" entspricht wiederum überhaupt nicht den gescllschaftl. (Macht- )Verhältnissen.

Die mangelnde sprachliche Alternative kann aber nicht zur Konsequenz haben, Lesben gar nicht zu erwähnen. Das würde die Bedeutung verschweigen, die lesbische Existenz und Identität für Unsere Zusammenhänge hatte und hat, und würde erkämpfte Positionen aufgeben. So benutzen wir an den entsprechenden Stellen den sich mittlerweile in der FrauenLesbenszene durchgesetzten Begriff FrauenLesben trotz der oben benannten Probleme.

"Wir/ Uns" steht für größere FrauenLesbenzusammenhänge. wenn aus dem Text nicht klar hervorgeht, ob mit "wir" unsere Gruppe oder der größere Zusammenhang gemeint ist. Ansonsten benutzen wir für beides das kleine "wir", weil die Bedeutung meist aus dem Kontext hervorgeht.

MAIL
http://www.freilassung.de/div/texte/rz/milis/sprache.htm